c't 24/2017
S. 18
Prozessorgeflüster
Quartalsergebnisse, CPU-Verspätungen

Prozessorgeflüster

Von Kooperationen, Preisen und Verzögerungen

Überraschung: AMD und Intel bauen einen gemeinsamen Kombiprozessor. Unterdessen freuen sich DRAM-Hersteller über fette Umsätze, während PC-Käufer über hohe Speicherpreise stöhnen. AMD ist wieder in den schwarzen Zahlen, aber wie so oft zeigt Intel, wo beim Verkaufen der Hammer hängt.

Die Spekulationen über einen AMD-Intel-Kombiprozessor hatten also doch einen wahren Kern: 2018 soll die Mischung aus AMD-GPU und Intel-CPU für schlanke, aber 3D-starke Gaming-Notebooks kommen. Intel setzt dazu ein von AMD entwickeltes GPU-Die samt HBM2-Speicher auf einen selbst entwickelten Die-Träger – mehr dazu auf Seite 35.

AMD und Intel kooperieren bei Notebook-Prozessoren: AMD-GPU-Die mit HBM2-RAM (links) und Intel-CPU.

Derzeit freuen sich PC-Käufer zwar über die dank AMD sinkenden Prozessorpreise, doch teurer Arbeitsspeicher trübt den Spaß. Die wenigen verbliebenen RAM-Produzenten sind ausgelastet, manches DDR4-SDRAM-Modul kostet mehr als das Doppelte wie noch im Frühjahr 2016. Doch was die einen ärgert, freut die anderen: DRAM-Marktführer Samsung konnte den operativen Gewinn im Jahresvergleich fast verdreifachen, bei SK Hynix ging er sogar um 415 Prozent hoch.

Speicher für Desktop-PCs und Notebooks macht bei SK Hynix oder auch Micron nur noch jeweils rund 20 bis 30 Prozent des DRAM-Umsatzes aus; wichtiger sind längst Smartphones und Server. Gerade beim Server-RAM brummt es derzeit besonders. Intel meldet auch sehr gute Verkäufe des neuen Xeon Scalable Performance (SP) für Server.

Da wundert man sich, dass AMD auch fünf Monate nach der Vorstellung des Epyc noch recht wenige davon verkauft. Auch wenn AMD seinerzeit gleich warnte, dass der Absatz erst im zweiten Halbjahr Fahrt aufnehme, fragt man sich doch, wo es hakt. Scheuen Server-Käufer das Risiko und bleiben beim Xeon? Kommt AMD mit der Produktion nicht hinterher? Klemmt es bei der Epyc-Validierung durch große Server-Hersteller? Und weshalb gibt es noch immer keine öffentlichen Zen-CPU-Datenblätter?

Auch ohne großen Epyc-Beitrag schaffte es AMD aber wieder in die schwarzen Zahlen: 71 Millionen US-Dollar betrug das Plus im dritten Quartal 2017. AMD-Chefin Lisa Su zeigte sich sehr zufrieden, doch der Aktienkurs sackte um mehr als 10 Prozent ab, weil der Börse zwei Dinge nicht schmeckten: Der Ausblick fürs vierte Quartal war schwächer, als von Spekulanten erhofft, und die Profitmarge ist eher kümmerlich. Letzteres wiederum liegt unter anderem daran, dass AMD eben zu wenige der profitableren Epycs verkaufte.

Auch bei Intel läuft nicht alles nach Plan, trotzdem floss das Geld in Strömen: 4,5 Milliarden US-Dollar Nettogewinn entsprechen fast dem Dreifachen jener 1,64 Milliarden, die AMD insgesamt umsetzen konnte. Die erwähnten Xeons brachten der Server-Sparte 7 Prozent Wachstum, doch bei Prozessoren für PCs und Notebooks stieg der Umsatz nicht. An letzteren hängen aber immer noch 55 Prozent der Einnahmen und mittlerweile 30 Prozent an den Xeons.

Stärker wuchsen die Sparten IoT (Embedded-Prozessoren wie Intel Atom), nichtflüchtiger Speicher (Flash und 3D XPoint/Optane, siehe S. 44) und Altera-FPGAs. Diese Abteilungen tragen aber relativ wenig zum gesamten Umsatz bei und beim nichtflüchtigen Speicher gab es trotz 32 Prozent Wachstum Verluste – 3D XPoint ist wohl weiter schwierig.

Bei mehreren Milliarden Reingewinn gibt es letztlich nichts zu jammern. Doch für Geld kann man nicht alles kaufen: Irgendwo hakt es in der Intel-Produktion. Weiterhin gibt es Engpässe bei Sechskernern wie Core i7-8700K und Core i5-8600K. Diese Coffee Lakes glänzen vor allem in jenen Gaming-PCs, in die so mancher Schüler und Student liebend gerne sein Weihnachtsgeld versenken würde. Auch für unsere PC-Bauvorschläge warten wir auf Lieferung. Immerhin liefert Intel schon Coffee-Lake-Datenblätter, mit deren Lektüre man sich die Wartezeit vertreiben kann.

Trotz der wenigen vorhandenen Coffee Lakes hat AMD einige Ryzen-Preise gesenkt, etwa die von Threadripper 1950X und Ryzen 7 1800X. Auch der beliebte Ryzen 5 1600 kostet ein paar Euro weniger, und Aldi steckt ihn gleich in einen Weihnachts-PC. Grafikkarten mit Radeon RX Vega 56 wurden ebenfalls billiger, Nvidia macht Druck mit der GeForce GTX 1070 Ti (siehe S. 13).

Zumindest in den USA kann man unter den Weihnachtsbaum wohl auch ein Ryzen-Notebook legen, denn Ryzen 7 2700U und Ryzen 5 2500U mit Vega-Grafik treten gegen Intels Mobil-Quad Core i-8000U an (siehe S. 12). Bei guter Kühlung verspricht AMD deutlich höhere Multi-Threading-Performance, die Vega-Grafik soll ohnehin deutlich schneller sein als Intels UHD 630.

Phi-asko?

Ein für Intel weitaus peinlicherer Engpass ist der kommende – oder vielleicht doch nicht oder anders kommende – x86-Rechenbeschleuniger Xeon Phi Knights Hill (KNH). Eigentlich sollte dieser 10-Nanometer-Chip den für 2018 geplanten 180-Petaflops-Rechner Cray Aurora des Argonne National Lab antreiben. Der prestigeträchtige Millionendeal ist Teil des US-amerikanischen Rennens zum Exaflop-Supercomputer – man möchte unbedingt gegen China gewinnen. Doch mittlerweile ist klar: Aurora kommt nicht wie geplant. Intel und Cray konnten das mächtige US-Department of Energy (DoE) aber davon überzeugen, 2021 einen „neuen Aurora“ mit über 1 Exaflops zu liefern. Hier soll neuartige, noch geheime Technik zum Einsatz kommen. Da steigt die Spannung vor dem Branchentreff Supercomputing 2017 (SC17) ab 12. November in Denver.

Vielleicht verrät AMD dort auch schon mehr zu kommenden Epycs. Ein „Rome“ mit Zen-2-Technik ist schon als Nachfolger avisiert, auch von sockelkompatiblen Upgrades war die Rede: Solche müssten eine TDP um 180 Watt wie die aktuellen Zen-Epycs haben und man erwartet 48 Kerne, also 50 Prozent mehr als beim aktuellen Epyc 7601 (32). Nun hört man von einem „Starship“-Epyc mit 64 Kernen, aber mehr als 200 Watt. Vielleicht ist das eine High-End-Version wie bei den seligen HE-Opterons für OEM-Boards mit stärkeren Wandlern. Vor Ende 2018 sind jedenfalls keine Zen-2-Prozessoren zu erwarten, denn Globalfoundries muss erst die 7-nm-Fertigung auf Touren bringen. Auf verbesserte Chips mit „Zen+“ aus der 12-nm-Produktion kann man wohl früher hoffen.

Der Cray/Intel-Superrechner fürs Argonne National Lab kommt als ALCF-3 (A21) drei Jahre später, rechnet dann aber fast fünfmal schneller. Bild: DoE/ASAC, Barbara Helland

Auf der SC17 liefert der „Going ARM“-Workshop neues von ARM-Servern, etwa zum 48-Kerner Qualcomm Centriq 2400. Dessen Konkurrent X-Gene 3 sieht einem ungewissen Schicksal entgegen, sein Entwicklerteam ging mit dem Kauf von Applied Micro (APM) an Macom und wurde nun an die Carlyle Group verkauft, eine Firma für „Alternative Asset Management“. Was sie mit dem X-Gene will, ist unklar – hoffentlich geht es nicht bloß darum, das Patent-Portfolio durch Klagen zu versilbern. Klarer sind die Interessen der chinesischen Investoren von Canyon Bridge, die sich außer Lattice Semiconductor auch den PowerVR-Entwickler Imagination Technologies einverleiben wollen, nachdem letzterer seine 2012 zugekaufte MIPS-Sparte an den Investor Tallwood veräußerte.

Auch der Cavium ThunderX2 dürfte auf der SC17 zu sehen sein, steckt er doch etwa im wassergekühlten Supercomputer-(HPC-)Einschub Atos Bull Sequana X1310 alias Dibona, benannt nach einem 3000er-Gipfel im französischen Alpengebiet Les Écrins. Prototypen mit zwei 32-kernigen ThunderX2 laufen wohl beim Projekt Mont Blanc, das einen europäischen Weg zum Exascale-Supercomputer sucht – ausgerechnet in der katalanischen Hauptstadt Barcelona, wo derzeit viele eher auf Abspaltung als auf Gemeinsinn setzen. Das könnte die Brexit-Kopfschmerzen der europäischen HPC-Gemeinde weiter steigern.

Der fertige Dibona soll erst 2018 ausgeliefert werden und lässt sich dann lustigerweise auch mit dem x86-Rechenbeschleuniger Intel Xeon Phi kombinieren. HPC auf ARM geht übrigens auch noch mit Fortran, und zwar über das Frontend Flang für LLVM. Das wirft ein Schlaglicht auf den x86-Erfolg: Hier läuft fast jeder Code.

Mal sehen, wie sich diesbezüglich die andere x86-Alternative Power9 schlägt, die eigentlich noch 2017 debütieren soll – na ja, es sind ja noch fast 30 Werktage übrig. IBM hat wohl schon „Witherspoon“-Systeme mit Power9 an die Lawrence Livermore und Oak Ridge National Labs geliefert, die damit 2018 weit nach oben auf die Top500-Liste wollen. (ciw@ct.de)