c't 15/2017
S. 64
Hintergrund
Gastronomie
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Robo-Koch

IT in der Gastronomie

Durchschnittlich 140 Mal pro Jahr geht jeder Bundesbürger auswärts essen, Tendenz steigend. Um die täglich mehr als 30 Millionen Gäste bewältigen zu können, setzt die Branche zunehmend auf IT. Auch in die Küchen zieht immer mehr Computertechnik ein – bis hin zu Robotiksystemen, die Speisen auf Knopfdruck wie Spitzenköche zubereiten sollen.

Punkt 12 Uhr. An der Essensausgabe der Heise-Kantine in Hannover bildet sich die erste Schlange. Für 3,60 Euro gibt es heute Hähnchenbrustfilet mit Lauch und Pilzen an Langkornreis. Etwas günstiger ist das Fit-Menü, einen Euro teurer der Lachs auf italienischen Bandnudeln. Rund 150 Essen produzieren die Köche pro Tag.

Einige Kollegen marschieren auch rüber zur Mensa der Medizinischen Hochschule, wo unter der Woche ebenfalls drei Hauptgerichte zur Auswahl stehen. Weitere günstige Mittagstisch-Optionen bieten das nahegelegene Einkaufszentrum mit heißer Theke sowie diverse Restaurants und Schnellimbisse in der Umgebung.

So geht es Millionen von Menschen in Deutschland: Sie kochen nicht mehr selbst, sondern nehmen Mahlzeiten immer häufiger in Restaurants, Kantinen, Mensen oder Imbissen ein. Statistisch gesehen geht jeder Bundesbürger inzwischen mehr als 140 Mal pro Jahr auswärts essen, rechnet die Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie (BVE) vor. Der Anteil der Verbraucher, die so gut wie gar nicht mehr selbst kochen, überstieg laut BVE im Jahr 2015 erstmals die Vierzig-Prozent-Marke.

Eingebaute Kochintelligenz

Für die Köche und Mitarbeiter in den Kantinen, Mensen und Restaurants bedeuten mehr Gäste auch mehr Arbeit. Deshalb sind sie in der Regel für jedes technische Gerät dankbar, das ihnen den harten Job etwas erleichtert. Eines der intelligentesten Geräte für Groß- und Gewerbeküchen produziert seit Jahren ein mittelständisches deutsches Unternehmen, das außerhalb der Gastronomie allerdings kaum bekannt ist.

Das britische Unternehmen Moley Robotics will ab 2018 eine komplette Küchenzeile mit Roboterarmen vermarkten. Das System soll Speisen wie ein Chefkoch zubereiten können. Bild: Moley Robotics

Die Rational AG mit Sitz in Landsberg am Lech baut unter dem Namen „SelfCookingCenter“ (SCC) bis zu schrankgroße Kochautomaten mit Touchscreen-Bedienung, die Speisen nach Anwählen weniger Parameter wie Garprodukt (z. B. Großbraten), Zubereitungsart (mit Kruste), Bräunungsgrad (hell) und innerer Garzustand (rosa) weitgehend selbstständig und mit konstanter Qualität zubereiten. Grillen, Backen, Braten, Dämpfen, Dünsten, Blanchieren oder Pochieren – Herstellerangaben zufolge deckt ein SelfCookingCenter 95 Prozent aller gängigen Kochanwendungen ab.

In den größten Geräten, die je nach Ausführung bis zu 30.000 Euro kosten, können beispielsweise 150 Lachsfilets innerhalb von 8 Minuten auf den Punkt gegrillt, 200 panierte Schnitzel in 12 Minuten knusprig gebraten oder 80 Kilogramm Broccoli in 15 Minuten gedünstet werden. Die mit Dampf und Heißluft arbeitenden Geräte sind zudem in der Lage, die Größe von Fleischstücken sowie die Beschickungsmengen zu erkennen und darauf basierend selbstständig die ideale Hitze, Feuchtigkeit und Garzeit einzustellen.

Dazu sind in den Geräten zahlreiche Sensoren verbaut, die Informationen zu Temperaturen im Garraum, Luftfeuchtigkeit, Luftströmung oder auch Partialdrücken in der Garraum-Atmosphäre liefern. Algorithmen verarbeiten diese Echtzeit-Infos, verknüpfen sie mit Erfahrungswerten und füttern damit die Steuersoftware. Eine besondere Rolle kommt den aufwendig konstruierten Lüfterrädern der SelfCookingCenter zu, die von Papst-Motoren angetrieben werden und in der Lage sind, Feststoff- und Flüssigkeitspartikel während der Speisezubereitung aus dem Garraum abzuscheiden.

„Wie wir das alles genau machen, bleibt aber unser Geheimnis“, sagt Theodor Tumbrink, Leiter Produktmanagement bei Rational. Das gilt auch für die automatische Reinigungsfunktion, die erkennen kann, wie stark die Geräte nach dem Gebrauch verschmutzt sind. Grundsätzlich lassen sich dafür Infrarot-, Schall- oder auch Widerstandssensoren nutzen, ebenso Messungen von pH-Wert und Leitfähigkeit ausströmender Substanzen.

Vernetzung mit der Cloud

Jeder siebte der rund 950 Rational-Mitarbeiter in Deutschland ist in der Forschung und Entwicklung tätig. Die Geräte-Software programmiert das Unternehmen selbst, bei der Konzeption der elektronischen Baugruppen arbeitet Rational seit Jahren mit dem deutschen Embedded-Spezialisten TQ-Systems zusammen. Im Vergleich zu modernen Smartphones oder PCs ist der Bedarf an Rechen- und Speicherleistung zur Steuerung der Geräte zwar gering, aber auch die SelfCookingCenter werden kontinuierlich an die moderne IT-Welt angepasst.

Waren die Geräte bislang schon mit USB- beziehungsweise Ethernet-Schnittstellen ausgestattet, um Software-Updates oder neue Garprogramme einzuspielen, ist seit Anfang des Jahres zudem die Einbindung in eine Cloud-Infrastruktur möglich. Dort lassen sich dann zum Beispiel HACCP-Daten (Hazard Analysis and Critical Control Points) sichern – der Nachweis, dass die Küche wichtige Hygienevorschriften wie Mindestgartemperaturen eingehalten hat.

„ConnectedCooking“ heißt dieses Konzept bei Rational und wird – zumindest teilweise – auch für andere Produkte des Unternehmens wie das VarioCooking Center (offene Brat-/Kocheinheit) angeboten. Nutzer können registrierte Geräte über verschlüsselte Verbindungen per Smartphone oder Tablet aus der Distanz ansteuern und überwachen, selbst wenn die Geräte auf verschiedene Standorte verteilt sind.

Mehr als 800.000 intelligente Garsysteme hat Rational eigenen Angaben zufolge bislang verkauft – und gilt damit als Weltmarktführer bei der thermischen Speisezubereitung in Profiküchen. Zu den Kunden gehören Sterne-Restaurants und Luxushotels, ebenso Gasthäuser, Café-Betreiber, Krankenhäuser, Schulverpflegungs-Caterer und Betriebskantinen. SelfCookingCenter werden auch zur Essensversorgung der rund 5000 Mitarbeiter eingesetzt, die der Chip-Konzern Intel im indischen Bangalore beschäftigt. Die global agierende Fast-Food-Kette Kentucky Fried Chicken (KFC) setzt in vielen ihrer Restaurants ebenfalls Produkte von Rational ein.

Roboterküche

Während sich intelligente Garsysteme bereits einen festen Platz als Koch-Assistenten in vielen Groß- und Gewerbeküchen gesichert haben, konzentrieren sich andere kommerziell erhältliche Automatisierungslösungen für die Gastronomie vor allem auf den Transport und das Reinigen von Tellern, Bestecken oder Tabletts. Kaum Chancen im Produktiveinsatz haben derzeit noch humanoide Roboter, denen einfallsreiche Tüftler ebenfalls Kochfertigkeiten beibringen wollen.

Die SelfCookingCenter von Rational gibt es in verschiedenen Größen. Das Modell SCC 101 (links) kostet rund 12.000 Euro, der kleine Bruder XS ist ab 7000 Euro erhältlich. Bild: Rational AG

Wer schon mal kurz vor dem Mittag in einer Großküche war, weiß, wie hektisch es dort zugeht. Oft muss in Sekundenschnelle gehandelt werden: Die Mehlschwitze für die Béchamelsauce brennt gerade an; die „medium rare“ bestellten Steaks liegen auch schon zu lange. Und wo ist eigentlich die verdammte Schöpfkelle für die Klöße? Die müssen sofort raus! Diesem Stress sind humanoide Roboter längst noch nicht gewachsen.

Aber es gibt sie trotzdem: Roboter, die Speisen zubereiten. Das Institut für künstliche Intelligenz der Uni Bremen beispielsweise bringt seinen beiden Zwei-Arm-Robotern „PR2“ und „Boxy“ durch Vormachen derzeit Bewegungsabläufe bei, die Voraussetzung für das Zubereiten von Pizza, selbstgemachtem Popcorn oder auch das Backen von Pfannkuchen sind. Zwar würde sich kaum ein seriöser Gastronom trauen, die bisherigen Ergebnisse zahlenden Gästen vorzusetzen – die Roboter sollen ihre Fähigkeiten aber insbesondere über maschinelle Lernverfahren sukzessive verbessern.

Noch einen Schritt weiter geht das britische Unternehmen Moley Robotics: Die Londoner Firma will ab 2018 ganze Küchenzeilen mit Kochfeld, Ofen und Spüle vermarkten, die ebenfalls mit zwei Roboterarmen ausgestattet sind. Auch hier besteht die Idee darin, einen Koch zunächst sämtliche Arbeitsschritte einer Speisezubereitung inklusive Gerätebedienung vormachen zu lassen. Die Abläufe werden dabei mit 3D-Kameras gefilmt und über Bewegungssensoren erfasst, die der Koch während der Demonstration an beiden Handgelenken trägt.

Um selbst feinfühlige Bewegungsabläufe wie das Aufschlagen von Zutaten mit dem Schneebesen reproduzieren zu können, stecken an beiden Roboterarmen Greifsysteme, die der Anatomie menschlicher Hände nachempfunden sind: vier Finger, ein Daumen, Gelenke zwischen den einzelnen Gliedern. Jeweils zwanzig Elektromotoren sorgen dafür, dass die Roboterhände so gut wie alles nachmachen können, was ihnen vorgeführt wird. Zusätzlich sind taktile Sensoren verbaut, die Einwirkungen mechanischer Kräfte an den Fingerspitzen erfassen.

Mit der Bewegungsaufzeichnungstechnik will Moley Robotics nach und nach eine große Rezept-Bibliothek aufbauen. Kunden, die eine solche Roboter-Küchenzeile kaufen – derzeit ist ein Preis von rund 100.000 US-Dollar im Gespräch –, sollen dann online auf die Rezepte zugreifen und ihr System mit den jeweiligen Bewegungsdaten füttern können.

Ganz wie von Geisterhand wird es für Kunden aber nicht ablaufen. Im Gegenteil: Ihnen kommt dann die Rolle eines Beikochs zu. Schließlich müssen die Zutaten zunächst den Vorgaben entsprechend vorbereitet und an der richtigen Stelle platziert werden, damit der Robo-Koch nicht aus dem Rhythmus kommt.

Döner, Burger, Pizza

Insellösungen zur robotergestützten Automatisierung von Arbeitsprozessen in der Gastronomie tauchen immer wieder auf. Allerdings bleiben viele Produkte den Beweis einer dauerhaften Einsatztauglichkeit schuldig – was für Gastronomen aber nicht unbedingt nachteilig sein muss. Denn häufig reicht schon die Nachricht über einen angeblich revolutionären neuen Döner-, Burger- oder Pizza-Roboter, um die Aufmerksamkeit und damit den Umsatz des eigenen Geschäfts zumindest temporär zu steigern.

Roboter beim Kochen: Das Institut für künstliche Intelligenz der Uni Bremen bringt „Raphael PR2“ (rechts) und „Boxy“ (rote Arme) Bewegungsabläufe in der Küche bei. Pepper (links) ist für den Service zuständig. Bild: dpa / Ingo Wagner

Oft handelt es sich bei den Gerätschaften bei näherem Hinsehen auch gar nicht um Roboter, sondern um normale Maschinen, die – mit etwas Sensorik ausgestattet – dem Menschen Arbeit abnehmen sollen. So etwa in Wolfratshausen: In der Kleinstadt nahe München schneiden Mitarbeiter eines beliebten Kebap-Hauses das Fleisch vom Döner-Spieß neuerdings nicht mehr selbst mit dem Elektromesser ab, sondern lassen eine fest installierte Maschine von Korkmaz Mekatronik ran. Die säbelt auf Knopfdruck dann im 3-Sekunden-Takt hauchdünne Fleischstreifen runter – erreicht aber 25 Prozent der Spieß-Fläche gar nicht, weshalb dann doch wieder der Mensch eingreifen muss.

Auch „Flippy“, ein neuer „Burger-Roboter“ aus Kalifornien, mit dem die US-Restaurantkette CaliBurger derzeit Werbung macht, ist hinsichtlich seiner Einsatzmöglichkeiten ziemlich beschränkt. Das von Miso Robotics konzipierte Roboterarm-System erkennt über integrierte Videokameras zwar Brötchenhälften und Fleischbrätlinge (sogenannte Patties), greift diese mit einer Art Schaufelbagger und wendet sie auf dem Grill – von der Herstellung eines kompletten Burgers ist das System aber noch meilenweit entfernt.

Gleiches gilt für den neuen „Pizza-Roboter“, den „Zume Pizza“, ein ebenfalls in Kalifornien angesiedelter Lieferdienst, jüngst vorgestellt hat. Das einzige, was der in die Produktionskette integrierte Roboterarm von ABB Automation während des gesamten Herstellungsprozesses macht, ist die weiterhin von Menschen belegte Pizza am Ende eines Förderbandes aufzunehmen, sich um 90 Grad nach rechts zu drehen und die Pizza auf ein weiteres Förderband zu legen, das in den Ofen führt. Geht so etwas als „Pizza-Roboter“ durch? Wohl eher nicht.

Digitalrestaurant

Viel faszinierender ist da schon das neue Restaurant-Konzept, mit dem die Firma „Eatsa“ aus San Francisco derzeit große Erfolge feiert. Bei Eatsa gibt es keine Kellner und Bedienungen, die Bestellungen aufnehmen, Speisen oder Getränke servieren und Rechnungsbeträge kassieren. Vielmehr sind in den Restaurants der Veggie-Kette bis auf die eigentliche Speisezubereitung alle Vorgänge digitalisiert und automatisiert.

Bestellungen geben Gäste entweder an einem von mehreren iPad-Terminals im Restaurant oder über das eigene Smartphone auf. Während Kunden noch mit dem Legitimieren der Bezahlung per PayPal, Kreditkarte oder Apple Pay beschäftigt sind, ist die Bestellung bereits in der Küche angekommen, die sich hinter einer großen Wand aus nummerierten Einzelboxen mit Frontscheiben aus transparenten und interaktiven LC-Displays verbirgt.

Für die Zubereitung der Quinoa-Bowl-Gerichte und Salate brauchen die Mitarbeiter hinter den Kulissen nur ein bis zwei Minuten. Ist eine Bestellung fertig, wird sie von hinten in einer der Ausgabeboxen platziert. Auf einem großen Status-Display über den beleuchteten Boxen sieht der Kunde dann, in welchem Fach sich sein Essen befindet und kann dieses nach zweimaligem Antippen der Glasfront entnehmen.

„Wir wollten das Preisniveau und die Geschwindigkeit traditioneller Fast-Food-Ketten mit qualitativ hochwertigem und vor allem gesundem Essen verbinden – und haben Eatsa erfunden“, erzählt Tim Young, Mitgründer und CEO des Unternehmens, das zuletzt vier neue Filialen in New York und Washington eröffnet hat.

In den vegetarischen Restaurants von Eatsa sucht man Kellner vergeblich. Bestellt wird am iPad-Terminal oder über das eigene Smartphone. Ihre Speisen holen Gäste aus den beleuchteten Boxen, die transparente LC-Displays als Frontscheiben haben. Bild: Eatsa

Ein ähnliches Konzept verfolgt inzwischen auch „Data Kitchen“ in Berlin. Dort können Kunden ihr online bestelltes Essen ebenfalls aus einer digitalen „Food Wall“ mit Einzelboxen entnehmen. Ein per Mail aufs Smartphone geschickter Link dient als Klappenöffner.

In Asien sind hochautomatisierte Restaurants schon länger gang und gäbe. Wer beispielsweise in Tokio in einer Filiale von Genki Sushi speist, gibt seine Bestellungen nicht nur an einem Tablet-PC auf – das Essen kommt sogar per Förderband direkt bis an den Platz gefahren. Aber auch in Deutschland ersetzen Tablet-PCs immer häufiger die Speisekarte beziehungsweise den Bestellblock des Kellners.

Das IchiBan in Hannover etwa hält für jeden seiner etwa 40 Tische ein eigenes iPad bereit – jedoch nur für Gäste, die das „All-you-can-eat“-Angebot des Sushi-Restaurants in Anspruch nehmen. Für den Betreiber hat die Umstellung auf Digitaltechnik den Vorteil, dass er die Einhaltung der Angebotsbedingungen (zwei Stunden lang maximal acht aus 65 Produkten pro Bestellrunde am Mittag, fünf aus insgesamt 103 Produkten pro Bestellrunde am Abend) viel besser kontrollieren kann. Da die Tablet-App an ein zentrales Kassen- und Warenwirtschaftssystem angebunden ist, weiß der Betreiber zudem, welche Produkte derzeit besonders gefragt sind und kann über den Wareneinsatz und den erzielten Umsatz seine Kalkulation optimieren.

Auf Tablets sogar angewiesen sind die Gaststätten und Restaurants, die Verträge mit dem auf Essenslieferung spezialisierten Berliner Unternehmen Foodora abschließen. Sie erhalten für die Dauer des Vertrags als kostenlose Leihgabe ein Android-Tablet, über das Bestellungen abgewickelt und Informationen zur Empfangsbereitschaft teilnehmender Restaurants ausgetauscht werden. Die Nutzung weiterer Apps auf den Leihgeräten ist allerdings nicht möglich.

Check-in, Check-out

Einen anderen Digitalisierungsansatz verfolgt die auf Selbstbedienung ausgelegte Pizza- und Pasta-Kette Vapiano – mit 76 Standorten und einem Umsatz von rund 193 Millionen Euro derzeit die Nummer 11 der größten Systemgastronomie-Unternehmen in Deutschland. Bei Vapiano erhalten Gäste beim Betreten des Restaurants zunächst eine kontaktlose Chipkarte. Mit dieser Smartcard können sie an den verschiedenen Live-Cooking-Stationen dann Speisen sowie Getränke an der Bar ordern, die als Einzelposten auf der Karte gespeichert werden.

Wer in Tokio in einer Filiale von Genki Sushi speist, bekommt das Essen über Förderbänder bis an den Platz gefahren. Bild: Karola Marky

Damit die Schlangen an den Bestell-Theken überschaubar bleiben, händigt Vapiano den Kunden außerdem mobile Pager aus: Ist die bestellte Pizza oder Lasagne nach einigen Minuten im Ofen fertig, vibriert beziehungsweise leuchtet das Gerät am Tisch und der Kunde weiß somit, dass er seine Bestellung abholen kann. Bezahlt wird bei Vapiano beim Verlassen des Restaurants an einem Check-out-Terminal: Ein Mitarbeiter liest die auf der Chipkarte gespeicherten Verzehrdaten ein, druckt den Kassenbon aus und nimmt die Zahlung entgegen.

Seit April 2017 können Gäste in rund fünfzig Vapiano-Restaurants ihre Bestellungen statt mit Chipkarte auch per Smartphone aufgeben. Dazu müssen sie allerdings zunächst die für Android- und iOS-Geräte erhältliche „Vapiano People App“ installieren, einen Nutzer-Account anlegen und Kreditkarten- beziehungsweise Girocard-Daten hinterlegen.

Besucht ein registrierter Kunde nun ein Vapiano-Restaurant, identifiziert er sich gegenüber dem Restaurantsystem über einen persönlichen QR-Code, der auf dem Handy-Display angezeigt und auch bei der Bestellung von Essen von den Theken-Scannern erfasst wird. Getränke hingegen lassen sich direkt aus der App ordern und werden dann an den Tisch gebracht.

Den Bezahlvorgang leiten App-Nutzer beim Verlassen des Restaurants an einem Self-Service-Terminal über das Aktivieren des Menüpunkts „Check-out“ ein. Wieder wird der persönliche QR-Code eingescannt und das Restaurant erstellt einen digitalen Kassenbon. Ist alles korrekt, autorisiert der Kunde die Zahlung entweder per Fingerabdruck oder über Eingabe einer individuellen PIN. Anschließend zieht der zur Sparkassen-Finanzgruppe gehörende Payment-Service-Provider „B+S Card Service“ den fälligen Geldbetrag im Vapiano-Auftrag ein oder belastet die Kreditkarte.

Staatssäckel

Für den Staat ist das sich stark verändernde Ernährungsverhalten der Bundesbürger ein lukratives Geschäft – denn für Essen, die in einem Restaurant, in einer Betriebskantine oder in der Schulmensa verzehrt werden, gilt meist der allgemeine Steuersatz von 19 Prozent. Speisen zum Mitnehmen – also zum Beispiel der Hamburger, den Autofahrer am Drive-Through-Schalter kaufen – unterliegen bis auf wenige Ausnahmen wie Grundnahrungsmittel hingegen dem ermäßigten Steuersatz von 7 Prozent.

Allerdings ist hinlänglich bekannt, dass in der weiterhin vor allem von Bargeld bestimmten Gastronomiebranche ziemlich getrickst wird – von der Ausstellung ominöser Zwischenrechnungen und Barbelege bis hin zur vorsätzlichen Manipulation elektronischer Kassensysteme etwa in Form sogenannter Zapper-Programme. Diese werden über den USB-Port der Registrierkasse gestartet und ermöglichen eine nachträgliche Verringerung von Tagesumsätzen bei gleichzeitiger Anpassung der Einzelumsätze.

Aber der Staat schläft nicht: Zwar dürfen in Deutschland auch künftig sogenannte offene Ladenkassen verwendet werden. Wer aber eine elektronische Registrier- oder PC-Kasse nutzt, muss seit Jahresbeginn sicherstellen, dass sämtliche Einzelumsätze aufgezeichnet und für mindestens zehn Jahre unveränderbar abgespeichert werden.

Außerdem müssen die Daten während dieses Zeitraums für Prüfzwecke jederzeit verfügbar, unverzüglich lesbar und maschinell auswertbar sein. So verlangen es die „Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff“ (GoBD) des Bundesfinanzministeriums. Wird die Kassenführung nicht ordnungsgemäß durchgeführt, kann das Finanzamt die Besteuerungsgrundlagen kurzerhand schätzen. Und das hat schon manchem Gastronom die Existenz gekostet. (pmz@ct.de)