c't 7/2018
S. 18
News
Upload-Filter

Erzwungene Selbstregulierung

EU-Kommission fordert den Einsatz von Upload-Filtern

Online-Plattformen egal welcher Größe sollen nach dem Willen der EU-Kommission illegale Inhalte rascher entfernen – oder besser gleich die Veröffentlichung verhindern. Eines der vorgeschlagenen Mittel sind die umstrittenen Upload-Filter.

Gleich vier EU-Kommissare (v. l. Andrus Ansip, Věra Jourová, Julian King und Mariya Gabriel) stellten am 1. 3. in Brüssel ihre „Empfehlung für wirksame Maßnahmen im Umgang mit illegalen Online-Inhalten“ vor. Bild: Georges Boulougouris/EC-Audiovisual Service

Anfang März hat die EU-Kommission ihre „Empfehlung für wirksame Maßnahmen im Umgang mit illegalen Online-Inhalten“ vorgestellt. Sie legt Hostern und Online-Plattformen jeder Größenordnung „operative Maßnahmen“ nahe, die möglichst sofort umgesetzt werden sollen. Es geht um die rasche Sperrung von rechtswidrigen Inhalten auf den Plattformen, bei der die Kommission bislang erhebliche Defizite sieht.

Bei terroristischen Inhalten sieht die Kommission den dringendsten Handlungsbedarf, weshalb hier die Empfehlung nochmals verschärft ist. Die Meldestellen der Plattformen sollen sich dem Europol-System anschließen und dort gemeldete Inhalte innerhalb einer Stunde sperren. Außerdem fordert die Kommission, dass Software schon die Veröffentlichung verhindert. Wörtlich heißt es: „Für die wirksame und rasche Erkennung sowie prompte Entfernung oder Sperrung terroristischer Inhalte und um zu verhindern, dass diese Inhalte nach ihrer Entfernung wieder auftauchen, sind proaktive Maßnahmen wie die automatisierte Erkennung nötig. Internetunternehmen sollten sich über geeignete technische Werkzeuge austauschen und diese optimieren sowie Arbeitsvereinbarungen für eine bessere Zusammenarbeit mit den zuständigen Behörden, einschließlich Europol, treffen.“

Worum es hier geht, nennt nennt die EU in einer FAQ zur Empfehlung an anderer Stelle explizit: „Online-Plattformen wird zudem nahegelegt, proaktiv tätig zu werden, indem sie beispielsweise mit sogenannten ‚Uploadfiltern’ die Aufdeckung illegaler Inhalte und deren Entfernung gegebenenfalls automatisieren.“ Sollten diese Upload-Filter bislang frühestens mit der EU-Urheberrechtsreform kommen, verlangt die Kommission folglich nun die sofortige Umsetzung. Damit geht sie sogar weit über die im umstrittenen deutschen Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) festgeschriebenen Maßnahmen hinaus.

„Maschinelle Zensur“

Adressat der Empfehlung zu Upload-Filtern sind nicht nur die großen Plattformen wie Facebook, YouTube oder Twitter, sondern explizit auch kleinere Plattformen, da diese laut Kommission „immer mehr zu einem weichen Ziel für illegale Online-Inhalte, vor allem für terroristische Inhalte, geworden sind.“ Die kleinen Plattformen sollen nach dem Willen der Kommission mit Facebook, Google, Twitter oder Microsoft kooperieren. Diese Konzerne betreiben bereits einen gemeinsamen Upload-Filter, der anhand von Hash-Abgleichen bei bereits als rechtswidrig identifiziertem Content ein erneutes Hochladen unterbinden kann.

In der deutschen IT-Wirtschaft sorgt die Kommissionsempfehlung für Verunsicherung. Der eco-Verband, der beispielsweise Web-Provider und Online-Plattformen vertritt, zeigte sich überrascht von der Eile, mit der diese Empfehlung veröffentlicht wurde. „Die Kommission untergräbt hier ganz eindeutig europäische Grundwerte und widerspricht bestehenden Rechtsgrundlagen“, erklärte der eco-Vorstandsvorsitzende Oliver Süme. Auch der Branchenverband Bitkom reagierte entsetzt. Hauptgeschäftsführer Dr. Bernhard Rohleder: „Was so harmlos als Upload-Filter daherkommt, ist faktisch eine massenhafte maschinelle Zensur im Internet. Alleine bei der Bewertung von Urheberrechten wären die Konsequenzen verheerend.“

Die Kommission droht damit, die Empfehlungen zu Vorschriften zu machen, falls die adressierten Unternehmen der Empfehlung nicht nachkommen. Im Grunde handelt es sich also um eine erzwungene Selbstregulierung. Man werde ab sofort „die als Reaktion auf diese Empfehlung ergriffenen Maßnahmen der Online-Plattformen genau überwachen“. Außerdem müssen die Mitgliedstaaten und Internetunternehmen „innerhalb von drei Monaten relevante Informationen zu terroristischen Inhalten und innerhalb von sechs Monaten Informationen zu sonstigen illegalen Inhalten vorlegen“. (hob@ct.de)