c't 9/2018
S. 152
Recht
Geplante Obsoleszenz
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Kurzlebige Technikfreuden

Obsoleszenz aus rechtlicher Sicht

„Früher hielten Geräte einfach länger – und wenn sie kaputt gingen, konnte man sie reparieren.“ Ist das nur ein Stoßseufzer derjenigen, die vergoldendes Licht auf die scheinbar so gute alte Zeit werfen? Oder bauen Hersteller heute absichtlich reparaturfeindliche Geräte mit Solldefektpunkten, damit Käufer die Produkte nach Ablauf von Garantie- und Gewährleistungsfrist möglichst schnell wegwerfen müssen? Und was sagt das deutsche Recht dazu?

Kondensatoren sind die Klassiker: Ihre Spezifizikation weist eine Maximalspannung aus. Werden sie hoch belastet, beschleunigt das ihre Alterung. Im schlimmsten Fall platzen Elektrolytkondensatoren bei Überbelastung auf und explodieren regelrecht [1]. Wenn ein Gerätehersteller etwas Langlebiges abliefern will, wählt er diese Bauteile so, dass sie deutlich mehr Spannung vertragen, als in der Praxis anliegen wird. Wer möglichst billig baut, verwendet stattdessen solche Komponenten, deren Spezifikation nur knapp oberhalb der tatsächlich auftretenden Spannungen liegt. Wenn diese Kondensatoren dann altern, kommt es irgendwann mit hoher Wahrscheinlichkeit zur Überbelastung.

Ein im Laufe der Zeit immer schwergängigeres Notebook-Scharnier reißt beim Aufklappen seine allzu dünne Befestigung aus dem spröder gewordenen Kunststoffgehäuse des Rechners heraus. Eine Reparatur ist nahezu unmöglich.

Wer einen altgedienten Rundfunk- und Fernsehtechniker oder auch nur einen passionierten Elektronikbastler kennt, der erfährt, dass die beschriebene Billigpraxis bei modernen Geräten gang und gäbe ist. Netzteile, die mit schwach dimensionierten Elkos ausgerüstet sind, gelten als regelrechte Zeitbömbchen. Zahlreiche weitere Beispiele lassen den Verdacht aufkommen, ganze Gerätegenerationen seien von vornherein auf eine allzu kurze Lebensdauer ausgelegt: Viele Navigations-PDAs, die noch klaglos funktionieren, kann man praktisch wegwerfen, weil keine aktualisierten Kartendateien mehr dafür erhältlich sind. Dasselbe gilt für wenige Jahre alte Smartphones, deren Hersteller keine Sicherheitsupdates mehr fürs Betriebssystem bereitstellen.

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