Arabien sucht den Top-Erfinder

Während alle Welt Gesangs-Superstars sucht, läuft im arabischen Fernsehen eine viel spannendere Casting-Show.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht
Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Veronika Szentpetery-Kessler

Während alle Welt Gesangs-Superstars sucht, läuft im arabischen Fernsehen eine viel spannendere Casting-Show. Bei „Stars of Science“ treten junge Erfinder gegeneinander an. Dem Gewinner winken viel Geld und Publicity.

Schwitzende Kandidaten, die unter bonbonbunten Studioleuchten auf das Urteil gefürchteter Juroren warten – das waren bislang eher Markenzeichen der inflationär sich ausbreitenden Musik-Castingshows. Während sich dieses TV-Format allmählich selbst überlebt, feiert eine spannende Variante davon große Erfolge im arabischen Fernsehen: Im 2009 gestarteten Wettbewerb „Stars of Science“ messen sich junge Erfinder und entwickeln vor laufenden Kameras eigene Produkte. Ausrichter ist die für Wissenschaftsförderung zuständige Qatar Foundation. Teilnehmen kann jeder, der zwischen 18 und 30 Jahre alt und arabischer Abstammung ist.

Die Bandbreite der präsentierten Erfindungen ist groß. Sie reicht von echten Innovationen bis hin zu ausgefallenen Ideen – etwa dem zwischen zwei Rampen eingepassten Reha-Laufband für verletzte Pferde. Nach etlichen Ganganalysen am Computer fiel erst beim Test mit einem echten Pferd auf, dass den Rampen die Schutzgeländer fehlten, damit die Tiere nicht herunterspringen und sich dabei verletzen.

Da war die Idee des aktuellen Gewinners überzeugender. Neun Wochen hatte der ägyptische Ingenieur Haytham Dsouki an ihr gearbeitet, im Dezember 2011 dann erreichte er sein Ziel. Vor lauter Freude und Erleichterung sank Dsouki in die Knie, er hatte mit seiner Erfindung „Vivify“ gerade 300000 Dollar gewonnen: Seine wenige Zentimeter großen Sensoren in Stickerform können nichtleitende Materialien in Bedienoberflächen verwandeln und etwa im Bad die Ventile ersetzen – mit etwas zusätzlicher Elektronik in der Armatur (siehe Seite 30). Als einer von 7000 Kandidaten gestartet, überzeugte Dsouki in acht Präsentationsrunden nicht nur die Jury, sondern auch das Publikum. Dessen Stimme ging immerhin zur Hälfte mit in die Wertung ein.

„Stars of Science“ soll junge Menschen für Technik und Unternehmertum begeistern. Denn das ausrichtende Land Katar will vorsorgen für eine Zeit, wenn die Petrodollars nicht mehr so reichlich fließen. Wie das US-Magazin „Wired“ schreibt, sieht Scheich Hamad Bin Khalifa Al-Thani, Staatsoberhaupt von Katar, in gut ausgebildeten Forschern und Entwicklern die zukünftige Ressource. Dafür siedelte er Universitäten und Forschungsinstitute in seinem Reich an. Jetzt sollen die besten Forscher aus Katar und den anderen teilnehmenden Ländern durch den Wettbewerb die Chance erhalten, ein Unternehmen zu gründen und ihr Produkt auf den Markt zu bringen.

Dafür müssen die Kandidaten allerdings im Verlauf der Show kräftig dazulernen: Sie sollen nicht nur beweisen, dass ihre Ideen machbar sind und funktionstüchtige Prototypen bauen. Sie müssen auch einen handfesten Businessplan schreiben – und schließlich die Jury davon überzeugen, dass sich ihr Produkt auch verkaufen lässt. Das Urteil fällen am Ende immerhin gestandene Investoren und leitende Wissenschaftler.

Wie viele Teilnehmer fühlte sich auch Haytham Dsouki im Rampenlicht unwohl. In seinem Element war er erst, als er ins Entwicklungslabor zurückkehren und weiterarbeiten konnte. Während bereits die Vorbereitungen für die neue Staffel von „Stars of Science“ laufen, ist der junge Ägypter gerade dabei, tatsächlich sein eigenes Unternehmen zu gründen, um die Vivify-Technik zu vermarkten. (vsz)