c't 15/2018
S. 50
Test
Outdoor-Smartphone
Aufmacherbild

Handy für Handwerker

Outdoor-Smartphone Cat S61 mit Wärmebildkamera

Das Cat S61 misst Entfernungen per Laser, ermittelt die Luftqualität und zeigt mit seiner Wärmebildkamera Heißes wie Kaltes. Nebenbei ist es aber auch ein ziemlich robustes Smartphone mit ansprechender Leistung und einer gigantischen Laufzeit.

Smartphones vereinen allerlei nützliche Dinge in einem kompakten Format, sind quasi das moderne Schweizer Taschenmesser. Das Cat S61 hingegen ist mehr wie der Werkzeugkoffer für unterwegs. In seinem robusten, wasserdichten Gehäuse stecken außer den bekannten Tools noch eine Wärmebildkamera, ein Laserentfernungsmesser und ein Luftqualitätssensor.

Für ein Outdoor-Smartphone macht das 900 Euro teure Cat S61 mit seinem breiten Metallrahmen optisch einiges her. Dennoch hält das sauber verarbeitete Gerät so einiges aus: Stürze auf Beton überstand es aus 1,5 Metern und 1,8 Metern (Hüft- und Kopfhöhe) in unserem Test schadlos. Lediglich mit kleinen Schrammen am Gehäuse muss man auf rauem Untergrund rechnen. Um den Bildschirm vor Kratzern zu schützen, steht der Gehäuserand über und auf dem Displayglas aus bruchfestem Gorilla-Glas klebt zusätzlich eine Folie.

Die Bilder der Wärmebildkamera sehen faszinierend aus und liefern hilfreiche Einblicke.

Tieftaucher

Bis zu drei Meter tief darf das Smartphone eine Stunde lang tauchen, alle Anschlüsse sind von leichtgängigen Klappen geschützt. Der c’t-Swimmingpool ist nicht ganz so tief, doch unseren üblichen Untertauchtest überstand es ebenso wie das Abspülen unter dem Wasserhahn. Auch die Lagerung im Tiefkühlfach und anschließendes Erwärmen auf Raumtemperatur überstand es im laufenden Betrieb unbeschadet. Temperaturen von –25 bis +55 Grad hält das Smartphone aus.

Dank der gummierten Rückseite hält das Gerät auch gut in nassen Händen. Die Bedienungen bei nassem Display und feuchten Fingern ist mit etwas Geduld machbar, weil das Gerät die Empfindlichkeit automatisch regelt. Handschuhe sind durch heraufsetzbare Berührungsempfindlichkeit und große mechanische Android-Tasten ebenfalls kein Hindernis. Eine frei belegbare Taste an der Seite erlaubt das Starten von beliebigen Apps.

Heftige 260 Gramm wiegt das Gerät und bei einer Dicke von 18 Millimetern ist es eher etwas für Handwerker-Hosen als enge Jeans. Es werden zwei SIM-Karten unterstützt, anstatt der zweiten SIM passt eine MicroSDXC-Karte in den Slot, die als interner Android-Speicher formatiert werden kann. Die Schublade lässt sich ohne Werkzeug einfach öffnen, allerdings wird dabei immer die erste SIM-Karte mit entfernt. Auf beiden Slots ist LTE-Empfang möglich, die zweite SIM-Karte kann parallel maximal UMTS nutzen. Die Verständlichkeit beim Telefonieren war ausgezeichnet: Umgebungsgeräusche werden gut gefiltert und der Lautsprecher kann sehr laut werden.

Die Standortbestimmung unterstützt neben GPS und Glonass auch Galileo und das japanische QZSS. Selbst in sonst schwierigen Innenräumen fand das S61 nahe des Fensters schnell einen Fix. Im Freien agierte es äußerst flott und präzise.

Helles Display und Riesen-Akku

Gegenüber dem Vorgänger löst das IPS-Display höher auf (1920 × 1080 Pixel) und ist in der Diagonale auf 5,2 Zoll gewachsen. Gerade bei kleiner Schrift ist die Darstellung deutlich angenehmer. Die maximale Helligkeit erreicht sehr gute 560 cd/m2. Das langt für den Betrieb im Freien und selbst für direktes Sonnenlicht aus.

Die Achtkern-CPU bringt genügend Performance für sämtliche Aufgaben unter Android mit, die Oberfläche ist flott, Apps werden schnell geladen und Hakler waren selten. Ausgerechnet in den vorinstallierten Werkzeug-Apps traten diese auf, was eher an der mangelnden Optimierung liegt. Bei den Benchmarks ordnet sich das S61 im vorderen Mittelfeld ein, gegen High-End-Geräte hat es aber keine Chance.

Das S61 beeindruckt mit seiner Akkulaufzeit von bis zu 22,5 Stunden – im Display-Dauerbetrieb. In unserem WLAN-Test schrammte es nur knapp am vollen Tag vorbei, Videos liefen über 17 Stunden. Damit hält es länger durch als die Outdoor-Konkurrenz. Nur das S60 schaffte trotz kleinerem Akku im WLAN noch zwei Stunden mehr. Geladen wird das S61 über USB-C und QuickCharge 4.0; nach gut zwei Stunden war der Akku wieder voll, die Hälfte schon nach 40 Minuten erreicht. Wechseln lässt er sich nicht.

Ansehnliche Bilder kommen von der 16-Megapixel-Kamera auf der Rückseite. Sie sind detailreich und auch in dunkleren Ecken rauscht es nicht übermäßig. Nur bei sehr wenig Restlicht muss die Kamera passen, ansonsten hellt sie Details gut auf. Die Kamera löst sehr schnell aus, Aufnahmen verwackeln mangels Bildstabilisierung aber häufig. Videos sind bis in 4k-Auflösung möglich, auch hier stört der fehlende Stabilisator bei ansonsten ordentlicher Bildqualität.

Laser und schlechte Luft

Von der FLIR-Wärmebildkamera kommen im Unterschied zum Vorgänger endlich Bilder größer als Briefmarken. Weiter entfernte Objekte sind darauf nun leichter auszumachen. Die Messung ist schnell und präzise in Echtzeit möglich, von der versteckten Katze bis zu Lücken in der Isolierung lassen sich zahlreiche Einsatzmöglichkeiten finden. Zur Dokumentation können Bilder und Videos aufgezeichnet werden; sogar live zu YouTube lässt sich die Messung streamen.

Mit dem Laserpointer und der rückwärtigen Kamera misst man Flächen und Strecken bis zu acht Metern ab. Dazu muss sich der Laserpunkt auf dem zu messenden Objekt befinden und das Smartphone parallel dazu gehalten werden, sonst werden die Messungen verfälscht. Passt die Ausrichtung, schießt man ein Bild und markiert darauf Linien, Dreiecke oder Rechtecke. Über den Abstand von Smartphone und Objekt leitet die Mess-App die restlichen Werte ab. Die Ergebnisse sind nach der umständlichen Kalibrierung auf einen Millimeter genau, gespeicherte Bilder können später erneut vermessen werden. Im Vergleich zu den AR-unterstützten Apps von Apple und Google ist die Messung umständlicher und fehleranfälliger, bei korrekter Verwendung aber genauer.

Über seinen Luftqualitätsmesser kann das S61 vor schädlicher Raumluft warnen, zumindest wenn sich darin flüchtige organischen Verbindungen (VOC) befinden, die etwa von Lacken, Klebstoffen oder Lösungsmitteln stammen. Andere Gase oder Rauch erkennt der Sensor nicht. Die Messung läuft nach der Aktivierung in der zugehörigen App im Hintergrund mit. Zum Erschnüffeln von Ursachen eignet sich der Sensor durchaus, auf Nagellackentferner reagierte er mit einem sichtbaren Ausschlag nach oben. Der war allerdings auch so zu riechen. Mehr als einen Anhaltspunkte zur Luftqualität und zur Dauer der Belastung liefert das Smartphone nicht, auch Cat warnt davor, es als einziges Sicherheitsfeature einzusetzen.

Das aktuelle Android 8.1 auf dem Gerät ist nahezu unverändert gegenüber dem Standard, lediglich einige wenige Erweiterung wie der Unterwassermodus wurden in die Oberfläche integriert.

Tabelle
Tabelle: Cat S61

Fazit

Das Cat S61 ist extrem vielseitig, äußerst robust und hebt sich weit von der billigen Konkurrenz im Ruggedized-Markt ab. Hier nerven weder schwergängige Tasten noch lahme Hardware oder ein vergurktes Android. Dank hellem Display steht auch dem Outdoor-Einsatz nichts im Weg. Die üppigen Ausmaße verzeiht man dem Gerät aufgrund seiner Nehmerqualitäten und langen Laufzeiten gerne.

So faszinierend das Gerät allerdings ist, bleibt es in erster Linie ein Arbeitsgerät für die Baustelle, also für Handwerker oder Makler, die nicht immer die jeweiligen Messinstrumente einzeln mitnehmen wollen. Wer die nicht regelmäßig braucht, für den ist das Gerät Overkill. Zumal es trotz ansonsten Mittelklasse-Hardware mit 900 Euro so viel wie ein Premium-Smartphone kostet. Für den Outdoor-Trip reicht etwa das ähnlich robuste Cat S41 für 360 Euro, das aber auch langsamer ist. (asp@ct.de)