Hören wie die Motte: Neues Mikrofon soll stromsparend und signalspezifisch sein

Eine britische Forschergruppe nutzt 3D-Druck, um biomimetische Klangaufnahmesysteme zu entwickeln. Die Technik basiert auf den Sinnen der kleinen Wachsmotte.

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Die kleine Wachsmotte Achroia grisella.

(Bild: RealityImages / Shutterstock)

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Insekten hören in bestimmten Frequenzbereichen erstaunlich gut – und das mit scheinbar sehr einfacher biologischer Technik, die schlicht aus simplen Membranen besteht. Der britische Forscher Andrew Reid, Dozent für Elektronik und Elektrotechnik an der University of Strathclyde, beschäftigt sich seit Jahren damit. Sein Ziel ist es, neuartige Mikrofone zu entwickeln, die sehr kompakt und in nahezu allen Bereichen – inklusive unter Wasser und im Weltraum – einsetzbar sind. Dabei sollen sie bei der Aufnahme nahezu keinen Strom verbrauchen, was es erlauben würde, sie über viele Jahre mit einer Batterieladung zu betreiben.

Auf dem Jahrestreffen der Acoustical Society of America (ASA) in Chicago zeigte Reid nun, wie das praktisch umzusetzen wäre – mit Hilfe eines 3D-Druckverfahrens. Seine Inspiration holte er sich dabei von Achroia grisella, der kleinen Wachsmotte, einer Schmetterlingsart, die Bienenstöcke parasitiert. Ziel ist der Aufbau eines biologisch inspirierten akustischen Sensors. "Insektenohren sind ideale Vorlagen für die Senkung von Energie- und Datenübertragungskosten und die Verkleinerung der Sensoren." Außerdem lieferten solche biomimetischen Systeme Teile der Signalverarbeitung gleich mit, sagt Reid. Das spart wiederum Rechenleistung und wieder etwas Strom.

Dabei sehen die 3D-gedruckten Membranen kaum anders aus als normale Diaphragmen aus der Akustik. "Das Interessante spielt sich auf mikroskopischem Niveau ab, mit kleinen Variationen in Dicke und Porosität." Noch sind die Systeme experimenteller Natur, da man die Art, wie die Insektenohren funktionieren, nur teilweise verstanden hat. So kann etwa eine Wüstenheuschrecke mit einer nur zwei Millimeter breiten Membran Frequenzen wahrnehmen, die denen des menschlichen Ohrs entsprechen.

In einem ersten Schritt erstellen Reid und Kollegen ein Computermodell des Insektenohrs, in diesem Fall von Achroia grisella. Wie sie das Modell aufbauen müssen, erfahren die Forscher unter anderem durch Röntgenmikrotomographie und Lasermessungen. Erreicht das Modell die gewünschten Frequenzbereiche, kommt es zum 3D-Druck des Modells. Die verwendete Technik ist das Digital-Light-Projection-Verfahren (DLP), der Strukturenaufbau erfolgt über zwei verschiedene Drucker und Polymermaterialien.

Die fertigen Sensoren sollen später anders arbeiten als gewöhnliche Mikrofone. "Im Gegensatz zu herkömmlichen Mikrofonen, die eine Reihe von Informationen erfassen, sind diese Systeme darauf ausgelegt, ein bestimmtes Signal zu erkennen. Dieser Prozess ähnelt der Art und Weise, wie Nervenenden Signale erkennen und weiterleiten", schreiben die Forscher. Noch ist die Technik in einem experimentellen Stadium. Wie Reid gegenüber MIT Technology Review mitteilte, sieht er noch mindestens zehn weitere Jahre der Forschung, bevor an eine Kommerzialisierung zu denken sei.

(bsc)