c't 16/2018
S. 50
Test
Gesundheits-App
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Digitale Diagnosen

Ada hilft beim Einordnen gesundheitlicher Symptome

Nach Symptomen zu googeln war noch nie gesund – jetzt gibt sie der Geplagte in der App Ada ein und die künstliche Intelligenz zieht daraus nach einem Frage-Antwort-Spiel ihre Schlüsse.

Endlich passt Tante Doktor in die Hosentasche: Hinter der App Ada für Android und iOS steckt eine künstliche Intelligenz. Sie sammelt Symptome, die den Nutzer beschäftigen, und fragt ihn im Ausschlussverfahren dazu ab. Gibt er beispielsweise Nackenschmerzen und Verspannungen im Arm an, erkundigt sie sich nach Unfällen, Verdauungsbeschwerden und anderen Schmerzorten wie dem Kopf.

Zu bekannten Fragen, die auch der Hausarzt stellt, fragt Ada für Laien Ungewöhnliches ab: Ob der Nutzer lichtempfindlich oder das Haar dünner geworden sei und ob ihm eine Muskelschwäche aufgefallen wäre. Diese Eingrenzungen resultieren aus Trainingsdaten zu 1200, auch seltenen Erkrankungen, an deren Erstellung die Medizinische Hochschule Hannover beteiligt ist.

Der Nutzer antwortet mit Ja oder Nein, ab und zu verlangt Ada auch Angaben zur Dauer der Symptome. Zu den Antwortmöglichkeiten kommt häufig noch der Button „Was bedeutet das?“, der den Nutzer zu Erklärungen führt. Für Nichtmediziner ist die Funktion sehr praktisch, denn darin ist bildlich hinterlegt, wo beispielsweise die Kiefermuskulatur liegt und wie der Nutzer überprüfen kann, ob sie druckschmerzhaft ist.

Angina statt Verspannung

Drei bis fünf „mögliche Ursachen“ zeigt Ada nach Abschluss der intensiven Befragung an. Diagnosen dürfen hierzulande nur Ärzte stellen, weshalb Ada ihre Resultate so betitelt. Zu jeder Ursache gehören ein Beschreibungstext und ein Graph zum Zusammenhang mit den zutreffenden Symptomen. Im Ampelprinzip empfiehlt die App, was zu tun ist: Grün steht für selbst behandelbar, Gelb für ärztlichen Rat einholen und bei Rot schickt Ada den Nutzer direkt in die Notaufnahme.

In der c’t-Redaktion überprüften einige Kollegen beispielhaft, ob ihre diagnostizierten Krankheiten von der KI erkannt werden. Sowohl Morbus Basedow als auch die Altersweitsichtigkeit und depressive Verstimmungen fand Ada direkt heraus. Im Fall der Nackenschmerzen lag Ada mit ihrer zweitgenannten Ursache, stabiler Angina pectoris, richtig. Platz 1 besetzte die ordinäre Nackenmuskelverspannung.

Arzthelferin

Universitätsmediziner der Johannes Gutenberg-Universität Mainz testeten für das Ärzteblatt die App. Zwei Internisten bearbeiteten dafür unabhängig voneinander 16 Fallberichte durch die App und nach Lehrbuch. In elf der Fälle lag Ada in der Hauptdiagnose richtig, in 13 Fällen war die richtige Lösung unter den weiteren möglichen Ursachen. Die Mediziner bescheinigen Ada eine hohe diagnostische Treffsicherheit mit einer durchschnittlichen Bearbeitungszeit von vier Minuten nach circa 30 Fragen und Antworten.

Ada soll nicht nur für potenzielle Patienten nützlich sein. Jeder Fallbericht lässt sich im PDF-Format speichern und im Vorfeld einer Sprechstunde an den behandelnden Arzt schicken. Ärzte sollen dadurch Zeit bei der Eingrenzung der möglichen Krankheiten sparen und direkt mit passenden Tests beginnen, sagte uns Dr. Martin Hirsch, einer der Gründer der Ada Health GmbH mit Sitz in Berlin und London.

Sechs Jahre haben die beteiligten Mediziner und Ingenieure in die Entwicklung der App gesteckt. Eine Oberfläche für Ärzte liegt ihr zugrunde, die nutzerfreundliche Variante steht nun kostenlos im Play Store zum Download bereit.

Obwohl Ada erstmal nur Name, Alter und Geschlecht wissen will, ergibt sich bei regelmäßiger Nutzung ein klares Bild des Gesundheitszustands. Die Daten speichert Ada auf Amazon-Cloud-Servern – darauf lässt man sich mit Bestätigung der Datenschutzvereinbarung ein. Laut Hersteller sind die Daten dort geschützt, nur der Nutzer könne darauf zugreifen.

Derzeit verwendet Ada Health nur anonymisierte Daten aus den Krankenakten der Nutzer, um die KI weiter zu trainieren. Bei Anmeldung entscheidet jeder Nutzer, ob Ada auch seine Daten zur Verwendung für klinische Studien nutzen darf.

Wer fahrlässig genug ist, meldet sich per Facebook an. Datenschutzfans setzen lieber auf den Log-in per E-Mail und Passwort.

Fazit

Tabelle: Ada – Deine Gesundheitshelferin

Die App schlug im Test kein einziges Mal als ersten Treffer Krebs vor, was bei „Doktor Google“ häufiger der Fall ist. Sie erkannte auch seltene chronische Krankheiten, für deren Diagnose Redakteure der c’t jahrelang zu Ärzten stiefelten. Man sollte sich trotz ihrer Analysequalität gut überlegen, ob man sensible Daten zum eigenen Gesundheitszustand in eine Cloud laden möchte und beim kleinsten Zweifel an Adas „möglichen Ursachen“ zum Hausarzt gehen. (lel@ct.de)