c't 13/2019
S. 98
Test
Saugroboter
Aufmacherbild

Fleißiger China-Mopp

Saugroboter mit Wischfunktion und Laser-Navigation: Roborock S6

Saugen, wischen, eine gute Orientierung – der erste Saugroboter der Xiaomi-Tochter Roborock beeindruckte zum Schnäppchenpreis. Wir haben getestet, ob der Nachfolger das Zeug zum besten Saugroboter hat.

Für seinen S6 hat Roborock ordentlich die Werbetrommel gerührt: schneller, leiser, gründlicher. Die größte Neuerung ist aber, dass der Saugroboter nun offiziell in Europa angeboten wird – inklusive Garantie und CE-Kennzeichen. Der wochenlang dauernde Grauimport aus China, den man beim S5 noch in Kauf nehmen musste, entfällt beim S6 – und damit auch die Gefahr, dass man mögliche Garantiefälle nicht durchsetzen kann oder das Gerät vom Zoll einkassiert wird. Die unschöne Kehrseite ist der Preis von 550 Euro. Zum Vergleich: Den S5 bekommt man je nach Angebot schon für 300 Euro.

Was sofort auffällt: Der neue Roborock ist deutlich leiser. Aus einer Entfernung von rund einem halben Meter haben wir auf Laminat bei mittlerer Saugleistung einen Schallpegel von 58 db(A) gemessen. Beim S5 waren es noch 64 db(A). Hinzu kommt, dass der Motor nicht hysterisch kreischt oder heult, sondern tieftönig rauscht. Der S6 ist damit einer der am wenigsten nervenden Saugroboter, den wir bislang in der Redaktion hatten.

Die Saugleistung bleibt mit 2000 Pa genau wie die Akkukapazität von 5200 mAh so hoch wie beim Vorgänger. Trotzdem soll der S6 schneller und gründlicher reinigen. Ersteres konnten wir im Test nicht bestätigen: Der S6 schafft etwa einen Quadratmeter pro Minute. Je nach Grundriss des Raumes und der Anzahl der zu umfahrenden Hindernisse ist er mal etwas schneller, mal etwas langsamer.

Die Reinigungsleistung lag auf Hartböden auf dem gleichen guten Niveau wie beim Vorgänger. Auf Teppichen profitiert der S6 davon, dass die neue Hauptbürste mehr und dichtere Borsten hat. Sie passt übrigens mechanisch problemlos ins ältere Modell, weshalb Besitzer des S5 ihren Bot einfach mit einer für wenige Euro erhältlichen neuen „Ersatzbürste“ pimpen können.

Gleiches klappt übrigens auch mit dem passiven Wassertank, den man zum Wischen an der hinteren Unterseite des S6 anbringt. Aus ihm tröpfelt kontinuierlich Wasser auf das mit Klettband daran befestigte Wischtuch. Der neue Tank hat nun einen Schieber mit zwei Stufen, der die durchlaufende Wassermenge regelt. Auf der kleinen Stufe gelangt so wenig Wasser aufs Tuch, dass nur nebelfeucht gereinigt wird – ein häufiger Kritikpunkt am vorherigen Modell. Auf Stufe zwei wischt der S6 sichtbar nasser. Wer sich das auch beim Vorgänger wünscht, bekommt den mechanisch ebenfalls an den S5 passenden neuen Tank als Ersatzteil.

Trotzdem sollte man vom neuen Tank keine Wunder erwarten: Die Wassermenge reicht zwar für rund 60 Quadratmeter, aber das Wischtuch ist mit einer Fläche eines DIN-A5-Blatt für solche Flächen einfach zu klein. Auch fehlt dem Bot eine Sprühvorrichtung und der nötige Anpressdruck, sodass er eingetrocknete Flecken meist nicht vollständig entfernt. Die eigentliche Aufgabe, den verbleibenden Feinstaub vom Boden aufzunehmen, erledigt das Wischtuch aber ordentlich.

Gezielt gesaugt

Der Roborock S6 erreicht mit einer Hauptbürste und einer Seitenbürste eine gute Reinigungsleistung.

Der Roborock S6 navigiert selbstständig durch die Wohnung und reinigt alle Räume der Reihe nach. Dafür nutzt er einen Laser-Distanz-Sensor (Lidar, light detection and ranging), der sich durch eine hohe Genauigkeit auszeichnet – und anders als Kameras auch bei Dunkelheit arbeitet. Wie bei allen Saugbots sitzt die Lidar-Einheit in einer kleinen Erhebung auf der Oberseite des Bots.

In unserem Praxistest musste der S6 einige Hürden meistern: dunkle Möbel, ein schmaler Gang zwischen Bett und Wand, in den Boden eingelassene Türstopper, ein tief hängendes WC und ein trapezartiger Grundriss der Wohnung mit wenig rechten Winkeln – alles Dinge, an denen Saugbots häufig scheitern.

Davon ließ sich der S6 kaum aus der Ruhe bringen. Sein Saugschema gleicht dem anderer Bots: Zunächst reinigt er mithilfe seiner Seitenbürste die Ränder jedes Raumes und anschließend in parallelen Bahnen den Rest der Räume. Anders als der Vorgänger richtet er die Richtung seiner Bahnen automatisch am jeweiligen Raum aus. Der S6 fuhr in Bahnen, die parallel zur längsten Wand des Raumes verliefen. So zog er wenige lange Bahnen, statt bei kurzen Bahnen für die gleiche Fläche rund 20-mal wenden zu müssen.

Neben Lidar hat der S6 Infrarotsensoren an der rechten Seite zum Entlangfahren an Wänden und eine bewegliche Stoßstange, die ihn bei Berührungen mit Hindernissen sofort stoppen lässt. Aber meist kommt es erst gar nicht dazu, denn die Näherungssensoren in Fahrtrichtung lassen ihn schon vor Hindernissen abbremsen. Sensoren unter der Front verhindern zuverlässig, dass er Kanten oder Treppen hinunterfällt.

Beim S6 lassen sich die Saugwege live verfolgen.

Während der ersten Reinigung zeichnet der S6 einen Grundriss der Wohnung beziehungsweise der Etage auf. Neu dabei: Er erkennt (ziemlich zuverlässig) einzelne Räume, die sich in der App benennen lassen. Falls nötig, kann man dort auch die Raumgrenzen korrigieren und Räume teilen oder zusammenführen. Reinigungen lassen sich dann auf Wunsch auf einzelne Räume beschränken; selbst verschiedene Timer zum automatisierten Saugen bestimmter Zimmer lassen sich festlegen. Hier bietet der S6 einen Mehrwert gegenüber seinem Vorgänger. Ursprünglich hatte der Hersteller in sozialen Netzwerken die Info verbreitet, dass das Feature beim S5 per Firmware-Update nachgerüstet wird, ruderte zwischenzeitlich aber wieder zurück.

Nach Erstellen des Grundrisses fuhr der S6 sehr gezielt durch die einzelnen Räume. Sobald er auf Hindernisse traf, bremste er ab und umkreiste etwa Stuhlbeine und schwenkte danach wieder auf den ursprünglichen Kurs ein. An großen Barrieren wie Sofas machte er zunächst kehrt und reinigte den dahinter liegenden Bereich später. Insgesamt gelang ihm eine sehr gute Raumabdeckung, die sich auf dem Niveau des Vorgängers bewegt und die meisten Konkurrenten übertrifft. Im direkten Vergleich zum S5 fällt auf, dass er beim Umkreisen von Hindernissen und Ecken nicht so scharf einlenkt, sodass er sie dabei seltener berührt. Er zählt damit zu den besonders möbelfreundlichen Saugbots.

Beim S6 lassen sich einzelne Räume gezielt anfahren.

Neu hinzugekommen ist die Speicherung mehrerer Karten. So verrichtet der S6 auch auf mehreren Etagen seinen Dienst, ohne jedes Mal den erlernten Grundriss zu überschreiben. Diese Funktion hat Roborock aber nicht gerade intuitiv umgesetzt: Wer den S6 in ein anderes Stockwerk trägt, muss in der App manuell die passende Karte wiederherstellen und bei Bedarf bereits eingerichtete virtuelle No-Go-Areas neu anlegen. Einige Saugbots anderer Hersteller sind da cleverer und erkennen die jeweilige Etage automatisch.

Apropos App: Die gesamte Steuerung der Timer, Zonen oder Gebläseeinstellungen und die Speicherung der Grundrisse erfolgt in der Mi-App des Mutterkonzerns Xiaomi. Wer diese aus Datenschutzgründen nicht nutzen will, muss auf praktisch alle smarten Funktionen verzichten: Am Sauger selbst finden sich nur Köpfe für Start, zurück zur Basis und für die Spot-Reinigung.

Fazit

Der Roborock S6 zeichnet sich durch eine gute Reinigungsleistung und eine sehr gute Navigation bei angenehm geringem Lärmpegel aus. Die smarten Funktionen entsprechen mit Ausnahme der etwas komplizierten Kartenverwaltung denen anderer Saugroboter. Von ihnen setzt er sich mit einem Preis von 550 zwar nicht mehr ganz so deutlich ab wie die vorherigen Modelle von Roborock, er erreicht aber immer noch ein gutes Preis/Leistungsverhältnis.

Wer kein Problem in der Zwangsehe mit der Xiaomi-Smarthome-App sieht, dürfte wenig Argumente gegen den S6 finden: Die meisten Bots anderer Hersteller in dieser Preisklasse können mit dem S6 nicht komplett mithalten. Hat man daheim aber den Vorgänger am Werkeln, lohnt sich kein Neukauf, da der Neue abgesehen von der geringeren Lautstärke und der Raumeinteilung zu wenig Verbesserungen bietet – zumal sich der überarbeitete Wischbehälter und die dichtere Hauptbürste für wenig Geld auch beim S5 nachrüsten lassen. (spo@ct.de)

Tabelle
Tabelle: Saugroboter