c't 6/2017
S. 3
Editorial
Jens Nohl

Weg von DVB-T

Jetzt ist es also so weit: DVB-T wird abgeschaltet. Millionen funktionsfähiger Receiver werden von einem Tag auf den anderen zu Elektroschrott; allein ich steuere vier Geräte dazu bei. 1967 machte man sich bei der Umstellung von Schwarz/Weiß- auf Farb-TV noch mehr Gedanken um Kompatibilität.

2004 wurde DVB-T in Hannover eingeführt und nach einigen Experimenten mit der selbstgebastelten Antenne war der Empfang zufriedenstellend. Das Bildrauschen des Analogfernsehens verschwand. An seine Stelle traten bei schnellen Kameraschwenks und Bewegungen kleine Ausflüge ins Legoland. Kein Wunder bei der niedrigen Bitrate. Zur damals schon langsam aussterbenden, bildvermatschenden Röhrentechnik passte DVB-T recht gut.

Auf den in den Startlöchern stehenden großen HD-Panels zeigten sich die Schwächen hingegen deutlich. Ich steckte nach dem Ableben meiner TV-Röhre also viel Geld in ein HD-TV mit aufwendiger Signalaufbereitung und eingebautem T-Modul. Endlich hatte auch das Fernbedienungschaos ein Ende.

Seit einigen Wochen weisen mich nun aber Laufschrifteinblendungen beim Fernsehen darauf hin, auf DVB-T2 umzusteigen. Das sei aber kein Problem: Zum einfachen Anschluss an den Fernseher gibt es Settop-Boxen. Toll! Endlich darf ich wieder mit zwei Fernbedienungen hantieren, um die Tagesschau zu sehen. Hatte in den letzten Jahren fast vergessen, wie viel Spaß das macht.

Doch es geht auch einfacher: Mit einem schönen Gruß an die Umwelt das funktionsfähige TV-Gerät gleich mit entsorgen und ein aktuelles Modell mit eingebautem DVB-T2 Empfänger kaufen. Aber Vorsicht: Nur Modelle mit dem grünen Logo liefern auch ein Bild (siehe Seite 118). Unterschiedliche Codecs machen hier fatale Fehlkäufe möglich – klasse Erfindung, super durchdacht.

Der neue Standard bietet dem Kunden eine höhere Bildauflösung und ermöglicht den Privatsendern, ihre Dienste verschlüsselt und für eine monatliche Gebühr freischaltbar anzubieten. Für mich ist der Verzicht auf dieses Angebot schmerzfrei, doch für andere Zielgruppen dürfte er nicht in Frage kommen.

Bis mein derzeitiger Fernseher den Geist aufgibt, werde ich jedenfalls auf DVB-T2 verzichten. Alternativen gibt es genug, etwa die Mediatheken: Vielleicht gewöhne ich mich bei dieser Gelegenheit an die Vorteile des nichtlinearen Fernsehens. Und wahrscheinlich reduziere ich den TV-Konsum weiter. Es wird ja schon lange beklagt, dass das Fernsehen immer mehr an Bedeutung verliere. Dieser Trend wird durch die Abschaltung eines nur wenige Jahre lang verwendeten Standards sicherlich gefördert.

Unterschrift Jens Nohl Jens Nohl

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