c't 7/2018
S. 82
Hintergrund
PC-Markt
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Bild: Jan Bintakies

Silberstreif am Horizont

Analyse PC-Markt: Chancen und Risiken

2017 war aus Hardware-Sicht ein spannendes Jahr. AMD meldete sich mit den Ryzen-Prozessoren erfolgreich zurück. Intel konterte mit Preissenkungen und mehr CPU-Kernen. In Hardware-Umfragen spielen Prozessoren mit vielen Kernen allerdings bislang keine Rolle.

Oft heißt es nach der Vorstellung aktueller Verkaufszahlen, der PC sei tot. Zwar gingen laut den Marktforschern von Gartner 2017 rund zwei Prozent weniger Rechner über die Ladentheken als im Jahr zuvor, der Rückgang ist aber weit weniger dramatisch als in den Vorjahren. Angesicht von weltweit 263 Millionen verkauften Desktop-Rechnern und Notebooks bleibt der PC-Markt weiterhin ein Multimilliardengeschäft.

Der PC ist nicht am Ende, sondern wandelt sich: Anstelle des klassischen Computers liegen unter dem Weihnachtsbaum neue, preiswertere Geräteklassen wie Smartphones und Tablets. Desktop-PC und Notebook verschwinden dadurch aber nicht. Laut Statistischem Bundesamt sind 90 Prozent der deutschen Haushalte mit mindestens einem stationären oder mobilen Rechner ausgestattet. Stattdessen kaufen PC-Anwender heutzutage qualitativ hochwertigere und besser ausgestattete Computer gezielt für bestimmte Aufgaben. In Deutschland stieg der Durchschnittspreis von Desktop-PCs und Notebooks von 2016 zu 2017 laut dem Home Electronics Markt Index (HEMIX) deshalb um 10 Prozent auf 632 beziehungweise 689 Euro an.

Der Preisanstieg ist ironischerweise zum Teil auch dem großen Erfolg der Smartphones geschuldet. Die wenigen Hersteller für DRAM- und Flash-Chips beliefern zunächst vorrangig Großabnehmer wie Apple, Huawei und Samsung, die langfristige Lieferverträge für ihre jeweils mehrere hundert Millionen im Jahr gefertigten Mobiltelefone haben. Die Nachfrage übersteigt momentan die Produktionskapazitäten, sodass für kleinere Abnehmer bis hin zum Einzelverkauf an Endkunden weniger Halbleiterchips übrig bleiben. Dadurch haben sich Arbeitsspeicher, SSDs aber auch Grafikkarten in den letzten anderthalb Jahren erheblich verteuert.

Außer der Chipknappheit und der Konkurrenz durch andere Gerätekategorien wirkt sich auch die weiter zunehmende Nutzungsdauer auf die Zahl der Neuanschaffungen aus. Während Smartphones im Schnitt schon nach zwei bis drei Jahren ersetzt werden, ist das bei Desktop-PCs und Notebooks erst nach fünf bis sieben Jahren der Fall.

Noteblet und Tabbook

Rund 60 Prozent der derzeit verkauften Rechner sind Notebooks. Das Verhältnis zwischen stationären und mobilen Geräten war in den letzten Jahren einigen Schwankungen unterworfen. Der Absatz von Desktop-PCs fluktuierte weit weniger, weil es sich dabei größtenteils um Business-Geräte handelt. Diese werden von Firmen für einen festgelegten Zeitraum von drei bis fünf Jahren gekauft oder geleast, steuerlich abgeschrieben und danach kontinuierlich ersetzt.

Verkaufszahlen

Der Notebook-Markt durchlebte in den vergangenen Jahren mehr Höhen und Tiefen, weil diese Geräteklasse deutlich vielfältiger ist. So mussten die Hersteller preiswerter Notebooks ab 2010 durch die neu hinzugekommenen Tablets kräftige Verluste hinnehmen. 2014 erreichte der Tablet-Boom sein Maximum, danach machten Smartphones mit größeren Displays (Phablets) die kleineren Tablets überflüssig.

Stattdessen konkurrieren nun vor allem höherwertige, große Tablets wie das iPad Pro oder die Surface-Geräte von Microsoft mit schlanken Ultrabooks um die Käufergunst. Die Grenzen verschwimmen dabei mehr und mehr: So eignen sich 2-in-1-Notebooks mit abnehmbarem Display und Tablets mit Anstecktastatur gleichermaßen als Schreibmaschine und praktisches Touch-Device. Die vor allem in den USA erfolgreichen Chromebooks entsprechen von der Bauform klassischen Notebooks und enthalten x86-Prozessoren, das installierte ChromeOS gehört wie Android und iOS aber zu den geschlossenen Betriebssystem-Plattformen.

Umbruch bei Gaming-PCs

AMD erregte mit Ryzen viel Aufmerksamkeit und machte verlorenen Boden gut. Im Vergleich zum Vorjahr kletterte der Marktanteil von AMD-Prozessoren bei Desktop-PCs im vierten Quartal 2017 von 9,9 Prozent auf 12 Prozent. Laut Mercury Research sank im Gegenzug der Intel-Anteil von 89,7 auf 87,8 Prozent. Die fehlenden 0,4 beziehungsweise 0,2 Prozent gehen auf das Konto des dritten verbliebenen Herstellers von x86-Prozessoren, VIA.

Betriebssysteme von Heise-online-Nutzern

Auch bei Grafikkarten lief es für AMD besser als in früheren Jahren. 2017 waren 33,7 Prozent der Karten mit einem Radeon- oder FirePro-Logo versehen. Im Vorjahr betrug der Anteil 29,5 Prozent. Zum Großteil profitierte AMD von der starken Nachfrage nach Mining-Hardware für Kryptowährungen ab dem Sommer 2017. Laut dem Marktforscher Jon Peddie wurden allein für diesen Zweck drei Millionen Grafikkarten im Wert von 776 Millionen US-Dollar verkauft. Nvidia bleibt mit nun 66,3 Prozent aber auch 2017 (2016: 70,5 Prozent) unangefochtener Marktführer, was Grafikkarten betrifft. Hier wirkt sich der hohe Anteil von GeForce-Karten in Komplettsystem und Notebooks der großen PC-Hersteller aus.

Die monatlich veröffentlichte Hardware-Umfrage der Gaming-Plattform Steam hilft Spiele-Entwicklern, die Hardware-Ausstattung einzuschätzen und ihre Titel daran anzupassen. Da hier alle aktuell für 3D-Spiele genutzten Rechner mitzählen, also auch der vor drei Jahren angeschaffte Gaming-PC, spiegeln sich langfristige Trends besser wider als in aktuellen Verkaufszahlen.

In den letzten Monaten hat sich die typische Ausstattung von Gaming-PCs stark verändert. Durch den großen Erfolg von Playerunknown’s Battlegrounds hat Steam vor allem in China mehrere Millionen neue Nutzer gewonnen. Wegen der anspruchsvollen Systemanforderungen von Battlegrounds und anderen modernen Spielen kletterte der Anteil von Gaming-PCs mit Quad-Core-Prozessor im Zeitraum zwischen September 2016 und Januar 2017 von 59 auf 75 Prozent.

Steam-Hardware-Umfrage

Dadurch konnte sich Windows 7 bei Steam-Nutzern sogar die Krone der meist genutzten Betriebssystemversion zurückerobern. Innerhalb der letzten fünf Monate schlug das Pendel vom Gleichstand zwischen Windows 7 (46 Prozent) und Windows 10 (48 Prozent) wieder in Richtung 7 (69 zu 23 Prozent) zurück. macOS und Linux spielen mit 1,3 und 0,3 Prozent Anteil bei PC-Spielern keine Rolle.

Bei den Grafikkarten bestätigt die Steam-Hardware-Umfrage die Ergebnisse der Marktforscher. Dieses Produktsegment ist eine Nvidia-Domäne: Auf den ersten 15 Plätzen liegen nur Geforce-Karten. Jeweils 12 bis 16 Prozent Anteil haben GeForce GTX 1050 Ti, GTX 750 Ti, GTX 960 und GTX 1060, wobei einige davon als Desktop- und Mobilvariante erhältlich sind.

PC-Hersteller

Über 90 Prozent der PC-Spieler nutzen bereits DirectX-12-Hardware. Allerdings sind die meisten Gaming-PCs dennoch auf DirectX 11 beschränkt, weil dem weit verbreiteten Windows 7 die DirectX-12-Schnittstelle fehlt. Lediglich ein Fünftel erfüllen bei Betriebssystem und Grafik-Hardware die Voraussetzung von DirectX 12, weshalb sich die aktuelle Version der 3D-Schnittstelle bei Spieltiteln nur langsam durchsetzt.

Einen breitere Nutzergruppe als die Steam-Hardware-Umfrage deckt der Firefox Hardware Report ab. Ausgangspunkt sind hier die Telemetriedaten der Desktop-Version des Firefox-Browsers von einer repräsentativen Zahl von Nutzern. Der Prozessormarktanteil von AMD (12 Prozent) und Intel (88 Prozent) deckt sich mit den Daten der Marktforscher von Mercury Research.

Der Anteil von Firefox-Nutzern mit Intel-Onboard-Grafik liegt mit 66 Prozent erheblich höher als bei Steam-Nutzern (6 Prozent), weil deren Performance außerhalb von Spielen für die meisten Anwendungen völlig ausreicht. Am verbreitetsten sind die drei bis fünf Jahre alten GPUs von Core-i-Prozessoren der vierten Generation mit 13 Prozent, gefolgt von den über fünf Jahre alten Core i-3000 und Core i-2000 mit 10 beziehungsweise 9 Prozent Anteil.

Firefox kommt zumeist unter Windows 7 (44 Prozent) zum Einsatz, wobei Windows 10 mit 36 Prozent aufholt. Der Linux-Anteil liegt mit 2,7 Prozent tiefer, als er tatsächlich ist, weil in die Statistik nur Firefox-Nutzer von Ubuntu und Mozilla-Binärdateien einfließen.

Ausblick

Laut den Marktforschern von Gartner und IDC bleibt die Hauptantriebsfeder beim PC-Kauf weiterhin vorrangig der regelmäßige Austausch von Businessgeräten. Bis 2022 prognostizieren sie einen stagnierenden Absatz bis hin zu leichten Rückgängen von rund 2 Prozent pro Jahr.

Wachstum sehen die Markforscher vorrangig bei hochwertigen, leichten Notebooks wie den Ultrabooks sowie am anderen Ende der Preisskala bei Chromebooks, die sich vor allem in den USA im Bildungsmarkt gut verkaufen.

AMD wird seinen Marktanteil bei Prozessoren in diesem Jahr wohl weiter auf Kosten von Intel ausbauen. Nachdem 2017 vorrangig der sogenannte Retail-Markt der Endkunden im Fokus stand, sollen 2018 verstärkt Komplettsysteme und Notebooks mit Ryzen-Kombiprozessoren in den Handel kommen und den ein oder anderen Businesskunden gewinnen. (chh@ct.de)