c't 18/2018
S. 3
Editorial
Jan Mahn

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Was haben Browser in den letzten Jahren nicht alles gelernt. Sie können ohne Flash-Plug-in Videos anzeigen, den Standort herausfinden und bald sogar Bezahlungen verwalten. Dann kann ich ohne viel Nerverei in verschiedenen Webshops bezahlen. Naja, zumindest fast ohne Nerverei. Denn vor das Shopping-Vergnügen haben die Juristen die Zustimmungs-Arbeit gestellt. Große Tafeln poppen auf und wollen allerlei von mir wissen: Ob ich Cookies empfangen möchte, die Datenschutzerklärung gelesen, verstanden und akzeptiert habe, damit einverstanden sei, dass der Betreiber mehrere Werbedienstleister und Cloud-Dienste nutzt. Möcht ich, hab ich, bin ich. Und vor allem: Nerv nicht!

Diese Einblendungen sind der neue Spielplatz für Entwickler, seit sie keine Werbe-Pop-ups mehr bauen sollen. Im Auftrag der Rechtsabteilung entwickeln sie möglichst penetrante Kästen, die auf dem Handy schon mal den ganzen Bildschirm füllen dürfen. Sie platzieren Häkchen und Schiebeschalter, um auch ja der DSGVO, der neuen E-Privacy-Richtlinie und der Cookie-Richtlinie und sämtlichen Gesetzen in allen anderen Ländern zu genügen, in denen das Unternehmen noch so operiert. Lange habe ich gelesen, geklickt, geflucht und geschimpft über Politiker in Brüssel.

Jetzt ist es an der Zeit zu handeln und ich fordere eine umfassende technische Lösung. Ein Verfahren, das beim W3C eingereicht und zum Standard wird. So macht man das schließlich, wenn man das möchte, dass alle Browser - außer dem Internet Explorer - eine neue Funktion unterstützen. Eine Art RSS-Feed für Nerverei. Arbeitstitel: Die annoy_me.xml. Der Betreiber legt sie auf seine Webseite, sie enthält in strukturierter und standardisierter Form alle Fragen, die man mir beim Besuch der Seite gern stellen möchte. Zusammen mit der Datenschutzerklärung, den AGB und allen Texten, die ich irgendwann sicher mal akribisch durchlese, wenn ich gaaaanz viel Zeit habe. Mein Browser liest diese Datei aus und entscheidet anhand meiner Einstellungen, wie er die Fragen und die Datenschutzerklärung anzeigen soll - gar nicht, nur wenn sich etwas geändert hat oder meinetwegen per Sprachsynthese vorgesungen. Meine Entscheidung. Dann schickt er die Antworten zurück, die ich einmalig hinterlegt habe.

Der Jurist wäre zufrieden, der Gesetzgeber wäre zufrieden und ich könnte endlich wieder in Ruhe surfen. Und mich ungestört über die wichtigen Dinge im Internet aufregen: Werbung, Trolle und schlechte Suchfunktionen.

Unterschrift Jan Mahn Jan Mahn

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