c't 22/2017
S. 74
Test
Sprachassistenten: Echo-Klone
Aufmacherbild

Alexas Stiefschwestern

Smarte Lautsprecher mit Amazons Sprachassistentin

Wer sich daheim mit Alexa unterhalten wollte, musste bisher ein Amazon-Gerät wie den Echo-Lautsprecher kaufen. Mittlerweile sind smarte Speaker mit „Alexa inside“ auch von Drittanbietern zu haben.

Oft folgen Hersteller einer simplen Abschottungslogik, wenn es um die Einführung innovativer Produkte geht: Sie versuchen auf Teufel komm raus zu verhindern, dass Mitbewerber Funktionen kopieren, dank derer sich ihre Geräte aus der Masse herausheben. Demzufolge müsste Amazon als Anbieter der smarten „Echo“-Lautsprecher eigentlich etwas dagegen haben, wenn andere Hersteller die darin integrierte Sprachassistentin Alexa in ihren eigenen Produkten nutzen wollen. Das Gegenteil ist der Fall: Amazon stellt mit dem sogenannten Alexa Voice Service (AVS) sogar einen Cloud-Dienst bereit, um interessierte Dritthersteller bei ihren Projekten aktiv zu unterstützen.

Der Voice Service ist kein Feigenblatt: Damit ausgestattete vernetzte Geräte ersetzen Echo und Echo Dot praktisch komplett. Wie dort kann man über Sprachbefehle beispielsweise Wettervorhersagen und Kalendereinträge abrufen, sich Musik über TuneIn und Amazon Music streamen lassen oder Smart-Home-Geräte steuern – und bekommt jeweils exakt dieselben deutschen Rückmeldungen mit der bekannten Stimme wie beim Original. Passend dazu erscheinen die AVS-Lautsprecher auch in der offiziellen Amazon-Alexa-App. Lediglich beim Setup und bei einigen Sonderfunktionen gibt es Unterschiede zum Original – dazu später mehr.

Qual der Wahl

Wir haben uns stellvertretend drei hierzulande erhältliche „Smart Speaker“ mit integrierter Amazon-Sprachassistentin in die Redaktion kommen lassen: den von Pearl vertriebenen Auvisio QAS-300, den iLuv Aud Click und den Triby Family von Inoxia. Diese „Echo-Klone“ sind allesamt portable, vernetzte Lautsprecher; Amazons Sprachassistentin lässt sich damit also dank Akku nach Belieben im ganzen Haus und im Garten nutzen, solange die Lautsprecher eine WLAN-Verbindung zum Internet haben. Diese Produktkategorie würde es ohne AVS hierzulande bis heute gar nicht geben: Amazon selbst bietet seinen batteriebetriebenen „Echo Tap“ nach wie vor nur in den USA an.

Zum Kasten: Alexa im Auto

Die getesteten Modelle von Auvisio und iLuv kennen – wie der amerikanische Echo Tap – keinen „Hands-Free“-Modus. Hier muss man daher immer erst einen Knopf auf der Oberseite drücken, um Alexa zu aktivieren. Das Aktivierungswort als solches benötigt man dann allerdings nicht mehr, sondern kann direkt mit den Befehlen beginnen. Triby bekam hingegen nachträglich einen „Hands-Free“-Modus, der sogar über den Funktionsumfang des Tap hinausgeht: Er steht auch im Akkubetrieb zur Verfügung.

Mehr als Echo

Der Triby ist ein gutes Beispiel dafür, dass Fremdhersteller sich nicht an Amazons Echo-Konzept halten müssen: Das in den USA konzipierte Gerät wurde als Küchenradio konzipiert, das vorzugsweise über Magneten am Kühlschrank befestigt ist und nebenbei als Kommunikationszentrale für die Familie dient. Erst später kam Alexa hinzu – und wurde beim Triby somit nun mit zusätzlichen Funktionen kombiniert, die man bei den Echos bislang vermisste. So bietet das Gerät eine Freisprecheinrichtung, um es über das „Hands Free Protocol“ von Bluetooth mit einem Smartphone zu koppeln. Praktisch ist auch eine VoIP-Funktion, mit der sich zwei externe Nummern per Direktwahltaste anwählen lassen. So können beispielsweise Kinder über den Triby per Knopfdruck ganz ohne Telefon Kontakt zu den Eltern aufnehmen.

Die Echo-Klone werden über die Apps der Hersteller mit Alexa verknüpft.

Auf dem schicken E-Ink-Display lassen sich über die Triby-App von Familienmitgliedern Mitteilungen einblenden. Trifft eine neue Nachricht ein, fährt seitlich am Gerät eine Kunststofflasche aus. Schließlich fungiert das Kistchen als Internetradio mit zwei Stationstasten. All diese Sonderfunktionen des Triby existieren allerdings abseits des Alexa-Kosmos. Die einzige Überschneidung konnten wir feststellen, wenn wir die Lautstärke per Spracheingabe regulierten: Dann veränderte sich auf dem E-Ink-Display auch die Anzeige entsprechend. Ein Amazon Show (siehe S. 70) ist der Triby aber trotz seines Displays nicht.

Musikmacher

Eine Einschränkung teilen die drei Testkandidaten mit dem US-amerikanischen Echo Tap: Sie lassen sich nicht für Amazons neue Multiroom-Musik-Lösung nutzen; das ist aktuell nur mit Echo und Echo Dot möglich. Sowohl Auvisio und iLuv bieten aber eine eigene Musikverteillösung an, die sich mit mehreren baugleichen Geräten nutzen lässt.

Einmal im Amazon-Konto, tauchen die Geräte auch in der Alexa-App auf.

Darüber hinaus sind die drei Kandidaten keine Alternative für Nutzer, die per Kommandos an Alexa Musik über Spotify abrufen wollen. Dies ist aktuell nur bei den Amazon-eigenen Modellen möglich – obwohl Invoxia auf seiner Website damit aktiv beim Triby wirbt. Woran das konkret liegt, konnte uns auch Amazon nicht mitteilen. Spotify ist bei Auvisio, iLuv und Triby aber zumindest über die zum Gerät gehörige Mobilgeräte-App beziehungsweise die Spotify-App auf dem Handy nutzbar. Ein kleines Trostpflaster mag für manche Anwender sein, dass die Echo-Klone von Auvisio und iLuv im Unterschied zum Original auch über Bluetooth Audiosignale entgegennehmen.

Nicht nur Lautsprecher: UBTech Robotics arbeitet an einem humanoiden Roboter mit Alexa-Integration über AVS.

In Sachen Sound können Triby und Pearls Auvisio QAS-300 durchaus mit Amazons großer Echo-Tonne mithalten. Der QAS-300 ist erfreulich bassstark, überschlägt sich allerdings klanglich, sobald man den Lautsprecher voll aufdreht. Der Triby liefert sauberen Sound bis zur vollen Lautstärke und – abhängig von der Hörposition – sogar ein räumliches Klangerlebnis. In Sachen Sound weit abgeschlagen liegt der iLuv Aud Click; der Mini-Speaker ist eigentlich nur für die Sprachausgabe zu gebrauchen.

Echo-Echo

Klar ist bereits, dass die getesteten Smart Speaker lediglich der Anfang einer ganzen Welle von Produkten mit „Alexa inside“ sind: Mittlerweile haben etliche Hersteller vernetzte Lautsprecher mit integrierter Sprachsteuerung angekündigt. Dazu zählt unter anderem Anker, von dem es ab Oktober für 50 Euro unter dem Namen „Eufy Genie“ einen Klon des Echo Dot geben soll, allerdings ohne Bluetooth. Ein Vorabmodell ließ sich bereits in Betrieb nehmen, sprach allerdings nur Englisch. Preislich ebenfalls eher im unteren Segment ist Medions P 61110 angesiedelt, der für 100 Euro im vierten Quartal auf den Markt kommen soll und als besonderes Feature einen analogen Audioeingang bieten wird.

Referenzdesign eines Fernfeld-Mikrofon-Arrays für Entwickler smarter Lautsprecher mit AVS-Anbindung

Das Herausstellungsmerkmal von Harman Kardons ab Winter für rund 280 Euro erhältlichem Modell Allure ist eine Plexiglaskuppel mit integrierter Beleuchtung. Diese visualisiert Sprachausgaben des Smart Speakers oder pulsiert zur gerade laufenden Musik. Onkyo wird voraussichtlich Ende Oktober den VC-PX30 alias „P3“ für rund 230 Euro auf den deutschen Markt bringen. Das Gerät unterstützt neben Alexa das Musikverteilsystem DTS Play-Fi. Von iHome kommt mit dem iAVS16 wiederum ein typischer Radiowecker mit integriertem Dock – wann und zu welchem Preis ist aber aktuell noch nicht bekannt.

Tabelle
Tabelle: Smarte Lautsprecher mit Alexa

Invoxia schließlich will mit „Triby IO“ eine leicht überarbeitete und erweiterte Fassung des Triby herausbringen. Wer lieber die IO-Variante haben möchte, muss sich aber noch gedulden: Bislang lässt sich das Gerät nur vorbestellen, ein Auslieferungsdatum nannte der Hersteller noch nicht.

Wer eine im wahrsten Sinne des Wortes noch mobilere Lösung als die hier vorgestellten portablen Alexa-Lautsprecher sucht, sollte einen Blick auf den Kasten auf Seite 75 werfen. Darin stellen wir aktuelle Alexa-Lösungen fürs Auto vor. Unabhängig davon, ob man unter den aktuellen smarten Lautsprechern mit Alexa-Integration bereits ein Modell für den eigenen Geschmack findet oder nicht: Mithilfe des Alexa Voice Service ist Amazon dabei, ein komplettes Alexa-Universum zu schaffen, in dem sicherlich noch viele und vor allem unerwartete Lösungen entstehen. (nij@ct.de)