c't 1/2019
S. 58
News
Prozessoren

Bit-Rauschen

Intel-Pläne, RISC-V-Neuheiten, ARM-Notebooks und starke Grafik

Nachdem Intel erst gegen die Multi-Chip-Module von AMD stänkerte, macht man es nun selbst. Qualcomm lässt derweil bei Notebooks nicht locker, Nvidia bringt eine 2700-Euro-GPU und das RISC-V-Lager wächst.

Foveros heißt Intels jüngstes Fantasiewort und bezeichnet die hauseigene Chiplet-Technik: Genau wie AMD kombiniert Intel ab 2019 mehrere Dies aus unterschiedlichen Fertigungsverfahren im selben Prozessorgehäuse. Ende 2019 soll die 10-Nanometer-Fertigung dann auch Chips in großen Stückzahlen ausspucken, darunter welche mit der neuen Mikroarchitektur Sunny Cove (siehe S. 28). Die treten dann mit angeblich gesteigerter Singlethreading-Performance und verbesserter Gen11-GPU gegen Ryzen 3000 & Co an.

Bis es soweit ist, könnte Intel die Lieferengpässe wegen fehlender 10-nm-Kapazitäten mit ein paar Tricks mildern. Der neue Chipsatz B365 soll anders als der B360 nicht 14-nm-Anlagen entstammen, sondern älteren 22-nm-Linien. Das macht 14-nm-Kapazitäten frei, die Intel auch besser ausnutzen will: „KF“-Prozessorversionen wie dem Core i9-9900KF fehlt angeblich die GPU, um Wafer-Fläche zu sparen. K-CPUs stecken ohnehin meistens in Gaming-PCs mit starker Grafikkarte.

Endlich verrät Intel auch wieder etwas über kommende Atoms und Atom-Celerons: Auf die Mikroarchitektur Goldmont+ sollen 2019 Tremont und 2021 dann Gracemont folgen. Zu den Zielen gehört auch hier höhere Singlethreading-Performance. Und dank Foveros könnte Intel auch ein LTE- oder auch 5G-Modem „einbauen“, um den Schutzwall gegen ARM-Angriffe auf Windows-10-Notebooks zu erhöhen.

ARM empfiehlt dafür den Cortex-A76, der in Huaweis Kirin 980 für Smartphones debütierte. Qualcomm bringt den A76 dann Ende 2019 als Kryo 495 mit rund 3 GHz in den 7-nm-Chip Snapdragon 8cx für Windows-10-Hybriden und vielleicht auch Chromebooks. Qualcomm präsentierte den Snapdragon 8cx zusammen mit dem 855 bei einem aufwendigen Event für Journalisten und Analysten in Hawaii. Intel gab sich bescheidener und lud zum Architecture Day ins ehemalige Anwesen des Firmen-Mitgründers Robert Noyce ein. Es steht für 22 Millionen US-Dollar zum Verkauf, inklusive kleinem See und Weinberg am Golfclub – vielleicht hat ja AMD-CEO Lisa Su Interesse?

RISC-V mit freier GPU

Ebenfalls im Silicon Valley traf sich Anfang Dezember die RISC-V-Szene. WD kündigte den 32-Bit-Kern SweRV als Basis kommender SSD-Controller an. SweRV ist Open Source und soll bald bei GitHub bereitstehen. Auch Fadu aus Taiwan entwickelt einen RISC-V-SSD-Controller, den Annapurna mit PCIe 4.0; er kommt 2020. Microsemi plant ein PolarFire-FPGA mit zwei oder vier eingebauten 64-Bit-RISC-V-Kernen von SiFive (U54), vor allem für Echtzeit-Anwendungen unter Linux. Und den dank Out-of-Order-Technik bisher stärksten RISC-V-Kern Boom kann man bereits auf FPGAs testen, etwa in Cloud-Instanzen von Amazon.

Viel billiger und sparsamer soll der Chip mit dem sperrigen Namen Libre RISC-V M-Class werden, der außer zwei 64-Bit-RISC-V-Kernen einen komplett freien Grafikprozessor enthält. Mit seinem Preis von 4 US-Dollar und 2,5 Watt Leistungsbedarf passt er in Smartphones, Tablets und Embedded Systems: Raspberry Pi 4, ick hör dir trapsen!

Entwickler Luke Kenneth Casson Leighton, der auch hinter dem ARM-Kärtchen EOMA68 steckt, rechnet freilich damit, dass die Entwicklung mehrere Jahre und mindestens 6 Millionen US-Dollar verschlingen wird. Basis für die GPU ist das Projekt Kazan, eine in Rust programmierte Implementierung des 3D-API Vulkan. Leighton erwähnt auch den Renderer ChiselGPU, der in der offenen Hardware-Beschreibungssprache Chisel geschrieben ist und auf einem FPGA laufen könnte.

Teure Grafikkarte

Nvidia Titan RTX alias T-Rex: 16-TFlops-Rechenbeschleuniger für 2700 Euro. Bild: Nvidia

Alles andere als Open Source sind Nvidias schnelle Grafikchips und ein besonders kräftiger sitzt auf der Nvidia Titan RTX mit 24 GByte GDDR6-RAM: Sie liefert 16,3 TFlops Rechenleistung bei einfacher Genauigkeit, etwa das 14-fache des 18-Kerners Intel Core i9-9980XE (siehe S. 84). Bei doppelter (FP64-)Genauigkeit liegt allerdings wiederum letzterer vorne und schafft 1200 statt nur 510 GFlops. Nvidias 2700 Euro teures Dickschiff zielt nicht auf Spieler, sondern auf CUDA-Entwickler, die nicht noch viel mehr Geld für Quadros oder Teslas ausgeben wollen – eine Tesla V100 mit 32 GByte HBM2 kostet nämlich locker 18.000 Euro, schafft aber auch 7 TFlops bei FP64. Dank der enormen Performance hat Nvidia kaum Konkurrenz und langt bei den Preisen ordentlich zu, wie einige Wissenschaftler beklagen. Auf dem Papier hat AMD attraktive Alternativen, doch hier mangelt es wohl immer noch an der Software-Infrastruktur. Nividia pflegt CUDA nun schon seit mehr als 11 Jahren, auf der aktuellen Top500-Liste steht es in puncto Rechenbeschleuniger 128:0 für Nvidia versus AMD. Mal sehen, was Intels GPU „Xe“ dann ab 2020 so reißt. (ciw@ct.de)