c't 22/2016
S. 3
Editorial
Alexander Spier

Willkommen in der Filterblase

Weder Pixel-Smartphone noch Google Home, noch Chromecast markierten den Höhepunkt der jüngsten Google-Show. Denn nur einer spielte bei gleich allen Neuvorstellung die Hauptrolle: der Google-Assistent.

Der ändert radikal, wie wir in Zukunft Wissen präsentiert bekommen. Denn Google will längst nicht mehr einfach nur eine Sammlung hilfreicher Links liefern. Der Nutzer soll künftig einfach gar nicht erst das passend für ihn eingerichtete Google-Universum verlassen müssen.

Immer und überall zu Diensten möchte dabei der Google-Assistent sein. Sei es als dritter Teilnehmer beim Plaudern im Messenger Allo, als hilfsbereiter Zuhörer daheim bei der Familie über Google Home oder unterwegs stets ansprechbar im Pixel-Smartphone. Je mehr der Assistent über mich weiß, desto mehr handelt er in meinem Sinne.

Ich höre meine Musik in der Regel über Spotify? Der Assistent weiß es und startet automatisch das richtige Programm im Hintergrund. Ich unterhalte mich über ein Restaurant, Google schlägt direkt die Reservierung vor. Was ist in der Welt Wichtiges passiert? Google sagt es mir. Google weiß, was ich will.

Das Erschreckende ist dabei nicht die dafür nötige Ansammlung von Daten. Die ist längst Fakt. Entweder man hat sich damit arrangiert oder man versucht Google so gut es geht zu meiden. Es ist vielmehr die Art, wie Informationen angeboten werden. Dass die oft gar nicht von Google selbst kommen, sieht man kaum noch. Immer öfters liefert Google die Daten bereits fertig formatiert an - in leicht verdaulichen Häppchen mal von Wikipedia, mal von einer Nachrichtenseite. Die Empfehlungen gibt Google, die Reservierung macht der Bot. Über Google Home erreichen den Nutzer idealerweise nur noch die fertigen Google-Antworten.

Andere Webseiten und Anbieter werden so zu anonymen Datenlieferanten des Google-Universums, angepasst und gefiltert zum Wohle des Nutzers. Informationen fallen aus ihrem ursprünglichen Kontext heraus, es wird schwerer ersichtlich, woher sie stammen, wer sie verfasst hat oder wem ich da eigentlich vertraue. Alternativen, Hintergründe oder zusätzliche Informationen gibt es nur, wenn ich mich aus der Blase bequeme und bewusst eine andere Seite anklicke. Google wird so zum omnipräsenten Torwächter - stärker noch als Facebook oder Amazon, die ebenfalls heftig Filterblasen aufpusten.

Google will zur Suchmaschine meines Lebens werden. Zeit, lieber wieder selber zu finden. Denn wie oft war das erste Ergebnis bei Google wirklich das beste?

Unterschrift Alexander Spier Alexander Spier

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