c't 20/2018
S. 16
News
8K: Codecs, Übertragung, Displays
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Süße Illusion

Techniken und Hardware für 8K-Auflösung

Extreme Datenmassen, keine vorbespielten Discs, teure Produktionen – gegen 8K spricht derzeit eine Menge. Dennoch wird die ultrahohe Auflösung mit ihren 33 Millionen Bildpunkten kommen. Wir fassen zusammen, was bis dahin passieren muss.

Bereits im Oktober soll man in Deutschland die ersten Fernseher mit 8K-Auflösung kaufen können. Nun müssen Inhalte her und eine Infrastruktur entwickelt werden, damit man die irre hohe Auflösung sinnvoll nutzen kann. Hier hapert es noch an vielen Ecken: Es fehlen effiziente Codecs, um die riesigen Datenmengen bewältigen zu können, die Übertragungstechniken sind noch nicht bereit und physische Speichermedien noch nicht mal in der Diskussion.

Dass es trotzdem bereits große 8K-Displays mit einer Auflösung von 7680 × 4320 Pixeln gibt, ist kein Zufall: Ein 65-zölliges 8K-Display lässt sich quasi aus vier 32-Zöllern mit 4K-Auflösung oder 16 Full-HD-Panels für Notebooks zusammensetzen. Natürlich müssen neue Treiberstufen für die vierfache Pixelanzahl her und auch die Prozessorleistung muss entsprechend steigen. Das sind aber vor allem Kostenfragen, die Produktion großer Panels haben die Hersteller weitgehend im Griff.

Zumindest die von LCDs, denn im OLED-Bereich ist die Situation etwas anders: Hier sitzen in jedem Subpixel nicht wie beim LCD einer, sondern sechs bis acht Transistoren. Im 8K-Panel muss man demnach statt 100 Millionen bis zu 800 Millionen TFTs auf dem Substrat unterbringen. Zusätzlich benötigen OLEDs Transistoren mit hoher Elektronenmobilität, denn die organischen Displays sind stromgetrieben – im LCD muss man dagegen keine hohen Ströme über das Panel transportieren, hier sind stattdessen exakte Spannungspegel an den TFTs gefordert. Das macht die Ansteuerung der Pixeltransistoren im 8K-LCD etwas komplexer, aber nicht unbedingt schwieriger.

Das erklärt, warum Samsung auf der IFA für Oktober ein 8K-LCD in den Größen 65, 75 und 85 Zoll (zu Preise von rund 5000, 7000 und 15.000 Euro) ankündigte, während es sich bei dem von LG gezeigten 8K-OLED um kaum mehr als einen Prototypen handelte. Da LG aktuell einziger Hersteller von großen organischen Displays ist, wird sich die 8K-Situation hier erst mal nicht so schnell ändern.

Im LCD-Lager bauen dagegen gerade etliche Hersteller neue Fabriken für sehr große Glassubstrate. Die sogenannten Gen-10-Fabs sind für Panel mit 65 und 76 Zoll Diagonale optimiert und werden, wenn viele Fabs die Serienproduktion aufnehmen, zu Überkapazitäten bei diesen Displaygrößen führen. In der Folge wird der eine oder andere Hersteller zur Auslastung seiner Gen-10-Fab sicher auch 8K-Panels produzieren. Das dürfte wiederum für fallende Preise bei 8K-LCD-TVs sorgen und deren Verbreitung fördern.

HDMI

Die 8K-TVs von Samsung schließt man über die One-Connect-Box an. Sie kann ausgewechselt werden, wenn HDMI 2.1 fertig ist.

Alle potenziellen Anbieter von 8K-TVs stehen derzeit aber vor einem Problem: Die im Wohnzimmer übliche HDMI-Schnittstelle ist in der aktuellen Version 2.0 noch nicht fit für 8K. Erst die kommende Version 2.1 bietet genug Bandbreite für die Übertragung von Videos mit 33 Millionen Bildpunkten. Deren Umsetzung zieht sich jedoch: Zwar wurde die Spezifikation bereits Ende November 2017 veröffentlicht, die Test-Spezifikation für HDMI 2.1 steht aber immer noch aus – ohne diese können keine Geräte entwickelt werden.

Das dürfte auch einer der Gründe sein, warum TV-Hersteller wie Grundig, Toshiba oder Changhong in Berlin zwar 8K-Displays präsentiert, aber keine konkrete Produktpläne damit verbunden haben. Displayspezialist Sharp geht einen anderen Weg und will eine 80-Zoll-Variante seiner seit geraumer Zeit ausgestellten 8K-LCDs Anfang 2019 in Europa auf den Markt bringen – allerdings nicht als TV, sondern als Videodisplay ohne TV-Tuner.

Samsung will das Problem mit externen Signalboxen umgehen, die die komplette Videoelektronik samt Tuner und Decoder und alle Anschlüsse des 8K-TV beherbergen; zum Display selbst führt nur ein dünnes (proprietäres) Signalkabel. Samsungs erste 8K-TVs werden noch mit One-Connect-Boxen ausgeliefert, die nur HDMI-2.0-Anschlüsse besitzen. Wenn dann Version 2.1 komplett ist, müssen die Kunden laut Hersteller nur die Box austauschen und können ihr 8K-Panel fortan über den erweiterten HDMI-Port ansteuern. Ob der Austausch auf Kosten Samsungs geht oder vom Kunden bezahlt werden muss, ist noch unklar.

Die Unterhaltungselektronik-Hersteller hoffen, dass bis Frühjahr 2019 alles in trockenen Tüchern ist. Auch danach dürfte es aber noch eine Weile dauern, bis 8K-taugliche Hardware (zu erschwinglichen Preisen) erhältlich ist. Allein die massive Steigerung der Datenrate wirft beispielsweise die Frage auf, ob und über welche Distanz sich 8K-Videos mit herkömmlichen HDMI-Kabeln überhaupt übertragen lassen.

Inhalte

Mit 8K-Kameras wie der Cinealta F65 von Sony kann Hollywood heute bereits Kinofilme drehen.

Bei der Einführung von 4K wurden vor allem die fehlenden Inhalte bemängelt. Und wie zu Zeiten des Wechsels von Full HD auf 4K verweisen die Displayhersteller darauf, dass ihre Geräte die existierenden 4K-Signale wunderbar auf die höhere Displayauflösung umrechnen können – bei Samsungs 8K-TVs mit einem Algorithmus auf Machine-Learning-Basis. Auch Full-HD-Inhalte sollen beim Interpolieren von der höheren Pixeldichte des Displays profitieren – in ersten Sichttest fanden wir die Darstellung von HD- und 4K-Inhalten am 8K-LCD zumindest nicht schlechter als am 4K-Display.

Zum Kasten: Größte Herausforderungen

Echte 8K-Inhalte sind natürlich noch rar, doch in Hollywood scheint die 8K-Zukunft bereits begonnen zu haben: Disney ließ „Guardians Of The Galaxy Vol. 2“ mit derart hochauflösenden Kameras drehen. Michael Zink, Chairman der UHD Alliance, stellte im Interview mit c’t (siehe Kasten „Große Herausforderungen“) allerdings klar, dass dies nur ein kleiner Baustein in der Produktionskette ist – diese habe bei 8K noch große Löcher.

Vorreiter bei 8K-TV ist die japanische öffentlich-rechtliche Rundfunkgesellschaft NHK. Sie treibt seit Jahren die notwendigen Standards für passende Produktions- und Distributionssysteme voran und will am 1. Dezember 2018 in Japan einen 8K-Dienst „Super Hi-Vision“ über Satellit starten. Auch die Olympischen Sommerspiele 2020 in Tokio will NHK in 8K produzieren. Die japanische Regierung unterstützt dieses Vorhaben, weil sie 8K auch als Leistungsschau für japanische Kameras und Displays betrachtet. Insofern lässt sich die dortige Entwicklung nicht eins zu eins auf den Rest der Welt übertragen.

Codecs

Der auf Ultra HD Blu-rays und bei Videostreamingdiensten verwendete Codec HEVC (High Efficiency Video Coding) alias H.265 ließe sich theoretisch auch für die Komprimierung von Videodaten in 8K nutzen. Allerdings könnte die vierfache Auflösung gegenüber 4K auch die Datenrate vervierfachen – dann bräuchte es fürs Streamen von 8K-Filmen einen Internetanschluss, der im Downstream konstante 60 MBit/s liefert.

Das schicke 8K-OLED von LG ist noch Zukunftsmusik, der koreanische Hersteller muss zunächst seine 4K-Produktion ausbauen und optimieren.

Da bisher nur die wenigsten Nutzer einen derart potenten Internetanschluss besitzen, muss ein effizienterer Codec her. Die Moving Pictures Expert Group (MPEG) und die internationale Fernmeldeunion (ITU) arbeiten bereits seit Oktober 2015 an einem HEVC-Nachfolger. Zwar präsentierte die gemeinsamen Arbeitsgruppe Joint Video Exploration Team (JVET) im vergangenen Jahr auf der Branchenmesse IBC bereits erste Ergebnisse. Eine erste stabile Version des Videocodecs mit Codenamen JEM erscheint nach aktueller Planung aber wohl erst Ende 2020.

Als Alternative ist ein zweiter Codec in Arbeit: Angesichts der kostspieligen und komplizierten Lizenzsituation von HEVC haben Unternehmen aus der Halbleiterindustrie, Video-on-Demand-Anbieter und Webbrowser-Entwickler vor einigen Jahren die Alliance for Open Media (AOMedia) gegründet. Das Konsortium will ein offenes, lizenzkostenfreies Verfahren zur Videokompression entwickeln – beteiligt sind unter anderem Adobe, Amazon, Facebook, Google, Microsoft, Mozilla, Netflix, Twitch, Videolan und YouTube. Die erste Spezifikation des neuen freien Videocodecs AV1 wurde Ende März 2018 freigegeben und eine erste Referenzimplementierung veröffentlicht.

Beide Lager sprechen von einer mindestens 30-prozentigen Einsparung der Datenraten, JVET hält bei JEM sogar Spitzenwerte von 60 Prozent für möglich. Dies würde ungefähr der Effizienzsteigerung beim Wechsel von H.264 auf HEVC entsprechen. Die Einsparungen erfordern allerdings einen deutlich höheren Rechenaufwand. So soll die Encoding-Laufzeit von JEM um das Zwölf- oder gar Sechzigfache höher sein als bei H.265. Der noch nicht optimierte Encoder von AV1 ist nach Angaben des Ultra HD Forums von März sogar „hundertmal langsamer als einer für HEVC“. Für den Praxiseinsatz sind solche Werte viel zu hoch.

Auf der Decoder-Seite sieht es momentan kaum besser aus. Eine wichtige Aufgabe wird es daher sein, Decoder-Chips für Settop-Boxen und Fernseher zu entwickeln. Doch das kostet Zeit: Thierry Fautier, Chefstratege des Ultra HD Forums, geht davon aus, dass die Massenproduktion von AV1-Decoder-Chips nicht vor 2020 starten wird.

TV-Übertragungstechnik

JVC bringt einen ersten 8K-Beamer, der die 33 Millionen Bildpunkte allerdings per Pixelshift mit 4K-Panels erzeugt.

Erste 8K-TV-Übertragungen werden wahrscheinlich über Satellit laufen, dann aber möglicherweise nicht mit dem aktuellen De-facto-Standard DVB-S2. Sinnvoll wäre hier nach weit verbreiteter Meinung die Nutzung der schon 2014 standardisierten Erweiterung DVB-S2X. Sie weist unter anderem eine verbesserte Leistungsfähigkeit für mehr Kapazität bei gleicher Bandbreite auf und zusätzliche Features für stabilere Kommunikationsverbindungen.

Das Problem: DVB-S2X-Receiver sind zwar kompatibel zu DVB-S2, umgekehrt gilt das jedoch nicht. So können DVB-S2-Empfänger keine Datenströme dekodieren, die unter Nutzung spezieller DVB-S2X-Features übertragen werden. Für den 8K-Empfang über Satellit würde man folglich neue Empfangsteile benötigen. Den Einbau solcher Tuner plant beispielsweise Samsung in die angekündigten One-Connect-Boxen für seine 8K-Fernseher.

Speichermedien

Zum einen hat nicht jeder Haushalt Satellitenfernsehen, zum anderen würde die 8K-Übertragung über Videostreaming-Dienste selbst mit einem effizienteren Codec konstante Datenraten von über 30 MBit/s erfordern. Insofern wären auch hier – wie schon bei 4K – physische Medien vorteilhaft.

Victor Matsuda, Vorsitzender der zuständigen Blu-ray Disc Association (BDA), erteilte Spekulationen um eine 8K-UHD-Blu-ray im Gespräch mit c’t jedoch eine klare Absage: Aktuell gäbe es dazu keine Diskussionen in der BDA – und solche würden auch erst beginnen, wenn ein überzeugender Antrag von Seiten der BDA-Mitglieder käme, sich mit dem Thema zu beschäftigen. Mangels existierendem 8K-Ökosystem sei damit allerdings bis auf Weiteres nicht zu rechnen. Vielmehr sei man sich in der BDA aktuell einig, dass es noch ein langer Weg sei, bis sich die Ultra HD Blu-ray (mit 4K-Inhalten) wie gewünscht etabliert habe. Ziel sei es, den Anteil der UHD-BD unter den Blu-ray-Medien bis 2022 von derzeit 7 Prozent auf 28 Prozent zu erhöhen. Matsuda zeigte sich im Interview deshalb eher besorgt, dass die Diskussion um 8K die Käufer verunsichern könnte. (uk@ct.de)