c't 12/2018
S. 41
News
Elektronischer Rechtsverkehr

Keine De-Mail-Adresse fürs Finanzamt

Beim Finanzamt schriftlich einzureichende Dokumente können seit Anfang 2018 auch per De-Mail eingereicht werden. So steht es in § 87 Absatz 3 Satz 4 Nummer 2 der Abgabenordnung (AO). In der Praxis scheitert das jedoch bisher daran, dass die Finanzämter gar keine De-Mail-Adressen haben, an die ihnen Steuerpflichtige etwas schicken könnten. Auf entsprechende Anfragen antworten die Ämter meist gar nicht. Erst mit etwas Nachdruck antwortete etwa das Finanzamt Hannover-Süd nach etwa vier Wochen, dass der De-Mail-Empfang „leider“ noch nicht möglich sei. Man habe die Anfrage an das Landesamt für Steuern weitergeleitet, um zu erfahren, ob in absehbarer Zeit mit einer Einrichtung zu rechnen ist, von dort jedoch bislang keine Rückmeldung erhalten.

Das zuständige Finanzministerium in Hannover teilte auf Anfrage der c’t mit, dass sich aus dem Gesetz keine Verpflichtung der Finanzbehörden zur Eröffnung eines De-Mail-Zugangs ergebe. Das gute alte Prinzip, wonach sich aus einem Recht des Bürgers auch eine entsprechende Verpflichtung des Staates ergibt, scheint in Steuerangelegenheiten also nicht zu gelten. Statt auf De-Mail setzen die Länder auf das im Auftrag aller von Bayern betriebene Elster-Portal, über das Steuererklärungen elektronisch eingereicht werden können. Auch für andere einzureichende Schriftsätze soll das Portal bereits jetzt oder jedenfalls in Kürze entsprechende Funktionen bereitstellen.

Unklar ist dabei allerdings, auf welchem Weg die Behörde antworten soll. Wer seine Steuererklärung elektronisch einreicht, erhält auch die Bescheid-Daten auf diesem Wege zurück. Damit er von der Bereitstellung erfährt, muss der Steuerpflichtige eine elektronische Adresse angeben, über die er benachrichtigt werden kann. Klassischerweise ist das eine E-Mail-Adresse. Ein ausgesprochen unsicheres Verfahren, schon wegen zahlreicher Phishing-Mails, deren Absender sich als Finanzamt ausgeben. Wem eine Benachrichtigung entgeht, weil Phishing-Filter sie aussortiert haben, hat Pech gehabt: Mit der Benachrichtigung beginnt auch die knappe Frist für einen Widerspruch gegen den Steuerbescheid.

Die Recherchen der c’t nahm der finanzpolitische Sprecher der FDP-Fraktion im Niedersächsischen Landtag, Christian Grascha, zum Anlass für eine Anfrage an die von SPD und CDU getragene Landesregierung (siehe ct.de/yua3). Der Abgeordnete will wissen, ob in Niedersachsen derzeit eine digitale Kommunikation über De-Mail möglich ist und gegebenenfalls warum nicht. Weiter erkundigte sich Grascha, welche Möglichkeiten die Finanzbehörden in Niedersachsen für eine elektronische, rechtssichere, vertrauliche und verbindliche Kommunikation bieten. Zu guter Letzt verlangt er Auskunft darüber, welche Maßnahmen und Strategien die Landesregierung für eine digitale Kommunikation der Bürger mit den Behörden verfolgt. Eine Antwort lag bis Redaktionsschluss noch nicht vor.

Wie die meisten Landesfinanzminister will auch der niedersächsische Finanzminister Reinhold Hilbers (CDU) keine De-Mails für die Finanzämter.

Aber auch dort, wo die FDP in der Regierung sitzt, etwa in NRW, ist es um die Möglichkeiten elektronischer Kommunikation nicht besser bestellt. Zwar besteht in NRW eine Pflicht aller Behörden, einen De-Mail-Zugang zu eröffnen, die Finanzämter sind davon jedoch ausgenommen. Einen nachvollziehbaren Grund konnten die Ministerien beider Länder auf Nachfrage nicht nennen. Da die Finanzämter für die Finanzgerichte einen elektronischen Zugang eröffnen müssen, verfügen sie allesamt über eine sogenannte Safe-ID für das Behördenpostfach. Damit lässt sich ohne Weiteres auch ein De-Mail-Account verknüpfen. Während die Bundesregierung seit Jahren die De-Mail fördert, boykottieren die Länderfinanzminister die Technik weiterhin. Eine konsequente Digitalstrategie sieht anders aus. (tig@ct.de)