c't 15/2018
S. 186
Web-Tipps
Grafikkarten, Wirtschaftssimulation, Geografie, Gruppendynamik

Was fürs Auge

http://www.vgamuseum.info

Ein Online-Museum, in dem vor allem PC-Bastler auf alte Erinnerungen stoßen werden: das VGA-Museum. In Privatinitiative hat hier ein Sammler nach eigener Aussage sämtliche Hersteller von Grafikkarten und die meisten ihrer Produkte zusammengestellt. Detailverliebte Fotos, technische Parameter und auch zugehörige Rechnereinstellungen sind mit Leidenschaft angehäuft und laden zum Stöbern und Wiedererkennen ein.

Es werden sogar Videos bereitgestellt, die Meilensteine unter den Grafikkarten mit Großaufnahmen und liebevollen Kamerafahrten ins Licht rücken, zusätzlich deren technische Stärken in eine Zeitlinie einsortieren und mit Spielszenen die damit erreichten Grafikmöglichkeiten vorführen. Ein sehenswerter Abriss der Geschichte der Grafikkarten und mit ihr auch der Entwicklung der PC-Spiele. (agr@ct.de)

Es ist nie genug

http://orteil.dashnet.org/cookieclicker

Vordergründig ist Cookie Clicker ein ganz einfaches Browser-Spiel: Pro Klick gibt es einen Keks. Natürlich kann man seine Effizienz erhöhen, man kann zum Beispiel für einige Kekse eine Oma anheuern. Die backt dann sekündlich Kekse, ohne dass man klicken muss. Man kann auch die Effektivität seiner Klicks verbessern. Man backt Kekse, man investiert Kekse, man backt umso mehr Kekse; und irgendwo in diesem Kreislauf versteckt sich das Ziel des Spiels. Eine Farm erzeugt viele Kekse – wie auch immer. In einer Mine lassen sich sehr viele Kekse schürfen. Eine Fabrik stößt noch weit mehr Kekse aus. In jeder Sekunde entstehende Hunderte Kekse, Tausende, Zigtausende.

Der Legende nach entstand die Website an einem Abend im Jahr 2013, erdacht vom jungen Spieleentwickler Julien Thiennot. Sie ist zugleich fesselnd und ziellos; und sie hinterlässt den Spieler ungemein rastlos. Die vielen Kekse, man muss sie investieren, aber es werden immer mehr Kekse und es locken immer profitablere Investitionen. Inzwischen entstehen Millionen Kekse pro Sekunde, aber man kann sich immer weiter steigern – ja man muss!

Cookie Clicker ist ein zutiefst kapitalistisches Spielchen, das zum Nachdenken über Kapitalismus anregt, über wirtschaftliches Streben und auch über Sucht – falls es dem Spieler gelingt, sich vom Klicken und Investieren loszureißen. Ein Spielende ist nämlich nicht in Sicht. Übrigens verwendet die Website Cookies, natürlich. Wer sich also einmal losreißt, kann am nächsten Tag wiederkommen und weiterbacken. (agr@ct.de)

Für Sonnenhungrige

http://projects.truth-and-beauty.net/under-the-sun

Sind Sie international? Denken Sie global? An den Fingern abzuzählen, welche Uhrzeit wohl gerade bei den Geschäftspartnern in Amerika oder Fernost ist, das ist ganz uncool. Einen globalen Überblick beweist, wer dem Sonnenstand nicht nur bis zum Horizont folgt, sondern auch darüber hinaus. Das ist Weitblick. Da zeigt sich die innere Bereitschaft, diese Welt zu erobern.

Under the sun ist der schlichte Titel dieser schlichten Website. Sie zeigt sekundengenau, an welchem Punkt der Erde die Sonne in diesem Moment im Zenit steht. Über den tatsächlichen Nutzen dieser Seite kann man streiten, aber sollte das einen unabhängigen Geist stören? Diese Website sichert dem Besucher einen Platz an der Sonne. (agr@ct.de)

Gruppendynamik am Reißbrett

https://ncase.me/crowds

Wie verbreitet sich Weisheit in sozialen Gruppen und wann gewinnt Irrsinn die Oberhand? The Wisdom and/or Madness of Crowds kommt mit wenigen Federstrichen aus und lädt den Besucher ein, die Mitglieder kleiner Gruppen selbst mit Beziehungen zu verknüpfen. In einfachen Netzwerken lässt sich nachvollziehen, wie leicht sich Verhaltensweisen und Modetrends verbreiten und in welchen Konstellationen sich auch komplexe Ideen und überzeugende Argumente durchsetzen können.

Zwar weist die Seite eine „Playing Time“ von 30 Minuten aus, aber um ein Spiel handelt es sich im Grunde nicht. Mit der verspielten Simulation erläutert Nicky Case, ein Game-Designer aus Singapur, vielmehr soziale und gruppendynamische Zusammenhänge. Seine zentrale Aussage: In großen, eng vernetzten Gesellschaften verbreiten sich leicht „infektiöse“ Verhaltensweisen, sei es beispielsweise Joggen oder Rauchen. Komplexe Gedankenmodelle haben es wesentlich schwerer und benötigen sogenannte „Kleine-Welt-Netzwerke“, in denen Überzeugungen vermittelt werden und reifen können. (agr@ct.de)