c't 16/2016
S. 42
News
Datenschutz

Urteil: Microsoft muss europäische Nutzerdaten nicht herausgeben

Im Streit um die Herausgabe von Daten eines Outlook-Nutzers aus einem europäischen Rechenzentrum hat Microsoft einen wichtigen Etappensieg gegen die US-Regierung errungen. Die höchste US-Berufungsinstanz hat den 2014 vom US-Justizministerium erwirkten Durchsuchungsbeschluss jenseits der Landesgrenze für ungültig erklärt. Das angewandte Gesetz aus dem Jahr 1986 gebe US-Gerichten keine Handhabe, die Herausgabe von Daten anzuordnen, die ausschließlich auf Servern in Drittländern gespeichert seien, entschied der US Court of Appeals in New York einstimmig. Ein Richter wirbt in einer Ergänzung des Urteils außerdem dafür, dieses Gesetz im Hinblick auf Datenschutz und Zugriffsrechte der Behörden zu präzisieren und den Erfordernissen der modernen Kommunikationstechnologie anzupassen.

In dem Fall geht es um einen Account auf Outlook.com, der bei Ermittlungen wegen Drogenschmuggels ins Visier der US-Behörden geraten war. Die E-Mails des Accounts waren in einem Rechenzentrum von Microsoft in Irland gespeichert. Die US-Regierung hatte 2014 einen Durchsuchungsbeschluss gegen Microsoft erwirkt, um an die E-Mails zu gelangen. Microsoft hat sich dem Beschluss widersetzt und auf einen Rechtsstreit mit dem Justizministerium eingelassen, das nach mehreren Instanzen nun den Kürzeren gezogen hat.

„Wir sind von der Entscheidung des Gerichts enttäuscht und sondieren unsere Möglichkeiten“, erklärte ein Sprecher des Ministeriums. Der US-Regierung bleibt noch der Gang vor den US Supreme Court. Damit ist zu rechnen, weil dem Rechtsstreit grundsätzliche Bedeutung beigemessen wird. Die US-Regierung hatte argumentiert, als amerikanisches Unternehmen müsse Microsoft auch solche Daten herausgeben, die nicht auf US-Boden gespeichert sind. Ein Erfolg mit dieser Rechtsauffassung wäre ein weiterer schwerer Schlag gegen das durch Geheimdienst-Skandale ohnehin angeknackste Kundenvertrauen in die IT-Branche.

Unternehmen wie Apple und Cisco sowie Branchenverbände und Bürgerrechtler hatten sich in dem Verfahren an die Seite von Microsoft gestellt. Diese breite Unterstützung sei „entscheidend“ gewesen, erklärte Microsofts Chef-Justiziar Brad Smith, der das Urteil begrüßte: „Das Urteil ist aus drei Gründen wichtig: Es gewährleistet, dass die Privatsphäre entsprechend der jeweiligen nationalen Rechtsordnung geschützt wird. Es stellt sicher, dass der Rechtsschutz der physischen Welt auch im digitalen Bereich gilt, und es ebnet den Weg für bessere Lösungen, um die Bedürfnisse von Datenschutz und Strafverfolgung gleichermaßen anzusprechen.“

Viele US-Unternehmen speichern Daten europäischer Kunden mittlerweile in hiesigen Rechenzentren. Microsoft hat zusammen mit T-Systems ein Cloud-Angebot aufgelegt, bei dem der Konzern selbst keinen Zugriff auf die Daten in dem von der Telekom betriebenen deutschen Rechenzentrum hat. Vor Gericht streitet Microsoft darüber hinaus weiter mit der US-Regierung um das Recht, betroffene Kunden über die geheimen Anfragen der Sicherheitsbehörden zu informieren. (vbr@ct.de)

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