c't 5/2018
S. 36
News
Nissan Leaf
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Massen-Stromer

Die neue Generation des Nissan Leaf

Mit der Neuauflage des Leaf will Nissan die Mittelklasse elektrifizieren und den Schnellladestandard Chademo pushen.

Mehr als 300.000 Exemplare konnte Nissan von seinem vollelektrischen Leaf bisher verkaufen, Ende des vergangenen Jahres erschien dann die überarbeitete Version. Höhere Reichweite, mehr PS und ein gefälliges Design sollen noch mehr Käufer locken. Bisher scheint die Rechnung aufzugehen: Für den deutschsprachigen Raum liegen nach Angaben von Nissan vor dem Verkaufsstart im März über 13.000 Vorbestellungen vor.

Der Generationswechsel stellt sich eher als ambitioniertes Facelift dar. Augenfällig sind die Veränderungen an der Karosserie: Das gewagte Knubbelheck ist einem schnittigen Design gewichen und die viel kritisierten Froschaugen in der Motorhaube wurden durch deutlich kleinere Scheinwerfer ersetzt. Der Leaf schaut damit tatsächlich weniger gewöhnungsbedürftig aus.

Die wichtigste Veränderung unter der Haube ist das Batterie-Update auf 40 kWh und die damit einhergehende Reichweitenerhöhung. Nach dem europäischen Normfahrzyklus bringt es der Neue auf 378 km Reichweite – im Stadtverkehr kratzt er nach dem künftig verbindlichen WLTP-Fahrzyklus (Worldwide harmonized Light vehicles Test Procedure) an der 500-km-Marke.

Bei einer Testfahrt rund um den Pico del Teide auf Teneriffa bewies sich der Leaf als agiler Bergsteiger. Dabei kommt ihm die Leistungserhöhung von 100 auf 110 kW zugute. Die Höchstgeschwindigkeit hat Nissan wie beim Vormodell bei 144 km/h begrenzt.

ProPilot

Mit dem ProPilot, den es ab der neu hinzugekommenen Ausstattungsvariante N-Connecta gibt, erhält man eine radargestützte Abstandserkennung und einen Spurhalteassistenten. Bei unserer Probefahrt konnte man damit stressfrei auf der rechten Spur im Verkehrsstrom mitschwimmen. Der Nissan-Pilot arbeitet immer noch auf Automationsstufe Level 2 – man muss also nach wie vor die Hände am Lenkrad halten.

Das sogenannte e-Pedal ist schon in der Basisausstattung an Bord. Aktiviert man die Funktion, nutzt der Leaf sowohl die Bremswirkung des Elektromotors als auch die mechanischen Bremsen, sobald man vom Gas geht. Das Fahrzeug bremst dann mit konstanten 0,2 g sanft bis zum kompletten Stillstand ab. Mit etwas Übung lässt sich das Fahrzeug komplett ohne Bremspedal manövrieren. Besonders praktisch ist das e-Pedal auch beim Einparken oder Anfahren am Berg. Auch hier kann man den Leaf ohne komplizierte Handbremsmanöver bewegen.

Das Infotainment hat sich zum Vorgänger kaum verändert. Das Navi-System funktioniert eher schlecht als recht, und die Bedienoberfläche versprüht den Charme der 2000er. Dafür sind nun Android Auto und Apple CarPlay an Bord.

Eine Tasse Tee

Nissan bleibt in Sachen Schnellladung beim Chademo-Standard, japanisch für „Wie wär’s mit einer Tasse Tee“ – was andeuten soll, dass das Laden nur wenige Minuten dauert. Das machte Brice Fabry, europäischer Direktor für den Bereich E-Mobilität, auch im c’t-Gespräch deutlich: „Wir müssen auf den Chademo-Standard bestehen.“ An dieser Grundsatzentscheidung wolle man auch in den nächsten fünf Jahren nicht rütteln, so Fabry. „Mit Chademo haben wir einen funktionierenden, bidirektionalen Ladestandard im Angebot.“ Die von den europäischen Herstellern favorisierte CCS-Ladebuchsen (Combined Charging System) stecken in Sachen Bidirektionalität noch in den Kinderschuhen.

Gerade im bidirektionalen Laden sieht Nissan einen wichtigen Schlüssel zum Erfolg der E-Autos: Erst wenn sie sich im Smart-Grid als Energiespeicher einbinden lassen, ergäben sich auch für den Endkunden zusätzliche Kaufanreize. Aus diesem Grund präsentierte Nissan auch verschiedene Speicherlösungen für den Heimbedarf. Ziel ist es, dem Kunden eine komplette Lösung aus Solarmodulen, Pufferspeicher und bidirektionaler Ladestation aus einer Hand anzubieten.

In Kürze will das Unternehmen zudem eine App an den Start bringen, mit der man europaweit alle 4700 Chademo-Schnellladestationen im Zugriff hat. Rund die Hälfte dieser Stationen seien direkt in Kooperation mit Nissan entstanden – diese sollen mit Kommunikationsmodulen nachgerüstet werden, um ihren jeweiligen Status live abrufbar zu machen. Käufer eines vollelektrischen Neuwagens sollen nach dem Vorbild Tesla mit einem Jahr Gratisstrom gelockt werden. Dabei bleibt Nissan bei einem maximalen Ladestrom von 50 kW, eine Vollladung dauert damit also länger als eine Stunde. Angesichts steigender Akkukapazitäten wird es also vorerst bei der Teezeremonie bleiben. (sha@ct.de)

Nissan zahlte die Reise zur Vorstellung des Leaf 2.