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FAQ
FAQ: Modulare Synthesizer

Modulare Synthesizer

Antworten auf die häufigsten Fragen

Was ist das Eurorack-Format?

¯!!! Bei modularen Synthesizern hat sich das Eurorack-Format zum Industriestandard entwickelt. Es wurde Mitte der 90er-Jahre von Dieter Doepfer für den Synthesizer A-100 entworfen. Es definiert die Maße der Gehäuse, Größen der Module, die Spannungsversorgung sowie die Übertragung von Audio- und Steuersignalen über Patch-Kabel. Das Format kann lizenzfrei von jedermann genutzt werden. Von Branchenriesen wie Roland oder Moog bis zu kleinen Bastelstuben gibt es weltweit hunderte Anbieter mit ausgefallenen Kreationen.

Eurorack-Module

¯??? Welche Form müssen Eurorack-Module haben?

¯!!! Eurorack-Module haben eine definierte Höhe von 128,5 mm an der Frontplatte. Dies entspricht drei Höheneinheiten (1HE = 1U = 44,45 mm) abzüglich einer Lücke für Profilleisten. Die Breite der Module ist variabel und wird in TE (Teileinheit) oder HP (Horizontal Pitch) angegeben: 1 TE entspricht 5,08 mm. Doepfer liefert Gehäuse und Koffer mit ein bis drei Modulreihen und einer Breite von 84 TE oder 168 TE, die sich zum Teil in ein 19-Zoll-Rack einbauen lassen. Bei der Bestückung mit Modulen muss man genau abzählen, wie viele in eine Reihe passen. Den Rest deckt man mit Leerblenden ab.

Stromversorgung

¯??? Wie schließt man Eurorack-Module elektrisch an?

Mit solchen Flachbandsteckern schließt man Eurorack-Module an die Stromversorgung an. Die rote Ader (–12 V) gehört stets nach unten.

¯!!! Eurorack-Module werden im Gehäuse über ein Flachbandkabel mit einer Steckerleiste verbunden. Kabel mit zehn Leitungen dienen allein der Spannungsversorgung mit –12 Volt und +12 Volt. Seltener sind breite Kabel mit 16 Leitungen, die zudem ein Gate- und CV-Signal sowie +5 Volt übertragen. Um eine ausreichende Stromversorgung zu gewährleisten, addiert man die benötigten Stromstärken aller Module (Angabe in mA). Die Summe muss kleiner sein als die Stromstärke, die das Netzteil maximal liefern kann.

Steuerspannung

¯??? Was macht eine Steuerspannung (Control Voltage, CV)?

¯!!! Per Steuerspannung regelt man einzelne Parameter eines modularen Synthesizers. Die Spannungen reichen im Eurorack typischerweise von –2,5 Volt bis +2,5 Volt für LFOs und von 0 bis 8 Volt für Hüllkurven (EG). Je nach Modul können diese Werte jedoch variieren. Im Unterschied zu Audiosignalen enthalten CV-Signale auch Gleichspannungsanteile (DC), weshalb sie von gewöhnlichen Audio-Interfaces weder ausgegeben noch empfangen werden. Um analoge Synthesizer per Rechner zu steuern, braucht man deshalb spezielle Interfaces.

Timing

¯??? Wozu dient ein Trigger-, Gate- und Clock-Signal?

¯!!! Ein Trigger besteht aus einem kurzen rechteckigen Spannungsimpuls von 5 bis 12 Volt. Mit Triggern lassen sich etwa Hüllkurven starten oder LFOs zurücksetzen. Ein Clock-Signal besteht aus periodischen Triggern zur Temposynchronisation von Sequenzern. Ein Gate-Signal ist länger als ein Trigger und wird etwa beim Drücken einer Keyboard-Taste erzeugt. Bei Spannungen unter 1 Volt gilt das Gate als geschlossen, ab 3 Volt meist als offen. Am Gate-Ausgang eines Keyboards wird immer der gleiche Impuls ausgegeben – unabhängig davon, wie stark man eine Taste anschlägt. Ein Gate enthält also keine Informationen zur Anschlagstärke (Velocity). Diese muss separat per Steuerspannung übermittelt werden.

CV-Verteiler

¯??? Was muss man bei der Signalübertragung per Patch-Kabel und über Verteiler (Mults) beachten?

Spezielle Patch-Kabel von Tiptop Audio lassen sich ineinanderstecken. Mit dem blauen Black Market Modular Monomult lassen sich CV-Signale günstig ungepuffert verteilen.

¯!!! Patch-Kabel dienen der Übertragung von Audio-, Steuer- und Trigger-Signalen. Jedes Ende hat eine Mono-Klinke (3,5 mm). Steuersignale lassen sich über einen Verteiler (Mult) von einem Sender an mehrere Empfänger schicken. Bei passiven ungepufferten Mults sackt dabei die Spannung ab. Sollen mehrere VCOs mit einer Steuerspannung kontrolliert werden, empfiehlt sich der Einsatz gepufferter aktiver Mults, die den Spannungsabfall und damit eine Tonabsenkung verhindern. Mit einem Abschwächer (Attenuator) lässt sich eine Steuerspannung gezielt reduzieren.

Dritte Hand

¯??? Was macht ein LFO?

¯!!! Ein Low Frequency Oscillator (LFO) erzeugt eine periodische Steuerspannung, die von extrem langsamen Schwingungen bis weit in den Hörbereich reicht – Übergänge zum VCO sind hier fließend. Auch die Wellenformen sind gleich: Man findet Sinus, Dreieck, Sägezahn, Rechteck und so weiter. Die Frequenz eines LFOs lässt sich per Steuerspannung kontrollieren. Wenn man die Tonhöhe eines VCOs durch einen LFO variiert, spricht man von einer Frequenzmodulation (FM). Schließt man den LFO hingegen an der Lautstärkeregelung eines VCAs an, erhält man ein Tremolo oder eine Amplitudenmodulation (AM).

Tonerzeugung

¯??? Wozu dient ein analoger Oszillator?

¯!!! Ein oder mehrere Oszillatoren, auch Voltage Controlled Oszillator (VCO) genannt, erzeugen den Grundton des Synthesizers, der anschließend mit Filtern und Hüllkurven verfremdet wird. Er schwingt periodisch im hörbaren Bereich zwischen 20 Hz und 20 kHz. Bei den Schwingungsformen findet man häufig Sinus, Dreieck, Sägezahn, Rechteck, Puls und so weiter. Sie unterscheiden sich in der Zusammensetzung der Obertöne.

Die grundsätzliche Tonhöhe wird zunächst über einen Tune-Regler justiert. Von diesem Grundton aus lässt sich die Tonhöhe (Pitch) per Steuerspannung kontrollieren. Diese wird etwa von einem Keyboard ausgegeben, wenn man eine Taste drückt. Im Eurorack ist eine exponentielle Änderung von 1 Volt/Oktave gebräuchlich. Wenn man die Spannung um 1 Volt erhöht, verdoppelt sich die Frequenz.

Bei Rechteck- und Pulsformen lassen sich oft die Pulsbreite (Puls Width Modulation, PWM) verändern. Eine Sonderform des Oszillators ist das Rauschen, das keine tonalen Informationen enthält und häufig perkussiven Klängen beigemischt wird.

Das Filter

¯??? Was macht ein Filter?

¯!!! Ein Filter (Voltage Controlled Filter, VCF) schwächt bestimmte Anteile im Frequenzspektrum eines Klangs ab oder verstärkt sie. Am gebräuchlichsten sind Tiefpassfilter (Low Pass Filter, LPF), die Bereiche oberhalb einer Grenzfrequenz reduzieren, sowie Hochpassfilter (High Pass Filter, HPF), die Bereiche unterhalb einer Grenzfrequenz verringern. Daneben gibt es noch Bandpass- und Notch-Filter. Wie rabiat das (!) Filter zur Sache geht, wird in dB/Oktave angegeben. Bei Synthesizern sind meist 12 dB/Oktave (2-pole) oder 24 dB/Oktave (4-pole) gebräuchlich. Die Grenzfrequenz lässt sich per Steuerspannung verändern – etwa über einen LFO oder eine Hüllkurve. Durch eine Rückkopplung des Filtersignals wird eine Resonanz erzeugt, die den Bereich um die Grenzfrequenz betont. Bei manchen Filtern lässt sie sich so sehr verstärken, dass das Filter selbst oszilliert und einen Sinuston ausgibt.

Die Hüllkurve

¯??? Wie setzt man einen Hüllkurvengenerator ein?

Während die Parameter für Attack, Decay und Release sich auf Anstiegs- und Abfallzeiten einer Hüllkurve beziehen, legt der Sustain-Wert den Pegel einer gehaltenen Note fest.

¯!!! Der Hüllkurvengenerator (Envelope Generator, EG) erzeugt eine Steuerspannung, die einen zeitlichen Verlauf reguliert, etwa den Frequenzverlauf eines VCO, den Lautstärkeverlauf des VCA oder die Grenzfrequenz eines VCF. Angestoßen wird er von einem Trigger oder Gate-Signal. Der zeitliche Ablauf der Hüllkurve beim Anschlagen einer Note lässt sich meist in vier Bereiche „ADSR“ aufteilen: Attack (Anschlagzeit, bis das Maximum erreicht wird), Decay (Abfallzeit, in der das Signal vom Maximum auf den Sustain-Pegel zurückfällt), Sustain (Pegel, auf dem die Note weiterklingt, solange sie gehalten wird), Release (Abfallzeit, vom Loslassen der Note bis zu ihrem Verstummen). Einfache Hüllkurven für perkussive Töne haben manchmal nur Parameter für Attack und Decay. Manche Hüllkurvengeneratoren lassen sich per Cycle-Knopf in einen Oszillator oder LFO verwandeln.

Signalverstärkung

¯??? Wozu dient ein Verstärker?

¯!!! Der spannungsgesteuerte Verstärker (Voltage Controlled Amplifier, VCA) kann sowohl Ton- als auch Steuersignale verstärken. Für Audiosignale nimmt man meist eine exponentielle Verstärkung, für Steuersignale eine lineare. Audio-Signale schwanken für gewöhnlich zwischen –5 und +5 Volt und sind damit deutlich höher als Line-Pegel. Für den Anschluss von Kopfhörern oder Audio-Interfaces muss man sie deshalb angleichen.

Der Sequenzer

¯??? Was macht ein Sequenzer?

¯!!! Ein Sequenzer gibt eine programmierte Abfolge von Steuerspannungen aus. Gebräuchlich sind Sequenzer mit 8, 16, 32 oder 64 Schritten. Mit jedem Schritt erzeugt der Sequenzer ein Gate-Signal sowie ein oder mehrere Steuerspannungen, mit der sich etwa die Tonhöhe (Pitch) oder Anschlagstärke (Velocity) kontrollieren lässt. Zur Synchronisation kann ein Sequenzer Clock-Signale übertragen und empfangen. (hag@ct.de)