Aus dem Labor: Haut im Rechner

Ein Computermodell der Haut soll Tierversuche ersetzen

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Lesezeit: 2 Min.
Von
  • Jan Oliver Löfken
  • Kevin Bullis

Kontext: Atmungsaktiv, schützend, selbstheilend: Keine technisch hergestellte Hülle ist so vielseitig und leistungsfähig wie unsere Haut. Trotz aufwendiger Forschung sind noch viele komplizierte Prozesse in diesem vielschichtigen Organ nicht geklärt. Jede Therapie einer Hautkrankheit oder jede neue Kosmetik wird daher in langen Testreihen mit Zellkulturen (in vitro) und Versuchstieren (in vivo) überprüft. Wissenschaftler von den Universitätskliniken in Heidelberg und Hamburg-Eppendorf entwickelten nun die Grundlage für eine Simulation der Haut im Rechner und bereiten damit den Weg zu Versuchen "in silico".

Methode: Das Team um Karsten Neuber und Niels Grabe programmierten auf der Basis der verfügbaren Kenntnisse ein zweidimensionales Hautmodell. Damit soll das Wechselspiel von Prozessen beispielsweise zwischen der inneren Basalschicht und der äußeren Hornschicht der Epidermis (Oberhaut) besser verstanden werden. In einem allerersten Ansatz simulierten sie den Fluss von Calziumionen zwischen den Hautzellen und ihre Auswirkungen auf benachbarte Hautschichten. Wichtig dabei sind auch die Mechanismen, mit denen sich die Hautzellen aneinander lagern und zusammenhaften.

Relevanz: Begleitend zu den klassischen, histologischen Untersuchungen von Hautschnitten soll das Hautmodell im Rechner zu einem besseren Verständnis der experimentellen Daten führen. In weiteren Schritten können dreidimensionale Hautmodelle die Basis liefern, Tierversuche zu vermeiden, da schon Experimente mit Zellkulturen die gewünschten Daten liefern könnten. Dieser Ansatz, der in fünf bis zehn Jahren zu einem wichtigen Werkzeug in der Hautforschung avancieren könnte, kann dann zu einer schnelleren Entwicklung von neuen Therapien bei Hautkrebs oder Schuppenflechte führen. In der Kosmetikbranche könnte die Anzahl der eingesetzten Versuchstiere für Verträglichkeitsprüfungen reduziert werden.

Quelle: A multi-cellular systems biology model predicts epidermal morphology, kinetics, and Ca2+ flow, Niels Grabe, Karsten Neuber, Bioinformatics, Bd. 21, S. 3541 (wst)