c't 14/2017
S. 16
News
Spielemesse E3
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Blockbuster in 4K

Highlights von der Spielemesse E3

Die Xbox One X soll ab Ende des Jahres Spiele noch schöner in 4K rendern als die PS4 Pro. Sony kontert mit einer Reihe von Blockbustern und VR-Spielen für die Playstation.

Die Spielemesse E3 öffnete in diesem Jahr nicht nur Fachbesuchern, sondern erstmals auch Otto Normalverbrauchern die Türen des Convention Center in Los Angeles. So kam bei 15.000 US-Spielern richtiges Gamescom-Feeling auf, wenn sie für ein paar Minuten mit Assassin’s Creed oder Call of Duty ein bis zwei Stunden in der Schlange warten durften. Die Messe stand dabei ganz im Zeichen der großen Publisher. Sie zeigten ihre neuesten Kreationen, die bis Ende 2018 erscheinen sollen.

Microsoft stellte seine neue Xbox One X vor. Die vormals unter dem Codenamen Scorpio gehandelte Konsole ist eine aufgebohrte Variante der Xbox One S. Sie spielt dieselben Titel ab, kann aber manche davon in 4K mit HDR rendern. Zu erkennen sind diese Titel an dem Logo „Xbox One X enhanced“. Der Grafikchip ist etwa viermal so schnell wie der der Xbox One und erreicht 6 TFlops (Single Precision). Das sind zwei TFlops mehr als bei der PS4 Pro und entspricht einer Mittelklasse-Grafikkarte auf dem PC. Die Xbox-GPU soll aber schon Funktionen beherrschen, die am PC erst mit der kommenden AMD-Chipgeneration Vega zur Verfügung stehen.

Der Hauptspeicher wurde von 8 auf 12 GByte erhöht, sodass mehr Platz für hochauflösende Texturen zur Verfügung steht (die PS4 Pro hat 9 GByte). Microsoft wurde denn auch nicht müde zu betonen, dass die Xbox One X „echtes 4K“ rendere, allerdings nutzt sie mit dynamischer Auflösungen und Checkerboard Rendering ähnliche Tricks wie die PS4 Pro. Um die Leistung der neuen Xbox zu nutzen, müssen ältere Spiele gepatcht werden. Andere Xbox-Titel profitieren immerhin von besseren Grafikfiltern, höheren Frameraten und kürzeren Ladezeiten.

Die Leistung hat allerdings ihren Preis: Microsoft will die Xbox One X ab dem 7. November für 500 Euro verkaufen, 100 Euro teurer als die PS4 Pro. Wie auch die Xbox One S spielt sie UHD Blu-rays mit Dolby-Atmos-Ton ab – ein Kunststück, das die PS4 Pro nicht beherrscht. Trotz der hohen Leistung ist die Xbox One X etwas kleiner als das weiße S-Modell, dessen Preis auf 250 Euro sinkt.

Microsoft hat zwar die schnellste Konsole am Start, was ihr aber fehlt, sind eigens produzierte Blockbuster-Spiele, die diese Kraft auch ausnutzen. Zum Verkaufsstart wollen die Redmonder neben dem Autorennspiel „Forza Motorsport 7“ den futuristischen Sci-Fi-Shooter „Crackdown 3“ veröffentlichen. Das grafisch an Monkey Island erinnernde Piratenspiel „Sea of Thieves“ von Rare folgt erst im Frühjahr 2018. Damit dürfte es schwierig werden, dem enteilten Konkurrenten Sony Marktanteile abzunehmen.

PS4-Blockbuster

Sony inszeniert „God of War“ als pompöses Action-Adventure mit aufwendiger Technik.

Die Japaner kontern mit aufwendig inszenierten Großproduktionen, die sie exklusiv für die PS4 veröffentlichen. In diesem Jahr kommen nur Ableger ihrer bekannten Serien Uncharted (The Lost Legacy am 23. August) und Horizon Zero Dawn (Frozen Wilds folgt zum Jahresende). Im Frühjahr legt Sony dann mit „God of War“ eine aufwendige Neuinterpretation der Serie auf. Der Held Kratos bildet in diesem opulenten Action-Adventure seinen Sohn zum Krieger aus und trifft dabei auf schaurige Monster aus der Götterwelt.

Zudem wagt sich Sony an ein Remake des Klassikers „Shadow of the Colossus“. Die Neuauflage inszeniert die riesigen Kolosse mit frischer Grafik und vereinfachter Steuerung. Das Spielprinzip soll aber weitgehend unverändert bleiben. Ende 2018 soll sich Spider-Man in dem gleichnamigen Action-Spiel durch Häuserschluchten schwingen. Entwickler Insomniac zeigte spektakuläre Spielszenen, die bisherige Spider-Man-Spiele verblassen lassen und an die Batman-Serie anknüpfen.

Ohne Termin sind noch das Zombie-Abenteuer „Days Gone“ und „Detroit: Become Human“, ein Sci-Fi-Thriller von Quantic Dream. Produzent David Cage lässt den Spieler während eines Androiden-Aufstands in verschiedene Rollen schlüpfen. Dabei kann er wählen, ob er einen gewaltsamen oder friedlichen Weg einschlägt.

Mit diesem Aufgebot lässt Sony die Grenzen zwischen Hollywood-Inszenierung und Abenteuer-Spiel immer weiter verschwimmen und spricht damit auch Kunden an, denen die Story im Spiel wichtiger ist als der Wettkampf.

VR-Umsetzungen

Größte Überraschung ist jedoch, dass die Xbox One X keinerlei VR-Spiele unterstützt. Offenbar steht Microsoft mit seinen VR-Entwicklungen für Windows 10 noch am Anfang. Just im Mai lieferten die Redmonder erste Entwickler-Kits ihrer VR-Brillen von Acer und HP aus. Offenbar braucht es hier noch Zeit, bis erste Umsetzungen für die Mixed Reality Platform fertig werden.

Derweil scheint VR-Pioneer Oculus im Spielebereich die Luft auszugehen. Im Frühjahr stellte die Firma anlässlich der GDC nur ein Dutzend kleiner bis mittelgroßer Spiele für die Rift vor. Der E3 blieb die Facebook-Tochter komplett fern. Auch das kommende Weihnachtsgeschäft sieht nicht besonders rosig aus, denn Bethesda kündigte gleich drei große VR-Umsetzungen an, die zwar auf der Vive und PSVR erscheinen, aber nicht auf der Rift. Grund dürfte der noch immer lodernde Rechtsstreit zwischen Oculus und dem Zenimax-Konzern sein, zu dem Bethesda gehört.

So soll „Fallout 4 VR“ im Herbst exklusiv für die HTC Vive herauskommen. Spieler können mit den beiden Hand-Controllern die komplette Spielwelt des Originals erkunden. Anders als bei „Resident Evil 7“ bewegen sie sich dabei nicht kontinuierlich, sondern per Teleportsprung.

Auf die gleiche Fortbewegungsmethode setzt „Doom VFR“, allerdings in rasantem Tempo. Das klappte in einer Demo auf der HTC Vive erstaunlich gut. Doom VFR soll bis Ende des Jahres ebenfalls für Sonys PSVR erscheinen. Hier darf man gespannt sein, ob die Teleportsprünge mit den Move-Controllern ebenso geschmeidig funktionieren wie mit der Vive. Darüber hinaus arbeitet Bethesda an einer VR-Umsetzung von „Skyrim“, die zunächst nur für die PSVR erscheinen soll – ein Termin steht noch nicht fest.

Sony selbst hat derweil sein britisches Studio Supermassive Games (Until Dawn) auf VR angesetzt. Neben dem zünftigen Shooter „Bravo Team“ machte ein neues Horror-Adventure namens „The Inpatient“ neugierig. Der Spieler muss hier mit seiner VR-Brille aus einem düsteren Sanatorium der 50er Jahre entkommen. Grafik und Atmosphäre erinnern stark an „Resident Evil 7“. Veröffentlichungstermin für die PSVR ist voraussichtlich 2018.

Immerhin Ubisoft gibt sich plattform-agnostisch und zeigte einen kryptischen Trailer zu Transference. Darin tritt Schauspieler Elijah Wood als Creative Director von SpectreVision auf, einem Produktionsstudio für künstlerisch angehauchte Horror-Filme. Transference wird ein cineastischer Psycho-Thriller in der virtuellen Realität. Der Spieler erlebt die digital gespeicherten Erinnerungen eines Mannes nach, um dessen Familiengeheimnisse aufzudecken. Das Spiel soll im Frühling 2018 für die Rift, Vive und PSVR auf den Markt kommen.

Meucheln in Ägypten

Nach längerer Pause bricht „Assassin’s Creed Origins“ ins alte Ägypten auf.

Nach einjähriger Pause will Ubisoft am 27. Oktober eine neue Folge seiner Reihe Assassin’s Creed veröffentlichen. In „Origins“ geht es ins alte Ägypten. Der Spieler bereist eine riesige offene Wüstenlandschaft zur Zeit der Pharaonen. Um die Lage zu sondieren, schickt er einen Adler los, der Verdächtige aus der Vogelperspektive beobachtet. Ubisoft will diesmal mehr Rollenspiel-Elemente mit Fähigkeitsbäumen einsetzen, die man im Laufe der Missionen ausbaut.

Aus den Schiffsschlachten von „Assassin’s Creed: Black Flag“ macht Ubisofts Studio in Singapur wiederum ein eigenes Piratenspiel namens „Skull and Bones“. Im Mittelpunkt stehen Online-Gefechte mit Piratenschiffen, die anderen Kähnen mit ihren Kanonen einheizen. Die prächtigen Segler müssen taktisch geschickt zur Windrichtung um Inseln und Felsen gesteuert werden. Manche Schiffstypen stecken viel Schaden ein, andere schießen auf Distanz präzise. So baut man sich nach und nach eine Flotte auf, die den Indischen Ozean kontrolliert. Wer jedoch zu viele Handelsschiffe angreift, muss sich bald mit gefährlichen Piratenjägern auseinandersetzen. Grafisch sah das schon gut aus; an der Spielmechanik kann Ubisoft aber noch feilen, bis der Titel im Herbst 2018 für PC, Xbox One und PS4 auf den Markt kommt.

Team-Ausbruch

In „A Way Out“ brechen zwei Spieler im kommenden Jahr gemeinsam aus einem Gefängnis aus.

Electronic Arts setzt ebenfalls auf Mehrspieler-Konzepte. Die Macher von „Brothers: A Tale of Two Sons“ arbeiten als Hazelight Studios an einem innovativen Koop-Abenteuer, das 2018 für PC und Konsolen erscheinen soll. „A Way Out“ lässt sich ausschließlich im Splitscreen-Modus spielen, entweder lokal oder online. Die beiden Spieler schlüpfen in die Rollen von Leo und Vincent, die aus dem Knast entkommen wollen. Statt den Bildschirm plump zu teilen, nutzt das Spiel kinoreife Kamerakniffe: Während ein Spieler beispielsweise in einer Zwischensequenz eine Wache ablenkt, kann der zweite unbemerkt an ihr vorbeischleichen.

Im kommenden „Anthem“ von Bioware steigen bis zu vier Spieler in Exo-Anzüge und düsen wie Iron Man durch Wälder, um gemeinsam gegen übergroße Dinosaurier zu kämpfen. Nach dem Flop mit „Mass Effect Andromeda“ stimmen hier immerhin die Animationen. Eine Solo-Kampagne soll es ebenfalls geben, in der Spieler Ausrüstungsgegenstände und Waffen für ihre Anzüge sammeln. Termin ist Ende 2018 für PC, Xbox One und PS4.

Nazis in Amerika

In „Wolfenstein II: The New Colossus“ geht es den Nazis in Amerika an den Kragen.

Nicht ganz so lange muss man auf den nächsten Teil der Wolfenstein-Trilogie warten. „Wolfenstein 2: The New Colossus“ führt den Überraschungserfolg von Bethesda bereits am 27. Oktober auf Windows, Xbox One und PS4 fort. Als B. J. Blaskovicz führt der Spieler diesmal Widerstandsgruppen in den USA an. Das Land hat in einer alternativen Zeitlinie den Zweiten Weltkrieg verloren und wurde von den Nazis besetzt. Die Solo-Kampagne verballhornt die Operetten-Nazis mit abstrusen Übertreibungen. Fans dürfen sich wieder auf viel Action, verrückte Waffen und Schleichpassagen durch offene Level freuen.

13 Jahre nach „Vampire the Masquerade“ lockt „Vampyr“ mit einem packenden Rollenspiel über die Untoten von London.

Ernster geht es in „Vampyr“ zu. In dem Rollenspiel schlüpft der Spieler in die Rolle eines untoten Doktors, der vor hundert Jahren im düsteren London ein Mittel gegen die spanische Grippe sucht. Entwickler Dontnod (Life is Strange) inszenierte das Abenteuer als düstere Geschichte, in denen Vampir-Clans und andere übernatürliche Wesen gegeneinander kämpfen. Das Spiel hat das Zeug zum Geheimtipp, wenn es im November für PC, Xbox One und PS4 erscheint. (hag@ct.de)