c't 5/2018
S. 34
News
Netze

WLAN-Fortschrittchen

Funknetze-Entwicklung zwischen Licht und Schatten

Das IEEE soll noch im Frühjahr mit dem Standard für Datentransfers über Lampen beginnen. WLAN lernt womöglich gleichzeitiges Senden und Empfangen für mehr Durchsatz. Und das US-Justizministerium hat die 11ax-Kabale im Visier.

Vollduplex-WLAN soll insbesondere bei hoher AP-Dichte und vielen Clients den Durchsatz steigern. Bild: James Gilb et al. / IEEE

Gleich drei neue WLAN-Techniken sollen nach dem Willen der IEEE-Funkgruppe 802.11 entstehen: Schon im Mai soll die Light Communication Group (LC) als Task Group 802.11 TGbb beginnen, die Datenübertragung im Lichtspektrum rund um den sichtbaren Bereich (800 bis 400 Nanometer, 375.000 bis 750.000 Gigahertz) definieren. Ziel für die auch Lifi genannte Technik sind Datenraten zwischen 10 MBit/s und 5 GBit/s brutto.

Um schnell auf den Markt zu kommen, soll sich 802.11bb möglichst nah an der Grundnorm 802.11-2016 orientieren. Dann können beispielsweise Firmen in Büros LED-Leuchten installieren, die gleichzeitig als Access Points dienen und per Power over Ethernet übers LAN-Kabel mit Energie versorgt werden.

Für die hohen Geschwindigkeiten werden Smartphones oder Notebooks Lifi-Module brauchen. Denn die aktuellen Lichtempfänger (Helligkeitssensor, Frontkamera) dürften nur sehr niedrige Datenraten hergeben. Wie man die Gegenrichtung aufsetzt, ist auch noch diffus: Manche propagieren herkömmliches WLAN für den Uplink, was eine parallele Infrastruktur erzwingt. Andere wollen auch dafür Licht nutzen.

Weiterhin beschlossen die 802.11-Teilnehmer, eine Studiengruppe für Broadcast Services einzurichten. Sie soll untersuchen, welche Erweiterungen nötig sind, um per WLAN Informationen an viele Teilnehmer gleichzeitig zu versenden. Dabei geht es beispielsweise um unterschiedliche Audiokanäle für Simultanübersetzungen oder Abfahrts- und Ankunftszeiten an Bahnhöfen. Die Gruppe wird in den kommenden Monaten abschätzen, ob das Ganze technisch machbar ist und welchen Rahmen die Arbeiten haben sollen.

Nach einer Abstimmung folgte der 802.11-Vorsitzende der Mehrheit und entschied, als dritte eine Topic Interest Group (TIG) zum Thema Full Duplex Communication einzurichten. Sie soll Verfahren untersuchen, wie WLAN auf derselben Frequenz gleichzeitig Daten senden und empfangen kann. Damit wäre das künftige WLAN die erste Funktechnik, die diesen Kniff beherrscht: LTE etwa arbeitet wechselweise auf derselben Frequenz (TDD) oder gleichzeitig in zwei verschiedenen Funkbändern (FDD).

Ein Knackpunkt sind die enormen Pegelunterschiede: Der Sender stopft mit seinem Signal den Empfänger des WLAN-Moduls zu, sodass die Gegenstelle unhörbar wird. Forscher der Stanford-Universität demonstrierten aber schon 2013, dass eine Kombination von analoger und digitaler Echokompensation das auch bei so breitbandigen Signalen wie denen aktueller WLANs vermeiden kann.

11ax unter Justizias Lupe

Zwar sieht sich die Task Group TGax beim Abarbeiten der zahlreichen Kommentare zum Entwurf der nächsten WLAN-Generation im Zeitplan. Aber der Gruppe droht Ungemach von juristischer Seite: Durch die belegten Schummeleien der 11ax dominierenden DensiFi-Interessengruppe (siehe c’t 25/2016, S. 32), geriet das Projekt in den Fokus des US-amerikanischen Justizministeriums (Department of Justice, DoJ). DensiFi, zu der Vertreter von Apple, Broadcom, Cisco, Huawei, Intel und Qualcomm zählen, hat sich am Rest der 11ax-Gruppe vorbei auf technische Einzelheiten des kommenden Standards geeinigt, um einen Vorsprung beim Markteintritt zu erlangen.

Einem Bericht der Medienorganisation MLex zufolge hat das DoJ die DensiFi-Führungsriege aufgefordert, keine DensiFi betreffenden Dokumente und E-Mails zu löschen. Noch ist nicht abzusehen, welchen Umfang die DoJ-Untersuchung haben wird. Sollte das DoJ Verfehlungen feststellen, können Geldstrafen und verschärfte Arbeitsanordnungen an die IEEE folgen.

Insider gehen davon aus, dass das 802.11ax-Zertifizierungsprogramm der Wi-Fi Alliance (WFA) nicht beeinflusst wird. Hier haben die DensiFi-Mitglieder jedenfalls Nägel mit Köpfen gemacht. Prä-11ax-Produkte werden noch in diesem Jahr auf den Markt kommen.

Last-Mile-WLAN

Beim Standard für die nächste WLAN-Generation im 60-GHz-Band läuft auch nicht alles rund: Der Gruppe TGay wird inzwischen offen nachgesagt, dass sie ebenfalls von einer Industrievereinigung dominiert wird. Der erste Entwurf für 802.11ay ist knapp an der 75-Prozent-Hürde gescheitert. In den nächsten Monaten müssen 1300 Kommentare abgearbeitet werden.

Aufgefallen ist, dass sich Facebook-Mitarbeiter immer mehr in TGay einbringen. Offensichtlich sieht das Unternehmen gute Chancen, sein Projekt Terragraph mit 802.11ay-Chips umzusetzen. Terragraph soll in dicht besiedelten Gegenden die letzten paar hundert Meter zwischen dem Ende der Glasfaser und der Wohnung überbrücken (ct.de/yszk). Verteilerknoten etwa auf Lampenmasten bilden untereinander ein Mesh-Netz und versorgen Kunden mit Internet. (ea@ct.de)