c't 15/2016
S. 20
Reportage
VR-Fitness
Aufmacherbild

Fliegen macht Muskelkater

Icaros: Fitnessgerät mit Virtual Reality

Von wegen Computerspielen ist was für Couch-Potatoes: Das Virtual-Reality-Fitnessgerät Icaros verbindet Gaming mit Training. c’t hat das schweißtreibende Teil in Hamburg ausprobiert.

Was auf den ersten Blick aussieht wie ein Gynäkologen-Stuhl, ist in Wahrheit ein hypermodernes Fitnessgerät: Icaros, entwickelt vom gleichnamigen Münchner Start-up, verbindet schweißtreibendes Fitnesstraining mit einem Virtual-Reality-Spiel. Während man Körperspannung und Muskeln trainiert, wird einem per VR-Brille vorgegaukelt, man fliege durch eine Computerspielwelt.

Als eines der ersten Fitness-Studios in Deutschland bietet die Kaifu-Lodge in Hamburg Training auf dem Icaros an. Wir haben das futuristische Teil ausprobiert und können bestätigen: Anstrengender geht’s kaum. Marc Ntouda, der in dem Hamburger Fitness-Studio die Kundschaft auf dem Icaros anleitet, hält das VR-Training im höchsten Schwierigkeitsgrad gerade einmal fünf Minuten aus – und der Mann betreibt Fitness hauptberuflich. Laut Ntouda stärkt das Gerät die Rumpfmuskulatur; dadurch verbessert sich die Haltung und Rückenschmerzen werden vorgebeugt.

Video: Ausprobiert: Virtual-Reality-Fitnesstraining auf dem Icaros

Theoretisch funktioniert der Icaros auch komplett mechanisch, ganz ohne VR-Technik. Legt man sich bäuchlings auf das Gerät, muss man den Körper auf Spannung bringen, um die Balance zu halten – ansonsten kippt man nach vorne, hinten oder zur Seite weg. Hat man den Sweet-Spot gefunden, muss man nicht mehr allzu viel Kraft aufbringen, um im Gleichgewicht zu bleiben. Doch nun kommt Virtual Reality ins Spiel: Das Spiel zwingt dazu, die Komfortposition aufzugeben; zum Beispiel, weil man durch Ringe manövrieren muss. Das Ganze ist nicht nur anstrengend, sondern macht obendrein auch Spaß. Das Flug-Gefühl kam beim c’t-Test trotz recht einfacher Grafik realitätsgetreu rüber. Es gibt drei Spielmodi: Freiflug (recht entspannend), Drohnen abschießen oder Flugrennen durch Ringe (beides extrem anstrengend).

Als Virtual-Reality-System kommt zurzeit noch die kabellose Samsung-Oculus-Gemeinschaftsproduktion Gear VR mit S6-Smartphones zum Einsatz. Langfristig denkt Icaros aber über qualitativ hochwertigere Brillen wie HTC Vive oder Oculus Rift nach. Die werden statt von einem Smartphone von einem PC mit Bildern und Strom versorgt. Das würde auch das Handling vereinfachen, schließlich müssen die Akkus der S6-Smartphones regelmäßig aufgeladen werden.

Das einzige elektronische Bauteil am Icaros: der Controller mit Positionssensor

Als einziges elektronisches Bauteil kommt ein kombinierter „Gaspedal“-Controller und Positionssensor zum Einsatz, der an einen der Icaros-Handgriffe geklettet wird. Die Positionsdaten schickt der Controller nicht nur ans Smartphone, sondern auch an ein Windows-Notebook: Letzteres rendert das Bild für die Ausgabe auf einem großen Fernseher – für Zuschauer ohne VR-Brille.

In der Kaifu-Lodge kommt das innovative Fitnessgerät gut an: Trotz drei Euro Gebühr für eine 20-Minuten-Session (fünf Euro für Nicht-Mitglieder) ist der Icaros gut ausgebucht. Wer sich den VR-Trainer für zu Hause zulegen will, muss deutlich tiefer die Tasche greifen: 7500 Euro kostet das Komplettsystem. Eine günstigere „Heimtrainer“-Variante ist aber bereits in Planung. (jkj@ct.de)