c't 7/2016
S. 149
FAQ
Dashcams

Dashcams und Recht

Antworten auf die häufigsten Fragen

Ungefestigte Rechtsprechung

??? Ist es erlaubt, Dashcams am Auto oder Fahrrad einzusetzen?

!!! Dashcams sollen das Verkehrsgeschehen rund um das eigene Fahrzeug überwachen. Aktuelle Gerichtsurteile deuten darauf hin, dass es die momentane Gesetzeslage eher nicht zulässt, eine Dashcam im Fahrzeug zu betreiben. Doch noch ist die Lage offen, es existieren weder konkrete Regelungen noch eine gefestigte Rechtsprechung.

Lediglich die unteren Gerichtsinstanzen haben sich bisher mit der Thematik auseinandergesetzt. So kam das Verwaltungsgericht Ansbach zum Ergebnis, dass die Verwendung einer Dashcam einen schwerwiegenden Verstoß gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen darstellt [1]. Durch die permanente Aufzeichnung würden in kurzer Zeit eine Vielzahl von Personen in ihrem Recht auf informationelle Selbstbestimmung verletzt.

Besondere Bedeutung im Zusammenhang mit Videoaufnahmen hat Paragraf 6 b des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG). Legt man ihn zugrunde, wäre eine Überwachung mittels Dashcam nur zulässig, „soweit sie zur Wahrnehmung berechtigter Interessen für konkret festgelegte Zwecke erforderlich ist und keine Anhaltspunkte bestehen, dass schutzwürdige Interessen der Betroffenen überwiegen.“

Daraus folgt im Umkehrschluss: Zeichnet die Dashcam „heimlich“ und zunächst anlasslos das gesamte Verkehrsgeschehen auf, nur um Beweismittel für mögliche Unfälle zu sichern, steht dies in keinem Verhältnis zum Umfang der erfassten privaten Daten anderer Menschen. Immerhin hält die Kamera beispielsweise fest, wer, wann, mit wem und unter Verwendung welchen Verkehrsmittels am Straßenverkehr teilgenommen hat.

Die Gerichte kommen daher überwiegend zu dem Ergebnis, dass die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen Vorrang haben und damit Dashcam-Aufnahmen aus Fahrzeugen heraus unzulässig sind. Daran ändert sich auch nichts, wenn Sie einen Hinweis an Ihrer Windschutzscheibe anbringen, der über die Dashcam informiert. Dasselbe gilt für die Kamera am Fahrrad oder als am Körper getragene Bodycam. Allerdings spricht nichts dagegen, für private Zwecke Fahrten etwa durch spektakuläre Serpentinenstrecken oder schöne Alleenstraßen zu filmen.

Teurer Spaß?

??? Welche negativen Konsequenzen kann das Aufzeichnen mit einer Dashcam haben?

!!! Unzulässige Videoüberwachung gilt als Ordnungswidrigkeit und kann mit einem Bußgeld von bis zu 300 000 Euro geahndet werden. Außerdem dürfen Datenschutzbehörden mit einer Untersagungsverfügung aufnehmende Dashcams in Fahrzeugen verbieten. Hält man sich nicht daran, droht ein empfindliches Zwangsgeld oder sogar Ordnungshaft. Von illegalen Aufnahmen Betroffene können den Zivilrechtsweg beschreiten und gegen den Betreiber auf Unterlassung klagen sowie die Löschung des Videomaterials verlangen. Hier drohen hohe Geldzahlungen für Abmahnungen, Schadensersatz und Gerichtsverfahren.

Beschlagnahmen erlaubt

??? Darf die Polizei eine Dashcam konfiszieren?

!!! Erlangt die Polizei – etwa nach einem Verkehrsunfall – Kenntnis von einer Dashcam-Aufzeichnung, kann sie das Gerät als Beweismittel beschlagnahmen. Die vorhandenen Aufnahmen könnten dann auch gegen den Betreiber verwendet werden. Allerdings muss sich niemand selbst belasten. Eine Aufnahme, die das eigene Fehlverhalten dokumentiert, darf man löschen, ohne sich damit strafbar zu machen. Löscht allerdings ein Dritter die belastende Aufnahme, macht sich dieser unter Umständen wegen Strafvereitelung strafbar.

Beschränkt verwertbar

??? Sind die Aufnahmen vor Gericht als Beweismittel zugelassen?

!!! Auch bei sogenannter „rechtsfehlerhafter Erhebung“ unterliegen gewonnene Beweise nicht grundsätzlich einem Verwertungsverbot. In einem Strafverfahren entschied das Amtsgericht (AG) Nienburg zugunsten der Verwertbarkeit [2]. Das Opfer einer Nötigung hatte ein riskantes Überholmanöver und anschließendes Ausbremsen gefilmt. Die Kamera wurde in dem konkreten Fall allerdings anlassbezogen eingeschaltet, nämlich erst, als der spätere Täter sehr dicht auffuhr.

Ob Gerichte derlei Aufnahmen zulassen, hängt sehr vom Einzelfall ab. Laut AG Nienburg sind insbesondere die Schwere der angeklagten Tat, die Verfügbarkeit sonstiger Beweismittel und die Intensität und Reichweite des Eingriffs in das Persönlichkeitsrecht zu berücksichtigen. Geriert sich jemand als „Hilfssheriff“ und nimmt gezielt auf, um das Filmmaterial an Behörden auszuhändigen, dürfte kaum ein Gericht diese Beweismittel akzeptieren.

In Zivilverfahren liegen die Hürden noch etwas höher. Hier reicht das Interesse, sich Beweismittel für zivilrechtliche Ansprüche zu sichern, nicht aus, um die Verletzung des Persönlichkeitsrechts der Betroffenen zu rechtfertigen. Nach Ansicht des Landgerichts (LG) Heilbronn müssten schon weitere Gesichtspunkte hinzutreten, beispielsweise eine Notwehrsituation des Beweisführers. Dies urteilte das Gericht immerhin in zweiter Instanz [3].

Verpixeln ist Pflicht

??? Darf ich die Aufzeichnungen meiner Dashcam veröffentlichen?

Dashcams sollten in Deutschland nicht permanent eingeschaltet werden, sondern nur anlassbezogen, wenn ein Unfall droht. Dann neigen die Gerichte dazu, die Aufnahmen als Beweis zuzulassen. Wer Aufnahmen veröffentlicht, riskiert damit ein Bußgeld.

!!! Sogar bei zulässig gemachten Aufnahmen müssen Sie hier vorsichtig sein. Erkennbare Personen und Autokennzeichen sollten Sie vor dem Hochladen unkenntlich machen. Dies klappt beispielsweise prima mit der jüngst erweiterten Blur-Funktion im Video-Manager von YouTube. (hob@ct.de)