c't 13/2017
S. 43
News
Facebook-Urteil

Facebook-Konto von Verstorbener ist geschützt

Die Eltern eines verstorbenen Mädchens verlangen von Facebook Einsicht in dessen Account. So wollen sie herausfinden, ob sich ihre Tochter das Leben genommen hat – sie war vor eine U-Bahn gestürzt. Facebook verweigert bis heute die Öffnung des Kontos. Die moralisch wie juristisch hoch brisante Auseinandersetzung beschäftigte die Gerichte in Berlin [1]. Nachdem die Eltern vor dem Landgericht erfolgreich waren, entschied nun das Kammergericht Berlin in zweiter Instanz zugunsten von Facebook (Az. 21 U 9/16). Der Schutz des Fernmeldegeheimnisses stehe dem Anspruch der Eltern als Erben entgegen, Einsicht in die Kommunikation der Tochter mit Dritten zu erhalten.

Die Richter des Landgerichts hatten zuvor die Ansicht vertreten, dass der Vertrag mit Facebook ein Teil des Erbes ist. Danach sei der digitale Nachlass so zu behandeln wie Briefe oder Tagebücher. Auch in solche persönlichen Aufzeichnungen dürfen die Erben Einsicht nehmen. Diese Begründung überzeugte allerdings das Kammergericht als nächste Instanz nicht. Zwar sei es grundsätzlich möglich, dass die Eltern als Erben auch den Vertrag der Tochter mit dem Unternehmen Facebook übernehmen. Diese Frage sei aber im vorliegenden Fall nicht entscheidend.

Selbst wenn man davon ausgehe, dass den Eltern der Account zusteht, verbiete das Fernmeldegeheimnis im Telekommunikationsgesetz (TKG) die Übergabe. Diese Regelung ist ursprünglich für Telefonanrufe geschaffen worden. Sie gilt aber auch für Kommunikation übers Internet. So hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass sich das grundrechtlich garantierte Fernmeldegeheimnis auch auf E-Mails erstreckt, die auf den Servern von einem Provider gespeichert sind. In diesen Fällen sind die Nutzer der Kommunikation nach Ansicht der Verfassungsrichter schutzbedürftig, da sie nicht die technischen Möglichkeiten haben, einen Zugriff auf ihre Nachrichten zu unterbinden oder zu überwachen. Nach Ansicht des Kammergerichts Berlin muss das auch für bei Facebook gespeicherte Kommunikationsinhalte gelten, die „nur für Absender und Empfänger oder jedenfalls einen beschränkten Nutzerkreis bestimmt sind“.

Der Schutz umfasst dem Urteil zufolge auch all diejenigen, die über den Account mit der Verstorbenen kommuniziert haben. Auch diese müssten gegebenenfalls sämtlich ihre Zustimmung zu dem Kontenzugriff der Eltern erklären – was nicht erfolgt ist. Auch aus Gesetzen außerhalb des Erbrechts konnten die Richter keinen Anspruch auf einen Zugang zu dem Account herleiten. Das Recht der elterlichen Sorge sei mit dem Tod des Kindes erloschen, und das Totenfürsorgerecht könne nicht dazu dienen, einen Anspruch auf Zugang zu billigen.

Das Urteil des Kammergerichts ist nicht rechtskräftig, da der Senat die Revision zum Bundesgerichtshof (BGH) zugelassen hat. Die Prozessbeteiligten kündigten bereits an, den BGH über den Sachverhalt entscheiden lassen zu wollen.

(Joerg Heidrich/hob@ct.de)