IoT goes Industry

Beim Thema Internet der Dinge fällt vielen zuerst Heimautomatisierung ein, also automatische Beleuchtung in der gewünschten Stimmung, sich öffnende und schließende Rollläden oder Fernsteuerung des TV-Rekorders über das Internet. Das ist zwar alles unheimlich praktisch, aber nur die Spitze des Eisberges.

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Von
  • Dr. Michael Stal
Inhaltsverzeichnis

Beim Thema Internet der Dinge (= IoT, Internet of Things) fällt vielen zuerst Heimautomatisierung ein, also automatische Beleuchtung in der gewünschten Stimmung, sich öffnende und schließende Rolläden oder Fernsteuerung des TV-Rekorders über das Internet. Das ist zwar alles unheimlich praktisch, aber nur die Spitze des Eisberges.

Der wesentlich nachhaltigere Trend im Bereich Industrie bleibt dabei verborgen. Ich erwähne nur die Stichworte "Digitalisierung" und "Industrie 4.0". An dieser Stelle erspare ich mir das viel zitierte Thema IoT-gestützte Parkraumsuche. Stattdessen möchte ich einen bunten Strauß industrieller Anwendungen illustrieren.

  • Container dienen dem Warentransport über Wasser, Straße und Luft. Für Logistikunternehmen und Kunden ist es schwer, ständig die Kontrolle über Position und Zustand von Frachtgut zu behalten. Und es ist überraschend, wie viele Container beim Seetransport buchstäblich ins Wasser fallen. Bei wertvollen und sensiblen Gütern bietet es sich an, jeden Container mit einem IoT-Device auszustatten, dessen Sensorik Aufenthaltsort und Zustand des zugehörigen Containers feststellt und regelmäßig über das Internet meldet.
  • Für die Zukunft der Energiewirtschaft ist es von großer Bedeutung, Fluktuationen im Spannungsnetz festzustellen und genaue Daten über Erzeugung und Verbrauch von Energie proaktiv zu nutzen. Nur so lässt sich die Kette aus Energieerzeugung, -verteilung, -speicherung und -verbrauch nachhaltig optimieren. Als technische Lösungskomponente für das Smart Grid und ebenfalls für die Smart City ist IoT unabdingbar.
  • Beim Verkehrsmanagement in zunehmend dichter bewohnten Metropolen helfen Sensoren mittels präventiver Maßnahmen, Staus zu vermeiden, kritische Verkehrssituationen frühzeitig zu erkennen, und unterstützen dabei auch die Planung. Was für den Verkehr gilt, lässt sich natürlich auf alle weiteren Infrastrukturen übertragen.

Es existieren natürlich viele weitere Szenarien, aber die oberen sollen fürs Erste genügen.

In den Beispielszenarien zeigt sich bei detaillierterer Betrachtung, dass es keine einheitliche architektonische Lösung für alle IoT-Problemstellungen geben kann. Stattdessen existieren viele Unterschiede. Hier ein paar Beispiele:

  • Topologien: Für zentralisierte Ansätze bieten sich Hub-and-Spoke-Vernetzungen an, für autonom agierende Systeme, wie sie im Straßenverkehr vorkommen, Ad-hoc-Topologien, für lokale IoT-Geräte auf demselben System eine Bus-Infrastruktur.
  • Arten der Interaktion: Bei unabhängig agierenden IoT-Geräten, etwa bei Drohnen, kommt es zu nichtdeterministischen Interaktionsbeziehungen zwischen Geräten. Im Rahmen von E-Metering oder allgemein Datenanalytikanwendungen interagieren die Geräte mit dem Backend. Aber auch die direkte Interaktion des IoT-Geräts mit einem Nutzer ist möglich.
  • Fokus auf Daten oder Kontrolle: In datenzentrierten Anwendungen erzeugen IoT-Geräte über Sensoren Daten, die dann im größeren Kontext analysiert werden. Bei kontrollbasierten Anwendungen lassen sich über Aktoren (Steuerungen) Aktionen initiieren, ganz im Sinne von Messen, Steuern, Regeln.
  • Kommunikation: IoT-Anwendungen können rein nachrichtenbasierte Kommunikation nutzen (z. B., MQTT), RESTful als Anwendungsprotokoll und komplexe Ereignisverarbeitung über Publish/Subscribe.
  • Hierarchien: Für Systeme mit einer Handvoll von IoT-Geräten bieten sich flache Hierarchien an. Im Falle von Tausenden oder Millionen Geräten braucht es hierarchische Strukturen. Gerätegruppen, Whole-Part- oder Master-Slave-Abhängigkeiten helfen bei der Einführung hierarchischer Strukturen.
  • Intelligenz: Oft sitzt die Intelligenz der IoT-Anwendung im Coud-Backend. Es gibt aber auch Anwendungsszenarien, in denen Geräte selbstadaptiv und autonom reagieren müssen. Ein Beispiel sind interagierende und lernende Roboter.

Natürlich gibt es noch einige weitere Aspekte wie Workflows, nichtfunktionale Eigenschaften à la Security, Performanz, Skalierbarkeit, Verfügbarkeit. Die sollen aber aus Platzgründen außen vor bleiben, – mit einer Ausnahme.

Ich möchte noch auf den Aspekt des Gerätemanagements hinweisen. Für Anwendungen mit sehr vielen IoT-Geräten ist ein Gerätemanagement notwendig, über das unter anderem das Onboarding/Offboarding von Geräten stattfinden kann. Aber auch automatisierte Firmware-Updates gehören zu dessen Verantwortlichkeiten. Bei Tausenden von Geräten kann der technische Service Firmware-Updates aus offensichtlichen Gründen nicht manuell einspielen. Stattdessen muss das Gerätemanagement im Zusammenspiel mit den Geräten für Updates sorgen. Und hier gibt es durchaus knackige Fragen zu klären: Was ist, wenn das Firmware-Update fehlschlägt? Was tun bei Nichterreichbarkeit von Geräten? Wie lassen sich unautorisierte Zugriffe und andere Sicherheitsprobleme vermeiden?

Bei der industriellen Anwendung impliziert das Internet der Dinge also eine ganze Reihe schwieriger Herausforderungen, dafür aber auch einen weit größeren Mehrwert. Davon zeugen die Aktivitäten großer Unternehmen wie Google, Microsoft, IBM , SAP, Intel, ARM, Bosch, GE und Siemens. Einmal im Netz googeln fördert hier viele interessante Informationen zu Tage.

Der vorliegenden Beitrag sollte die Tragweite des Internets der Dinge aus großer Flughöhe illustrieren. Insbesondere die Frage, warum IoT eine disruptive Innovation mit großen Auswirkungen darstellt. Ab dem nächsten Beitrag möchte ich mich ganz pragmatisch mit IoT im Kleinen beschäftigen. Ziel ist der Einstieg in Microcontroller-Boards wie Arduino und deren Programmierung. Zuerst stehen die Mikrocontroller selbst im Vordergrund, im nachfolgenden Beitrag geht es dann um Elektronikgrundlagen, und in den anschließenden Folgen beschreibe ich konkrete Beispiele auf Basis des Arduino, die sich gut nachvollziehen und nachbauen lassen. Die architektonische Sicht wird natürlich auch eine wichtige Rolle spielen. ()