Der neue Volks-Wagen

Ein Aachener Professor plant, was kein Autokonzern schafft: ein billiges, sicheres Elektroauto made in Germany.

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Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Angela Froitzheim
  • Ulf J. Froitzheim

Dieser Text-Ausschnitt ist der aktuellen Print-Ausgabe der Technology Review entnommen. Das Heft ist ab sofort im gut sortierten Zeitschriftenhandel und im heise shop erhältlich.

Auf dem Pariser Autosalon im Herbst war Reichweite das große Thema: Elektroautos, versprachen die Konzerne, sollen künftig mit einer Ladung ähnliche Strecken schaffen, wie man sie vom Benziner kennt, bis zu 500 oder gar 600 Kilometer. Außerdem soll der Preisaufschlag gegenüber Verbrennern deutlich zusammenschmelzen.

Günther Schuh und seine „Aachener Gang“, ein loser Zirkel von Professoren an der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule (RWTH), halten nichts davon, beim Einstieg in die Elektromobilität auf die Langstreckentauglichkeit der Fahrzeuge zu setzen. Sie setzen auf den Preis. Während die etablierten Marken versuchen, den Preis für Stromer der Golf-Klasse bis 2020 in die Nähe der 30000-Euro-Schwelle zu drücken, peilt Schuh einen Einstiegspreis von 10000 Euro an, wenn die Akkus nur gemietet werden, und weniger als 13000 Euro beim Kauf.

Das Ganze ist keine theoretische Modellrechnung. Erstens haben Schuh und seine Gang schon einmal gezeigt, dass sie Autos entwickeln können. 2010 gründeten sie die Firma StreetScooter und bauten einen elektrischen Lieferwagen namens Work. Die Deutsche Post war begeistert und kaufte 2014 das ganze Unternehmen. Seit Herbst 2016 fahren die ersten Zustellfahrzeuge in Deutschland. Künftig will der Konzern seine ganze Flotte auf den Work umstellen.

Zweitens existiert ein Geschäftsmodell für den Mini-Elektroflitzer, mit dem der Chef des berühmten RWTH-Werkzeugmaschinenlabors (WZL) im neuen Jahr unternehmerisch an den Start geht. Wie schon für den Work gründeten Schuh und Mitstreiter ein Start-up. Die Firma e.GO Mobile (E wie elektrisch, Go wie gehen) hat ihren Sitz auf dem Uni-Campus, 50 Mitarbeiter – und bereits ein Produkt, das fertig konstruiert und fast fertig designt ist. Der minimalistische, aber auf Sicherheit getrimmte Stadtflitzer heißt Life und reifte in einer kleinen, aber nagelneuen Modellfabrik im Parterre des erst 2015 errichteten Bürogebäudes.

Das endgültige Produkt wird am 17. März präsentiert – nicht auf einer Autoshow, sondern auf der CeBIT in Hannover. Ab diesem Tag nimmt die Firma Bestellungen entgegen. „Als Connected Car mit Elektroantrieb passt der e.GO Life sehr gut auf diese Messe“, glaubt Schuh. „Wir wollen nicht erklären, dass wir ein nettes Auto hinbekommen haben, sondern wie wir aufgrund der Industrie-4.0-Infrastruktur auf unserem Campus mit einem kleinen Team in kurzer Zeit so ein Auto konstruieren konnten.“ Außerdem soll es in Hannover um das Telematikkonzept gehen: Das cloudvernetzte Vehikel funkt automatisch den Hersteller an, wenn sich abzeichnet, dass es Wartung braucht. (rot)