Flexible Keramik aus dem Gefrierfach

Der Schichtaufbau von Muschel-Perlmutt liefert die Vorlage für eine neue Art keramischer Werkstoffe.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht
Lesezeit: 2 Min.
Von
  • Jan Oliver Löfken
  • Kevin Bullis

Der Schichtaufbau von Muschel-Perlmutt liefert die Vorlage für eine neue Art keramischer Werkstoffe

Keramiken sind in der Medizintechnik, dem Anlagenbau und der Verfahrenstechnik begehrte Werkstoffe. Denn sie sind widerstandsfähig gegen Chemikalien und Hitze. Einzig bei starker Druckbelastung und Stößen zeigen sie sich bruchempfindlich. Amerikanische Forscher berichten in der Fachzeitschrift Science ("Freezing as a Path to Build Complex Composites", Sylvain Deville, Eduardo Saiz, Ravi K. Nalla, Antoni P. Tomsia; Science, Bd. 311. S. 515) über einen Weg zur Synthese flexibler und damit stabilerer Hybridmaterialien aus porösen Keramikschichten mit eingelagerten Metallen und Kunststoffen. Dabei ahmten sie das Prinzip des Schalenaufbaus von Muscheln nach.

Die Gruppe um den Materialforscher Antoni Tomsia am Lawrence Berkeley National Laboratory verteilte Hydroxyapatit-Pulver – das ist eine Kalziumphosphatverbindung – in Wasser. Diese Mischung ließen sie gefrieren. Die Keramikpartikel positionierten sich zwischen den wachsenden Eiskristallen und verbanden sich nach und nach zu porösen Schichten mit Dicken zwischen einem und 200 Mikrometern. Aus diesem Gerüst verdampften die Forscher anschließend die Wasseranteile. In die entstandenen Lücken füllten sie Epoxydharz oder Titan. Mit einer vergleichbaren Methode, allerdings ohne ein Gefrieren, bauen in der Natur Muscheln durch die Einlagerung von Salzwasser in ihre Schale harte Perlmuttschichten auf.

Mit dieser Synthesemethode erhielten Tomsia und Kollegen keramische Hybridmaterialien, die vierfach höheren Drücken standhalten können als bisher erzeugte Keramiken. Besonders durch die Stoßfestigkeit dieses vielschichtigen Werkstoffs sehen die Forscher Anwendungsmöglichkeiten bei künstlichen Knochen, Zahnersatz und leichten, stabilen Karosserieteile. In weiteren Versuchen wollen sie ihr Verfahren optimieren und für großtechnische Herstellungsprozesse weiter entwickeln. (wst)