c't 22/2017
S. 130
Kinderleicht
Stadterkundung per App

Stadt-Check

Das eigene Viertel per App entdecken und fotografieren

Diese App schickt Kinder vor die Tür: Mit „#stadtsache“ können sie dokumentieren, was ihnen an ihrer Stadt oder ihrem Viertel besonders gut gefällt und was nicht. Gleichzeitig will die App auch dazu anregen, wie beim Spieleklassiker „Ich sehe was, was Du nicht siehst“ ganz genau hinzuschauen.

Die kostenlose Kinder-App #stadtsache steckt voller Anregungen, das städtische Umfeld zu erkunden. „Welches Graffiti gefällt Dir?“ oder „Wo ist die Stadt zu laut? Mach ein Foto und nimm die Geräusche auf.“ sind typische Fragen der App, mit denen Kinder angeregt werden, sich eine Meinung über ihren Wohnort zu bilden und diese mitzuteilen. Andere Aufgaben schärfen den Blick fürs Detail: für Häuser, die einen Namen haben zum Beispiel, für falsch zusammengesetzte Pflastersteine oder Pflanzen, die aus Mauerritzen wachsen.

Herunterladen

Um die App kompetent zu nutzen, sollten Kinder verantwortungsvoll mit dem Smartphone umgehen können und wissen, wie sie dessen Kamera verwenden; auch solide Lese- und Schreibkenntnisse sind nötig. Von der Website zum #stadtsache-Projekt aus gelangen Sie und/oder Ihr Kind per Klick auf das rote Foto für den „App“-Bereich zum Download der iOS- oder Android-Version.

Auf der Website finden sich aber auch Downloads für jüngere Kinder: Hinter dem briefkastengelben Foto für den „Workbook“-Bereich gibt es zehn DIN-A4-Bögen mit Anregungen zum Stadt erkunden, Baumscheiben bepflanzen und Straßenmalfarben mixen; es handelt sich um einen Auszug aus dem Buch „Jetzt entdecke ich meine Stadt“ aus dem Beltz Verlag. Lehrer und Freizeitpädagogen finden hier künftig Material mit Tipps und Ideen für Kindergruppen durch gut dokumentierte Projekte.

Wer in der Startseite auf das blaue Foto klickt, erhält kindgerecht formulierte Ratschläge rund ums Fotografieren. Sie reichen von Tipps für Licht und Farbe im Bild über den Goldenen Schnitt bis zum Recht am eigenen Bild. Das grüne Foto führt zum „Stadt-Check“: Hier können Kinder ihren Wohnort online bewerten, indem sie für Spielplätze, Radwege, Öffis, Stimmung und Mitbestimmung Noten vergeben.

Die #stadtsache-App gibt es kostenlos, ohne Werbung oder In-App-Käufe. Sie ist so simpel gestrickt, dass Kinder sehr schnell damit zurechtkommen. Die Eltern haben anfangs vermutlich mehr Probleme, denn manches ist hier anders als anderswo.

Ausprobieren

Eine Weltkarte dient als Startbildschirm. Von hier führt das Zahnrad oben links nicht etwa zu den Programmeinstellungen. Es ist vielmehr der Dreh- und Angelpunkt der App. Über das Zahnrad gelangt man zu den „Sammlungen“, das sind thematisch sortierte Aufgaben-Listen, beispielsweise unter der Überschrift „Grünes“, „Poetisches“ oder „Technisches“. Die Technik-Liste enthält dann wiederum Fragen wie „Wo gibt es ein schnelles, offenes WLAN-Netz?“ oder Aufgaben wie „Mach ein kleines Erklärvideo zu einem Fahrkartenautomaten!“

Mit #stadtsache dokumentieren Kinder ihre Sicht auf ihren Stadtteil und auch Wünsche nach mehr Spielmöglichkeiten.
Die vorgegebenen Fragen und Aufgaben der App lenken den Blick auf ganz bestimmte Motive.

Über „Meine Fundsachen“ erreicht man eine Übersicht aller innerhalb der App bereits geschossenen Fotos. Tippt man ein Vorschaubild an, präsentiert die App das Vollbild und eine Reihe von runden Knöpfen zum Bearbeiten. Über ein Pin-Icon kann man von hier in einen Google-Maps-Ausschnitt wechseln, in dem eine kleine Markierung anzeigt, wo das Foto aufgenommen wurde. Zum Bemalen des Fotos gibt es einen Pinsel und einen Farbeimer – der ist aber nur sinnvoll in Verbindung mit der Radiergummi-Funktion, mit der sich Teile des vollständig von Farbe verdeckten Motivs wieder freirubbeln lassen. Einfache Werkzeuge zum Drehen und Spiegeln sind ebenfalls vorhanden; das Beschnitt-Werkzeug versagte im Test auf einem Moto Z Play den Dienst. Ein paar Wörter zur Beschriftung lassen sich im Foto platzieren. Wer ein, zwei ganze Sätze dazuschreiben möchte, wählt dafür besser das separate Textfeld unter dem Foto.

Mitunter ist es gar nicht so leicht, die Fragen der App zu beantworten.

Das Fotografieren selbst gelingt leicht, weil die App zur Kameranutzung nur die absoluten Basics anbietet. Zudem gibt es bei #stadtsache nur ein quadratisches Einheitsformat. Um Fotos zu schießen, wechselt man zurück zur Weltkarten-Ansicht und tippt auf den roten Kameraknopf unten. Die App präsentiert dann das, was sich vor der Linse befindet, in einer Art Polaroid-Ansicht: als quadratischen Ausschnitt mit breitem weißem Rand. Hier kann man noch eine Blitzeinstellung wählen (an, aus, Automatik) und zwischen den Kameras auf der Vorder- und Rückseite des Handys umschalten – das wars. Durch kurzes Tippen auf den roten Knopf schießt man ein Foto, längeres Halten des Knopfes startet eine Video-Aufnahme, die so lange läuft, wie der Finger auf dem Knopf bleibt.

Die App #stadtsache regt Kinder dazu an, ihre Umgebung aufmerksam zu erkunden.

Fotos werden grundsätzlich auf dem Server des Anbieters abgelegt, wobei man entscheiden kann, ob dies nichtöffentlich in der eigenen Sammlung geschieht oder für alle #stadtsache-Nutzer sichtbar in einer der vorgegebenen Sammlungen.

Für manche Aufgaben müssen Dinge gezählt werden, Kanaldeckel beispielsweise oder Kaugummis, die auf dem Asphalt kleben. Dafür gibt es eine Zählfunktion. Schließlich kann man auch gelaufene Strecken als Tracks aufzeichnen. Das funktioniert auch, wenn die App im Hintergrund läuft; sie muss also nicht während der gesamten Aufzeichnung geöffnet sein. Routen können unterbrochen und fortgesetzt werden und aus maximal 5000 GPS-Koordinaten bestehen.

Mitmachen

Mit #stadtsache können Kinder anderen Kindern mitteilen, wo sich ihre Lieblingsspielplätze befinden. So kann nach und nach eine Karte voller Kinderkommentare entstehen. Noch ist das Ganze in der Entwicklung. Bisher sind keine Quotas für die Speicherung der Fotos aktiv und es gilt auch noch keine Obergrenze für die Zahl der abgelegten Bilder. Mit jedem Update kommen neue Funktionen, aber auch weitere Fragen und Aufgaben hinzu. So kann man Bilder seit dem Update auf Version 2.7 nun auch nachträglich hochladen, falls sie GPS-getagged sind. Auf diese Weise lassen sich Fotos mit einer Bildbearbeitungs-Apps detailliert nachbearbeiten, bevor sie in #stadtsache landen – einerseits führt das zu fotografisch besonders ansprechenden Fundstücken, andererseits hat die App damit aber ein wenig von ihrem Quick-and-dirty-Charme eingebüßt.

Mit kurzen Texten können kleine Stadtforscher beschreiben, was ihnen an ihren Lieblingsplätzen gefällt.

Ebenfalls neu ist die Option für eine „vereinfachte Anzeige“, die sich für ältere Mobilgeräte empfiehlt, da sie auf aufwendige Grafikdetails verzichtet. Außerdem kann man in Version 2.7 festlegen, dass neue oder bearbeitete Fotos erst dann hochgeladen werden, wenn das Mobilgerät mit einem WLAN verbunden ist – kostenpflichtige Mobilfunkverbindungen werden so geschont. Bisher wurden aus der App heraus erstellte Fotos und Videos automatisch sowohl auf dem Server des Anbieters als auch in der Fotogalerie des Mobilgeräts abgelegt. Dieses doppelte Speichern kann man jetzt in den Einstellungen der App unterbinden.

Zum Kasten: Der c’t-Tipp für Kinder und Eltern

Die Anbieter arbeiten mit zahlreichen Kommunen zusammen, um bei der Stadtplanung und -entwicklung den Wünschen und Bedürfnissen von Kindern mehr Gewicht zu geben. Das Projekt wird von der Landesinitiative StadtBauKultur NRW 2020 gefördert – dadurch ist die Nutzung der App durch Einzelpersonen kostenlos. Um in einer nichtöffentlichen Gruppe eigene Fragen und Aufgabenstellungen einzurichten, benötigen Gruppenleiter einen Admin-Zugang; diese Art der Nutzung soll pro Teilnehmer für sechs Monate 10 Euro kosten. Für Gruppen ab 100 Teilnehmern wollen die Anbieter Sonderkonditionen gewähren. (dwi@ct.de)