Mit Ionenkraft zu den Sternen

Die NASA hat einen verbesserten Ionenantrieb getestet, der ab kommendem Jahr gebaut werden und 2013 einsatzfähig sein könnte.

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Von
  • Brittany Sauser

In den ersten fünf Jahrzehnten der Raumfahrt haben herkömmliche Raketenantriebe gute Dienste geleistet. Für den richtigen Aufbruch ins All, dessen erster Schritt eine Mars-Mission sein soll, setzt die NASA aber auf den Ionenantrieb. Ingenieure der US-Raumfahrtbehörde haben nun am Jet Propulsion Laboratory ein neues System getestet, das stärker und effizienter ist als alle Vorgängermodelle und längere Raumreisen als je zuvor ermöglichen soll.

Der Nachteil chemischer Raketenantriebe, die Treibstoff verbrennen, ist, dass sie umso mehr Treibstoff mitnehmen müssen, je weiter die Reise ins All geht. „Die Nutzlast ist eingeschränkt, weil der größte Teil der Raketenmasse aus Treibstoff besteht“, sagt Alexander Bruccoleri, Raumfahrtingenieur am MIT. „Um das Gewicht und die Größe der Treibstofftanks auszugleichen, muss man das Raumfahrzeug dann sehr leicht, ohne große Strukturen zur Verstärkung bauen.“

Elektrische Raumantriebe haben dieses Problem nicht. Ihr Schub ist zwar schwächer als der von chemischen Triebwerken, ihr Wirkungsgrad aber deutlich höher. Das macht sie interessant für Langstrecken-Missionen zu Asteroiden, Kometen oder anderen Planeten. „Eine der größten Schwierigkeiten beim elektrischen Antrieb sind jedoch die hohe Leistung und die Lebensdauer des Systems“, sagt Daniel Brent White, der am MIT in der Raumfahrtforschung arbeitet.

Die am weitesten entwickelte Variante elektrischer Raumantriebe ist der Ionenantrieb. In dem wird zunächst ein Gas mit Hilfe eine Elektronenbombardements ionisiert – die Energie hierfür kann zum Beispiel aus Solarmodulen kommen. Verschiedene über die Ionisierungskammer verteilte Elektromagneten verstärken diesen Prozess. Über ein elektrisches Feld, das Elektroden an der Schubdüse erzeugen, werden die Ionen dann beschleunigt. Ein Neutralisator entfernt schließlich die Ladungen, um elektrostatische Anziehungseffekte zu verhindern, bevor das Gas mit großer Geschwindigkeit aus dem Triebwerk geschleudert wird und so den Schub der Rakete erzeugt.

Schon in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts hatten die Raumfahrtpioniere Robert Goddard und Hermann Oberth Konzepte für Ionenantriebe skizziert. 1964 testeten die NASA und die sowjetische Raumfahrtbehörde dann erste Prototypen in Satelliten. Regulär eingesetzt wurden Ionenantriebe aber erst ab den neunziger Jahren.

Das neue System wurde im Rahmen des NASA-Programms „Evolutionary Xenon Thruster“ (NEXT) am Glenn Research Center in Cleveland entwickelt. Es baut auf dem Antrieb der Missionen Deep Space 1 (DS1, 1998) und Dawn (2007) auf, der Xenongas verwendet. Die Ingenieure des Glenn Research Center optimierten zum einen die mechanische Konstruktion der Elektromagneten, die die Ionisierung des Gases verstärken, und die Elektroden an der Schubdüse, die so genannte Ionen-Optik. Zum anderen wurde die Anzahl der Schubdüsen verringert, um die Kraft und die Effizienz des Triebwerks zu steigern. „Die Maschine bringt jetzt mehr Leistung, und die Spanne, in der die Leistung geregelt werden kann, ist größer“, sagt Projektleiter Michael Patterson. „Dadurch kann der Antrieb länger laufen.“ Obwohl man die Abmessungen des Antriebs vergrößert habe, sei er nun leichter als das Vorgängermodell. Und um die Lebensdauer zu erhöhen, sei die Komplexität der Konstruktion verringert worden, so Patterson.

Allerdings haben auch Ionenantriebe Nachteile. Die Intensität der Sonneneinstrahlung nimmt ab, je weiter sich das Raumfahrzeug von der Sonne entfernt. „Sonnenenergie funktioniert draußen beim Neptun nicht mehr“, sagt Daniel Brent White, der Konzepte mit Kernenergie als Antrieb und Stromquelle favorisiert. Die wäre zwar sehr ergiebig, aber Sicherheitsbedenken dürften es politisch wohl schwer machen, den Start einer Rakete mit einem Kernreaktor an Bord durchzubekommen.

Für Patterson sind chemische Antriebe denn auch die einzige ernsthafte Konkurrenz. „Unser Vorteil ist, dass wir sehr effizient mit dem Treibstoff umgehen.“ Deshalb würden die USA, Europa und Japan für künftige Raummissionen auch den Übergang zu Ionenantrieben vorbereiten. Eine einsatzfähige Version der Maschine könnte laut Patterson ab Januar 2010 gebaut und drei Jahre später fertig sein. (nbo)