c't 3/2018
S. 28
News
Virtual Reality

Virtuelle Scharfmacher

HTC Vive Pro mit höherer Auflösung und neue autarke VR-Brillen

Die nächsten VR-Brillen von HTC und Pimax locken PC-Virtunauten mit schärferen Displays. Andere Hersteller planen autonome Headsets, die ohne Rechner auskommen. Wir konnten die Prototypen bereits ausprobieren.

Dank der knackigeren Displays kann man mit der neuen HTC Vive Pro wesentlich besser Texte lesen und mehr Details erkennen.

Viele Entwickler stürzen sich unverändert begeistert auf Virtual Reality: Jede Woche erscheinen etliche neue Software-Titel. Allerdings kommen die Verkaufszahlen der Hardware nicht aus dem Quark. Allein die Konsolen-Brille Playstation VR feiert mit über zwei Millionen verkauften Geräten dezente Erfolge.

Bei PC-Headsets sind die Zahlen bislang jedoch bescheiden – und das, obwohl sie sich nicht nur für Spiele eignen, sondern auch für Schulungsanwendungen und 3D-Visualisierungen. Vor allem solche Programme visiert HTC mit seiner überraschend auf der CES vorgestellten Vive Pro an. Im Vergleich zur ersten Vive mit einer Auflösung von 1080 × 1200 Pixeln pro Auge bietet die Pro-Variante nun 1440 × 1600 Pixel. Die OLED-Bildschirme fertigt nach wie vor Samsung.

Bei einem kurzen Probelauf in Las Vegas konnten wir den Unterschied deutlich erkennen: Schrift war viel besser zu lesen, Details wirkten weniger pixelig – obwohl wir das Pixelraster bei genauem Hinschauen immer noch wahrnahmen. Neben den neuen Displays wartet die Vive Pro zudem mit eingebauten Kopfhörern auf. Bei der Ur-Vive kann man diese per Deluxe Audio Strap nachrüsten. Die Pro-Version soll noch in diesem Quartal in den Handel kommen, der Preis steht allerdings noch nicht fest.

Doch am Auflösungs-Thron wird längst gesägt: Das PC-Headset von Pimax wirbt mit einer Auflösung von sage und schreibe 8K. Allerdings täuscht die Zahl: Vor jedem Auge steckt jeweils nur ein Display mit 3840 × 2160 Pixeln. Zudem nimmt das Headset lediglich ein Videosignal mit 2560 × 1440 Pixeln entgegen und skaliert es hoch. Dennoch: Bei einem Probelauf waren wir beeindruckt vom scharfen Bild und dem breiten Sichtfeld von angeblich 200 Grad – zumindest solange wir den Kopf ruhig hielten.

Sobald jedoch Bewegung ins Spiel kam, offenbarte die Pimax-Brille ihre Schwächen: Das Headtracking hat eine deutlich spürbare Latenz. Außerdem sorgt die Breitbild-Optik für unangenehme Verzerrungen bei Kopfbewegungen. Durch die verschwommene Darstellung fühlten wir uns wie unter Wasser. Last, not least trackt Pimax die Hand-Controller deutlich schlechter als Oculus und HTC – die Controller zitterten in VR.

Ob Pimax die Probleme bis zur Markteinführung in den Griff bekommt, ist unklar. Das 8K genannte Modell soll etwas später als die Vive Pro erscheinen und ohne weitere Tracking-Hardware und Hand-Controller rund 500 US-Dollar kosten.

Autarke VR

Andere Hersteller wie Facebook und Lenovo setzen derweil auf autarke VR-Brillen, die keinen PC benötigen. So will Facebook zum Jahresende die Oculus Go auf den Markt bringen. Die Brille wird von Xiaomi gefertigt und von einem Snapdragon 821 angetrieben. Kostenpunkt: 200 US-Dollar.

Lenovos neu vorgestellte VR-Brille Mirage Solo setzt hingegen auf Googles VR-Plattform Daydream auf. Sie orientiert sich in der Umgebung per „Google Worldsense“ über eine eingebaute Kamera. Die Orientierungsmöglichkeiten sind allerdings eingeschränkt: Mirage Solo erkennt nur Springen und Ducken sowie einzelne Schritte nach vorn, hinten und zur Seite – ein echtes Room-Scale-Tracking wie bei PC-Systemen ist ebenso wenig möglich wie eine Positionsermittlung von Hand-Controllern. Gesteuert wird deshalb mit einem konventionellen Daydream-Controller.

Anders bei Pico: Das chinesische Unternehmen ermöglicht seiner autarken Neo-Brille echtes Positions- und Hand-Controller-Tracking. Bei einem kurzen Testlauf des 750 US-Dollar teuren Systems gefiel uns zwar der Bildeindruck, aber das Head-Tracking und vor allem die Ultraschall-Erfassung der beiden Controller ließen noch zu wünschen übrig. Wir halten es für unwahrscheinlich, dass Pico diese Probleme bereits bis zum geplanten Starttermin Ende Januar lösen kann. Ein weiterer Wermutstropfen: Vorerst kann man ausschließlich auf den Pico-eigenen Appstore zugreifen, der mit keinen sonderlich attraktiven Apps aufwartet; eine Schnittstelle zum Viveport-Store ist erst später geplant. (jkj@ct.de)