c't 9/2016
S. 76
Praxis
Weg von Windows 10
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Es geht auch ohne Microsoft

Alternativen zu Windows 10

Was Microsoftderzeit mit Windows 10 veranstaltet, führt bei vielen Nutzern zur Überlegung, ob es nicht endlich an der Zeit ist, das Betriebssystem zu wechseln. Doch was sind die Alternativen? Und geht das wirklich so problemlos, wie überall behauptet wird? Wir zeigen Alternativen und helfen beim Ausprobieren, ob es auch ohne Windows geht – dabei bleibt Ihre Windows-Installation stets nur einen Neustart entfernt.

Weg von Windows 10

Mehr Privatsphäre, mehr Kontrolle, mehr Sicherheit, weniger Kacheln

Zwar besitzt Windows auf Desktop-PCs und Notebooks eine Monopolstellung, doch das heißt keineswegs, dass es keine Alternativen gäbe. Und die rücken wieder zunehmend in den Fokus, seitdem Microsoft so hart daran arbeitet, dass immer mehr Menschen beim Stichwort „Windows 10“ an nervige Werbung, Zwangs-Updates und Datenschutzprobleme denken – und daran, ob es nicht ohne den Marktführer geht.

Ob eine Linux-Distribution für den persönlichen Alltag taugt, muss jeder für sich selbst entscheiden. Berichte über Erpressungstrojaner lesen sich dort aber entspannter als unter Windows.

In Frage kommen diverse Kandidaten, die unterschiedlich gut als Ersatz für Windows taugen. Die nachfolgenden Artikel helfen dabei, einfach mal eine Alternative unverbindlich auszuprobieren, und zwar ohne dass das auf der Platte installierte Windows in Gefahr gerät.

Windows 7

Die nächstgelegene Alternative zu Windows 10 ist ein älteres Windows. Weil Windows 8.1 wegen der Kacheln für viele nicht in Frage kommt, läuft die Entscheidung notgedrungen auf Windows 7 hinaus. Das kann man machen, es ist aber kein Modell mit Zukunft. Schon in dreieinhalb Jahren soll das bislang beliebteste Windows das Schicksal von Windows XP ereilen: Der Support endet am 14. Januar 2020. Und so sehr, wie Microsoft zu Windows 10 drängt, muss man davon ausgehen, dass sich an diesem Plan nichts mehr ändern wird. Spätestens dann also steht man wieder vor der Entscheidung, wie es weitergeht.

Bis dahin kann man Windows 7 weiternutzen, doch der Spaß daran schwindet zunehmend. So lässt Microsoft dem System abgesehen von den Sicherheits-Updates kaum noch Pflege angedeihen. Die erste Support-Phase, in der die Entwickler außer den Sicherheits-Updates auch noch andere Bugs reparierten, endete bereits im letzten Jahr. Neu entdeckte Bugs bleiben also mittlerweile unbearbeitet. Dazu kommt die schwindende Kompatibilität zu aktueller Hardware: Je neuer, umso wahrscheinlicher muss man Treiber von Hand nachinstallieren. Auf modernen Rechnern mit Core-i-Prozessoren der sechsten Generation lässt sich Windows 7 nur noch mit einigem Aufwand installieren. Denn es unterstützt USB 3.0 nicht von Haus aus, sondern erst, nachdem man passende Treiber nachgerüstet hat. Das aktuelle DirectX 12 bietet Microsoft für Windows 7 gar nicht an, und es steht zu befürchten, dass das für andere Software des Unternehmens irgendwann ebenfalls gilt.

Hinzu kommt, dass Windows 7 schon länger nicht mehr State of the Art ist: Neuere Windows-Versionen bringen einen Virenscanner mit, verbesserte Multimonitor-Unterstützung, das kleine Windows-X-Systemmenü, die Virtualisierungslösung Hyper-V, den mitwachsenden Festplattenverbund Storage Spaces, das Einbinden von ISO- und VHD-Dateien als virtuelle Laufwerke im Explorer und einiges mehr [1] – all das fehlt dem Oldie.

Schließlich: Wer kein Vertrauen in Windows 10 hat, dem ist mit einem anderen Betriebssystem desselben Herstellers nicht weitergeholfen. Schließlich kann Microsoft über die Update-Funktion nicht nur in Windows 10 jederzeit einbauen, was dem Konzern beliebt, sondern auch in alle anderen aktuell noch unterstützten Windows-Versionen.

Chrome OS

Das Google-Betriebssystem ist ein abgespecktes Linux mit einer schlanken, übersichtlichen Bedienoberfläche. An die Stelle klassischer Programme treten Chrome-Apps – Anwendungen, die im Chrome-Browser laufen. Deren Spektrum reicht von klassischen Web-Anwendungen, die nur mit Internetverbindung funktionieren, bis zu Apps, die sich wie Desktop-Programme anfühlen und die sich auch ohne Internet nutzen lassen.

Chrome OS ist lediglich vorinstalliert auf Chromebooks erhältlich. Diese günstigen Notebooks starten dank Coreboot-Firmware rasend schnell. Von dem Linux unter der Haube bemerkt man nichts: Sicherheits-Updates spielt Google automatisch im Hintergrund ein; die Systemverwaltung beschränkt sich auf das Auswählen des WLAN und der Systemsprache.

Ein wesentliches Merkmal von Chrome OS ist die enge Verzahnung mit den Google-Diensten. Chromebooks enthalten lediglich 32 bis 64 GByte Flash-Speicher; die primäre Datenablage ist Google Drive. Der große Vorteil daran: Chromebooks sind beliebig austauschbar – meldet man sich mit seinem Google-Account an einem neuen Gerät an, findet man dort die gewohnte Arbeitsumgebung mit allen Apps und Daten vor.

Hier liegt allerdings auch der Pferdefuß: Ersetzt man Windows durch Chrome OS, tauscht man das Microsoft-Konto gegen den Google-Account und ersetzt OneDrive durch Google Drive – Kontrolle über die eigenen Daten sieht anders aus. Zudem laufen die vertrauten Windows-Anwendungen nicht unter Chrome OS, nicht einmal Linux-Programme lassen sich installieren. Das Angebot an Chrome-Apps ist deutlich kleiner als die Masse an Windows-Anwendungen. Immerhin findet man im Chrome Web Store auch Nicht-Google-Anwendungen wie Excel Online, Dropbox und Spotify.

Wer kein Chromebook kaufen möchte, muss auf die Open-Source-Variante Chromium OS ausweichen. Google stellt Chromium OS lediglich im Quellcode für Entwickler bereit. Zwar findet man im Internet auch fertige Images, allerdings sind diese inoffiziell und liefern nicht alle Features des Chrome OS (siehe c’t-Link). Die Installation ist fummelig, zudem gibt es keine Garantie, dass das Image auf der eigenen Hardware läuft.

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