Schärfer und in drei Dimensionen

Japans öffentlich-rechtliches Fernsehunternehmen NHK forciert seine Forschung am Fernsehen der Zukunft. Sie hört auf die Namen "Super-Hi-Vision" und "3D-TV".

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Von
  • Martin Kölling

Während das hochauflösende Fernsehen nach dem HDTV-Standard noch immer um seinen globalen Durchbruch kämpft, entwickelt Japans öffentlich-rechtlicher Fernsehsender NHK die nächste und übernächste Generation des TV-Genusses schrittweise zur Serienreife. Auf einer Art Internationalen Funkausstellung im Bonsai-Format, dem "NHK Open House 2007"-Event, stellten die Forscher des Fernsehkonzerns in einem Vorort von Tokio vergangene Woche spannende Neuheiten vor: "Super-Hi-Vision" und "3D-TV".

Nach dem Willen der japanischen Wirtschaftslenker soll Super-Hi-Vision vielleicht schon in der kommenden Dekade HDTV ablösen, damit sich die Kunden – angelockt von noch schärferen Bildern – neue Fernseher kaufen: Die neuartige Technologie bringt Bilder mit 33 Millionen Pixeln auf den Bildschirm, viel mehr als HDTV, das in Japan schon fast Standard ist – macht eine Auflösung von stolzen 7680 mal 4320.

Die Bildqualität kann mehr als überzeugen, wie NHKs Forscher im hauseigenen Kinosaal bewiesen. Beim Pferderennen meint man, jeden einzelnen Grashalm auf dem Turf ausmachen zu können. Und die Menschenmassen auf der Tribüne bekommen auf einmal ein Gesicht.

Dieses Jahr hat NHK einen großen Schritt zur Verwirklichung der Vision getan: Erstmals präsentiert der Sender eine digitale Filmkamera, die mit nur einem CMOS-Bildchip die 33 Megapixel einfängt. Bislang mussten die superhochauflösenden Bilder mit vier 8 Megapixel-Chips geschossen werden, die jeweils einen halben Pixel-Pitch versetzt angeordnet waren. Die Pixelgröße des neuen 2,5-Zoll-Chips beträgt 3,8 Mikrometer, anstatt der bisherigen 4,2 Mikrometer bei den 1,25 Zoll großen alten Sensoren.

Durch die Verwendung der CMOS-Technik können leichter neue Funktionen wie Hochgeschwindigkeitsaufnahmen eingeführt werden, erklärte Masahiko Seki, einer der führenden Entwickler NHKs, auf der Hausmesse. Der eine Etage tiefer ausgestellte schnellste Prototyp einer Hochgeschwindigkeitskamera aus dem eigenen Hause schießt bis zu einer Million Bilder pro Sekunde, allerdings (noch) nicht in Super-Hi-Vision.

Am Stand nebenan werden die hohen Datenmengen der Super-Hi-Vision-Kamera mit einem weiterentwickelten Codec-System auf ein bis zu einem Zweihundertstel ihrer Größe ohne großen Qualitätsverlust komprimiert. Das Verfahren nach dem MPEG-4 AVC/H.264-Standard wurde gemeinsam mit Fujitsu entwickelt. Auch den Satelliten zur Datenübertragung hat NHK sich bereits ausgedacht. Die Bilder sollen über das 21-Gigahertz-Band in die Privathaushalte übertragen werden.

Bei der Bildausgabe hapert es allerdings noch. Mit Pioneer entwickelt NHK an einem superhochauflösendem Plasma-Bildschirm. Der ausgestellte Prototyp ist mit einer Bilddiagonale von 6,5 Zoll allerdings noch recht klein. Aber dafür trumpft er mit dem weltweit kleinsten Pixel-Pitch von 0,3 Millimetern auf. Auch die Leuchtstärke ist 1,5 mal höher als bei den derzeitigen Plasma-Bildschirmen. Als Traum hat NHK eine Attrappe eines 100-Zoll-Super-Hi-Vision-TVs an die Wand gehängt. "Das Bild ist nur gedruckt", verrät Seki, "aber es kommt in etwa an die Auflösung des Bildschirmes heran."

Die Auflösung ist so hoch, dass NHK nur noch einen Abstand von 75 Prozent der Bildschirmhöhe für den vollen Sehgenuss empfiehlt. Bei traditionellen Flimmerkisten soll man etwa drei mal so viel Abstand waren, wie die Mattscheibe hoch ist. Bis jedoch die Vision von der Hoch-Vision Wirklichkeit wird, werden noch mindestens zehn Jahre vergehen, meint Seki. "Es ist sehr aufwändig, die notwendigen Geräte wie Kameras, Übertragungskonzepte und Bildschirme zu entwickeln."

Noch weiter in der Zukunft liegt nur die übernächste TV-Generation entfernt, die just gegenüber dem Super Hi Vision-Plasma-Bildschirm ihr Potenzial erahnen ließ. Auf einem vielleicht 15 Zoll großen Monitor konnten Zuschauer aus einem bereits recht breiten Winkel bei normalem Licht aufgenommene kleine Filmchen ohne Spezialbrille in 3D bewundern.

Bei diesem "integralen 3D-Fernsehen" werden sowohl bei der Aufnahme als auch beim Display Mikrolinsen-Arrays verwendet. Die Aufnahmen für diese Technik müssen bereits eine höhere Auflösung als HDTV besitzen. NHK hat gleich die hauseigene Super-Hi-Vision-Technik zum Einsatz gebracht.

NHK tüftelt auch an weiteren Spezialkameras. Neben der Hochgeschwindigkeitskamera gibt es eine "Harp-Kamera", die selbst im Dämmerlicht noch bunte Bilder liefert. Die Lichtempfindlichkeit des Sensors sei 50 Mal höher als bei einem herkömmlichen CCD-Bildchip. Entwickelt wird die Technik ins Zusammenarbeit mit derHamamatsu Photonics K.K. und Hitachi Kokusai Electric. Eine Radiowellen-Kamera kann Bilder sogar durch einen Vorhang aufnehmen. Die drei Schaufensterpuppen in der Ausstellung wurden allerdings nur schemenhaft auf den Bildschirm gemalt.

Geradezu marktreif nahmen sich dagegen die Lautsprecher für flexible Displays aus, die ebenfalls zu sehen waren. Gemeinsam mit dem größten Lautsprecherhersteller der Welt, Foster Electric, haben die Fernsehfachleute dem flexiblen Display das Musizieren beigebracht.

Der erste Prototyp basiert auf einem elektroaktiven Polymer, das auf den flexiblen Bildschirm aufgebracht wird und dann die Bildschirmoberfläche gleichzeitig in einen Lautsprecher verwandelt. Dieses Modell schafft inzwischen Frequenzen von 500 Hertz bis 10 Kilohertz. Der zweite Prototyp nutzt elektrodynamische Aktuatoren, die am Rand des flexiblen Displays angebracht sind. Dieses System erzielt sogar einen Frequenzgang von 400 Hertz bis 15 Kilohertz. Zwar nicht genug für Hifi-Fans, aber die Experten haben noch viel Zeit, die Lautsprecher zu verbessern. Denn flexible Displays für bewegte Bilder sind ebenfalls noch Zukunftsmusik. Die Prototypen bei NHK messen gerade einmal 64 Pixel zum Quadrat. (bsc)