c't 9/2018
S. 184
Web-Tipps
Neuronale Netze, Kunststoffmuseum, Sprachausgabe, Wahlomat

So sehen neuronale Netze

https://distill.pub/2018/building-blocks

Neuronale Netze leisten erstaunliche Dinge in der Mustererkennung, beispielsweise in der Fotoanalyse. Aber ihre Entscheidungen sind schwerlich nachzuvollziehen und ihre Treffsicherheit im Praxiseinsatz kaum einzuschätzen. The Building Blocks of Interpretability demonstriert mithilfe der Bilderklassifikation GoogLeNet beispielhaft, welche Bildinhalte für die einzelne Erkennung ausschlaggebend sind, also mit unterschiedlichen Abstraktionen menschlicher Interpretation korrelieren.

Im Abgleich mit einem „semantischen Wörterbuch“ wird beobachtet, welche Pixelgruppen für das trainierte Netz mit abstrakten Bedeutungsklassen in Beziehung stehen; Bildpixel, die zu einem semantischen Begriff starke Neuronenaktivierungen auslösen, werden besonders hervorgehoben. Woran werden letztlich Fell, eine Hundeschnauze und Schlappohren erkannt? Mehr und mehr wird der Output eines neuronalen Netzes mit Bedeutungen menschlicher Anschauung in Verbindung gebracht, Übereinstimmungsstärken werden zu Trefferquoten gebündelt. Stück für Stück klärt sich, was ein neuronales Netz eigentlich sieht. (agr@ct.de)

Schätze aus Kunststoff

http://www.deutsches-kunststoff-museum.de/virtuelles-museum

Die virtuelle Schau des Deutschen Kunststoff-Museums umfasst derzeit sage und schreibe 7448 Exponate, zu durchsuchen nach Verwendungsbereich, Material und Entstehungszeit. Das älteste ist ein Schellack-Handspiegel aus der Zeit um 1855. Ausstellungsstücke aus vielen Jahrzehnten mit streckenweise sehr zeittypischem Design entführen in die Vergangenheit, von der „Wum“-Staubfängerfigur bis zum Post-Wählscheibentelefon. Zudem erhält man Informationen über unterschiedliche Grundlagen der Kunststoffherstellung.

Es muss nicht immer Erdöl sein – wer weiß schon, dass bereits aus dem 16. Jahrhundert ein Rezept für Kaseinkunststoff aus Magerkäse überliefert ist, das sogenannte „Kunsthorn“? Und ab den 1940er-Jahren wurden elektrische Schalter aus Phenoplast gefertigt, beispielsweise aus dem bekannten Bakelit; Ausgangsmaterial war Phenol, damals ein Abfallprodukt der Steinkohlendestillation. (psz@ct.de)

Zur Sprache gebracht

lingojam.com/StephenHawkingVoiceGenerator

Wer einmal eine ungewöhnliche Sprachausgabe gestalten möchte und sich zudem nur schwer damit abfinden kann, dass Stephen Hawking nicht mehr unter uns weilt, der kann den Stephen Hawking Voice Generator nutzen. Damit lassen sich beliebige Sätze im Sound des Stimmgenerators des Physik-Genies vertonen. Und wem der Sinn nach ungewöhnlichen Textausgaben steht, der findet auf dieser Homepage noch eine Reihe weiterer Online-Generatoren, die beispielsweise die Ausdrucksweise des Star-Wars-Aliens Jar Jar Binks nachempfinden oder in Minion-Sprech übersetzen. (agr@ct.de)

Zwischen den Kriegen

https://weimar.bundesarchiv.de/static/wahlkompass/index.html

Viele Menschen regt der Wahlomat vor Wahlen an, ihre persönlichen Einstellungen mit den Programmen der politischen Parteien abzugleichen. Dieses Angebot der Bundeszentrale für politische Bildung ist seit 2002 bereits über 67 Millionen Mal genutzt worden. Für einen Zeitsprung in die Anfangszeit der Weimarer Republik ist die Fragebogentechnik jetzt auf die Wahlen 1919 übertragen worden.

Sollte das Deutsche Reich in den Friedensverhandlungen nach dem Ersten Weltkrieg Entgegenkommen zeigen oder besser nicht? Sollte „Deutsch-Österreich“ Teil des deutschen Einheitsstaates werden? Braucht Deutschland eine repräsentative Demokratie, eine Räterepublik oder doch den Kaiser? Der Wahlomat für die Nationalversammlung 1919 führt jeweils kurz in die politische Situation ein und stellt die Kernfragen gemäß der damaligen Parteiprogramme, aufbereitet aus den Quellen des Bundesarchivs. So kann sich der Besucher in diese unruhige historische Phase hineinversetzen lassen. Das Wahlomat-Ergebnis nach 21 Fragen ist wie immer für so manche Überraschung gut, denn auch die Extremisten haben nie mit Völkermord und einem zweiten Weltkrieg geworben … (agr@ct.de)

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