Smart Dust reloaded

Autonome, sich selbstständig untereinander vernetzende Sensorknoten, die nicht größer sind als ein Staubkorn – ist der Realisierung nun ein Stück näher gerückt.

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Was vor einigen Jahren noch wie pure Science Fiction klang – autonome, sich selbstständig untereinander vernetzende Sensorknoten, die nicht größer sind als ein Staubkorn – ist der Realisierung ein ganzes Stück näher gerückt. Unabhängig voneinander haben in den vergangenen Wochen verschiedenste Forscherteams gezeigt, dass sich sowohl eine Stromversorgung als auch Funk-Kommunikation mit Nano-Modulen realisieren lassen.

Die aktuellsten Arbeiten stammen vom Lawrence Berkeley National Laboratory (Berkeley Lab) und der University of California. "Ein einzelnes Kohlenstoff-Nanoröhrchen dient als essentieller Baustein eines Radios" verkündet der Physiker Alex Zettl stolz. "Das Röhrchen ist Antenne, abstimmbarer Bandpass-Filter, Verstärker und Demodulator zugleich". Zettl und seine Kollegen berichten in der aktuellen Online-Ausgabe der Fachzeitschrift Nano Letters (pdf) über ihr Projekt: Ein Kohlenstoff-Nanoröhrchen wird an einem Ende befestigt und kann so mit dem anderen Ende frei schwingen. Gegenüber diesem frei schwingenden Ende befindet sich eine Gegen-Elektrode – zwischen Nanoröhrchen und Elektrode wird eine Spannung angelegt, die dafür sorgt, dass zwischen Röhrchen und Elektrode ein Feldemissionsstrom fließt. Empfängt das Röhrchen nun elektromagnetische Wellen, die in etwa seiner mechanischen Resonanzfrequenz entsprechen, fängt es an zu vibrieren (Video), was wiederum den Strom zwischen den Elektroden moduliert.

Zettl und sein Team verwendeten Trägerwellen mit 251 Megahertz, denen sie sowohl per Amplituden- als auch per Frequenzmodulation ein Musiksignal aufprägten. In beiden Fällen konnten sie dieses Signal aus dem verstärkten Feldemissionsstrom wieder reproduzieren. Das Nano-Radio funktioniert allerdings nur, wenn man das Röhrchen im Vakuum lagert. Chris Rutherglen und Peter Bruke von der University of California, Irvine, stellen in der zugehörigen Print-Ausgabe von Nano Letters ( Preprint-Version) eine etwas robustere Variante vor, bei der das Nano-Röhrchen lediglich als Demodulator verwendet wird (Video).

Um selbst organisierte Sensornetzwerke zu betreiben, bedarf es natürlich auch einer Mikro-Stromquelle – aber auch dieser Front gibt es zwei bemerkenswerte Fortschritte: Ein Forscherteam an der University of Illinois at Urbana-Champaign (UIUC) arbeitet derzeit an Nanodrähten, die mechanische Energie in Elektrizität umwandeln können. Frühere Experimente setzten dabei auf das Ausgangsmaterial Zinkoxid. Der UIUC-Nanogenerator wird hingegen aus Bariumtitanat aufgebaut. Das hat Vorteile, weil der Stoff einen stärkeren piezoelektrischen Effekt besitzt, sagt Min-Feng Yu, Professor für Maschinenbau und Materialwissenschaften, der die Forschergruppe leitet. Experimente im Labor zeigten bereits, dass Bariumtitanat-Nanodrähte deutlich mehr Elektrizität im Vergleich zu Zinkoxid produzieren könnten.

2006 zeigte ein Forscherteam unter der Leitung von Zhong Lin Wang vom Georgia Institute of Technology erstmals Zinkoxid-Nanodrähte, die mittels Nutzung mechanischer Energie Elektrizität generieren konnten. Wangs Gruppe hat seither weitere Fortschritte gemacht, demonstrierte kürzlich Zinkoxid-Nanodrähte, die Gleichstrom in Reaktion auf Ultraschallvibrationen produzierten.

Das UIUC-Team gehört nun zu den ersten Wissenschaftlern, die auch Bariumtitanat verwenden. In ihrem Paper zeigen Yu und Kollegen, dass es ausreicht, Vibrationen an einen einzelnen Nanodraht anzulegen, um bereits einen kleinen Energieoutput zu erzielen. In ihrem Experiment überbrückten die Forscher mit einem Nanodraht eine Spalte auf einem Substrat – das vordere Ende blieb unbeweglich, während das hintere sich bewegte. Die Energieausbeute war dabei noch sehr klein – 0,3 Attojoule. Doch im Vergleich zum bisherigen Zinkoxid-Versuchsaufbau sei dies bereits 16 Mal mehr Elektrizität, erläutert Yu.

Xudong Wang, Forscher in der Gruppe von Zhong Lin Wang, freut sich über Yus Fortschritte bei der Verwendung von neuen Materialien für Nanogeneratoren. Er hält die Resultate für interessant. Wichtigster Vorteil bei der Nutzung von Bariumtitanat sei, dass sich hier tatsächlich größere Spannungen als bei Zinkoxid generieren ließen. "Das ist für eine Energiequelle sehr wichtig."

Aber auch das Zinkoxid habe Vorteile. Es sei für biologische Systeme ungiftig und würde sich so wohl besser für Implantate eignen als Bariumtitanat. Auch lässt sich sein "Wachstum" in der Produktion besser kontrollieren, um ganze Arrays herzustellen. "Um aus diesem Ansatz ein nutzbares Gerät zu machen, muss man viele Nanodrähte mit der gleichen Ausrichtung am gleichen Ort versammeln", meint Xudong Wang. Das könne bei Bariumtitanat schwierig werden.

Wissenschaftler an der Harvard University haben unterdessen winzig kleine Solarzellen aus Halbleiter-Nanodrähten angefertigt (Paper). Die Zellen aus der Arbeitsgruppe um den Nano-Chemiker Charles Lieber sind Modifikationen von chemischen Sensoren, die die Wissenschaftler beispielsweise verwenden wollen, um Krebs aufzuspüren.

Es hat viele Diskussionen um autonome Nanomaschinen gegeben", sagt IBM-Felow Phaedon Avouris. "Aber das Problem war immer, wie will man diese Maschinen antreiben. Wenn man unabhängige Nano-Systeme haben will, die nicht von einer zentralen Energieversorgung abhängig sind, braucht man etwas wie dies hier."

Die Röhrchen bestehen aus einem p-dotierten Kern, um den ein undotierter und eine n-dotierter Silizium-Mantel gelegt sind. Solche so genannten PIN-Dioden sind auch in makroskopischen Photovoltaik-Modulen nicht ungewöhnlich. Ein Röhrchen produziert zwar nur bis zu 200 Pikowatt Ausgangsleistung – theoretisch können die Röhrchen aber auch zusammengeschaltet werden. Um sie als kostengünstiges Ausgangsmaterial für makroskopische Schaltungen zu verwenden, müsste allerdings der Wirkungsgrad, der zurzeit nur bei 3,4 Prozent liegt, noch drastisch verbessert werden. (bsc)