c't 12/2019
S. 182
Know-how
Videoüberwachung
Aufmacherbild

Fluch und Segen

Intelligente Überwachungskameras und ihre Tücken

KI-Videoüberwachungssysteme erkennen Gesichter und Auto-Kennzeichen, analysieren das Verhalten von Personen und schlagen bei Verbrechen Alarm. Doch sie sind längst nicht perfekt und schaffen neue Probleme.

Wird man heutzutage Opfer eines Überfalls, kommt nur selten schnelle Hilfe – selbst, wenn die Szene von einer Überwachungskamera gefilmt wurde. Denn die Aufnahmen der meisten dieser Kameras landen bislang unbesehen auf Speichermedien. Von diesen kann sie die Polizei dann allenfalls Stunden oder Tage danach zur Aufklärung des Tatgeschehens manuell heraussuchen und sichten.

Die zusätzliche Live-Wiedergabe der Videobilder auf einer Wand mit Monitoren, wie man sie etwa aus dem Büro von Parkhaus-Wächtern kennt, ändert hieran wenig. Denn sie bringt das menschliche Wahrnehmungsvermögen schnell an die Grenzen seiner Leistungsfähigkeit. Eine zuverlässige Rund-um-die-Uhr-Überwachung mit der Möglichkeit eines direkten Eingreifens erschien bislang in den meisten Fällen schon aus Kostengründen vollkommen unrealistisch.

Die dramatischen Fortschritte im Bereich der automatischen Bildverarbeitung haben dazu geführt, dass der „Flaschenhals Mensch“ bei der Live-Videoüberwachung mittlerweile entfällt. Stattdessen übernehmen Computersysteme die Auswertung der Videodatenströme in Echtzeit. Dadurch wird es möglich, Überwachungssysteme zu überschaubaren Kosten in bisher unvorstellbarer Weise zu skalieren. Anders als Menschen sind Computer in der Lage, Videobilder rund um die Uhr mit konstanter Zuverlässigkeit auszuwerten. Und vor allem: Die Qualität der Auswertung hängt nicht davon ab, wie viele Kameras gleichzeitig in Betrieb sind.