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155 PS starkes Kraftei punktet auch beim Preis

Um die Kurven gescheucht: Grande Punto Abarth

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Mit eigenständigen Abarth-Modellen will Fiat sein Image verjüngen und auch beim Preis gegen die Konkurrenz punkten. Wir haben den 155-PS-Zwerg mit Sport-Boost-Taste durch die Eifel gescheucht

Meuspath am Nürburgring, 30. Juli 2008 – Fiat lässt Carlo Abarth erneut hochleben: Bekannt wurde der Österreicher (1908 – 1979) zunächst durch Rennen mit Motorrädern mit Seitenwagen, nach dem Krieg war er als Anbieter von Rennautos und getunter kleiner Sportwagen erfolgreich, die oft genug die hubraumstärkere Konkurrenz düpieren konnten. 1971 verkaufte Abarth die Namensrechte an Fiat. Und die Turiner machen in jüngster Zeit wieder verstärkt Gebrauch davon: Bereits vor wenigen Wochen hatten wir die Gelegenheit, den 500er ein wahres Zwergenrennen [1] zu veranstalten. Heute stellen wir Ihnen den Grande Punto Abarth vor.

Ferrari-Gefühl für Normalverdiener

"Ferrari-Spirit für Menschen mit normalem Geldbeutel" verspricht Manfred Kantner, Vorstandschef von Fiat Deutschland, für die neuen Abarths auf Fiat-Basis. Sie sollen den Geist früherer Rennsport-Jahre weitertragen und damit das Image von Fiat verjüngen. Als Zielgruppe sind vor allem Leute unter 30 Jahre anvisiert, gebildet und mit höherem Einkommen. Um die starken Zwerge von ihren Fiat-Kollegen abzugrenzen, bekommen die Autos ein eigenes Label. Der Skorpion verdrängt das Fiat-Logo, der Modellname wurde vor den Markennamen gesetzt: "Grande Punto Abarth" heißt unser Testwagen offiziell. "Das klingt besser", begründet Kantner die Benennung.

Breite Backen, markante Schweller

Optisch kommt der Grande Punto Abarth genauso scharf wie sein kleiner, aber gleichfalls starker Bruder 500 Abarth daher. Mächtige, wabenvergitterte Einlässe sieben die Atemluft, verbreiterte Kotflügel schaffen Platz für 17-Zöller mit 215er-Reifen. Durch die Bicolor-Speichen leuchten bei unserem Testwagen die roten Sättel der speziellen Brembo-Stopper. Auffällige, schwarz abgesetzte Seitenschweller und Radlaufblenden lassen den Wagen breit und angriffslustig wirken.

Um die Kurven gescheucht: Grande Punto Abarth

Farbakzente und Schriftzug an den Seiten

Ein Doppelrohr-Auspuffende, ein Dachspoiler und eine schwarze Schürzenunterkante mit Diffusor zeigen am Heck, wo es langgeht. Zu den kleinen, aber feinen Details gehören Skorpion-Aufkleber an den Seiten sowie ein roter Streifen mit Schriftzug an den Türunterkanten. Letzterer kostet extra und ist nur im Paket mit rot lackierten Außenspiegelgehäusen sowie einer weißen Lackierung zu haben.

Sport-Sitze mit integrierten Kopfstützen

Auch der Innenraum zeigt, wie weit sich der Abarth von seiner Fiat-Basis entfernt hat: Wir werden von den Sportsitzen mit integrierten Kopfstützen nahezu eingesaugt und finden wahrlich genug Seitenhalt. Wer allerdings in die zweite Reihe muss, hat es schwer: Wegen der massiven Rücklehnen ist zunächst Kletterarbeit angesagt. Und dann ist der Ausblick von hinten, vorbei an den fetten Kopfstützen, nicht gerade berauschend. Allerdings auch nicht der Einblick: Ab Werk sind die hinteren Seitenfenster und die Rückscheibe getönt. Den Abarth-Punto gibt es übrigens ausschließlich als Dreitürer. Das ist auch der Grund, warum es keine Abarth-Variante des neuen Bravo geben wird: Der neue Kompakt-Fiat ist nur als Fünftürer im Programm.

Lederhäute kosten Aufpreis

Zurück in die Sportsitze: Wer das Gestühl mit rot vernähtem Leder beziehen lässt, muss zwar Aufpreis zahlen, bekommt aber auch noch den Mittelteil des Armaturenbretts mit diesem Naturmaterial verziert. Die Ledermäntel für das unten abgeflachte Lenkrad und den Schalthebel sind im Serienpreis enthalten. Karbonapplikationen an der Mittelkonsole und um den Instrumenteneinsatz herum verdeutlichen ebenso wie eine Alu-Pedalerie den Sport-Eindruck. Das giftige Getier hat natürlich auch innen Spuren hinterlassen: Ein großer Skorpion prangt an der Armaturentafel auf der Beifahrerseite, an den Sitzen und am Lenkrad.

Um die Kurven gescheucht: Grande Punto Abarth

1,4-Liter-Maschine liefert 155 PS

Nicht fehlen darf das Stachellogo auch auf der Verkleidung der Maschine: Schließlich werden die meisten Abarth-Käufer auch zur bloßen Erbauung die vordere Haube öffnen. Hier ist die Heimat des turbo-beatmeten 1,4-Liter-Vierzylinders. Der Skorpion im Vierventil-Motor liefert 155 PS bei 5500 Touren, will dafür aber mit Super Plus gefüttert werden.

Sound darf noch kerniger sein

Mit einem kernigen, fast röhrenden Sound quittiert der starke Punto den Tritt aufs Pedal. Den Volumen-Regler der Motor-Musik dürfen die Techniker gern noch ein wenig höher drehen. Schließlich wurde Carlo Abarth in den 1950er- und 1960er-Jahren nicht zuletzt durch den markanten Klang der von ihm entwickelten und produzierten Abgasanlagen bekannt.

Sport-Boost-Modus schärft die Maschine

Der scharf gemachte Benziner des Punto zieht gleichmäßig-kräftig von unten heraus, will aber Drehzahlen, um richtig hemmungslos loszusprinten. Mit dem so genannten Sport-Boost-Modus, der sich mittels auffälliger Taste an der Mittelkonsole einschalten lässt, wird das Stacheltier giftiger: Das Gaspedal nimmt schneller Befehle an und als maximales Drehmoment liegen anstatt 201 Newtonmeter bei 5000 Touren kräftige 230 Newtonmeter schon bei 3000 Touren an. Zudem wird die Lenkung spürbar direkter. Den Sprintwert gibt Abarth mit 8,2 Sekunden auf Tempo 100 an, die Spitze mit 206 km/h. Allerdings dauert es auf der Autobahn ab etwa 170 km/h zähe Sekunden, bis die Tachonadel über die 200er-Marke streift.

Um die Kurven gescheucht: Grande Punto Abarth

Die Heimat ist, wo sich Kurven winden

Sein Revier ist die Landstraße: Dort, wo sich die Kurven winden, ist der starke Italiener zu Hause. Beim Fahrwerk wird der Unterschied zur Zivil-Version des Grande Punto noch spürbarer: Der Abarth ist richtig straff gefedert. Im Vergleich zum Fiat-Kleinwagen wurden vorn vergrößerte Stabilisatoren verbaut, die Spur um sechs Millimeter erweitert und die Karosserie um zehn Millimeter tiefer gelegt. Das reduziert zwar den Komfort merklich, bringt aber ein Plus an Fahrfreude. Wir sind froh über die Drei- und Neunuhr-Wülste am Lenkrad, denn der Kleine lässt sich sehr agil und vor allem schnell durch Straßenbiegungen wedeln. Antriebseinflüsse in der Lenkung sind zwar nicht auffällig spürbar, bleiben allerdings auch nicht ganz außen vor.

Knackige Schaltung, aber lange Wege

Für die Serpentinen-Tour empfehlen wir unbedingt den Griff zur Sport-Boost-Taste: Für schnelle Überland-Etappen ist die Lenkung im Normal-Modus zu indirekt abgestimmt. Zur ambitionierten Fahrweise passt die Sechsgang-Schaltung prinzipiell gut. Die Gänge lassen sich exakt und knackig an Ort und Stelle bringen, nur die Wege sind für ein Auto mit diesem Sport-Anspruch zu lang.

180 PS mit Esseesse-Kit

Apropos Anspruch: Ein bisschen mehr geht immer. So lässt sich der Abarth weiter aufrüsten. Mit dem Fahrwerkskit Assetto kann der schnelle Südländer um weitere zehn Millimeter näher an den Asphalt gelegt werden. Eine Hochleistungsbremsanlage und 18-Zöller gehören ebenfalls dazu. Steigern lässt sich das Assetto-Paket mit dem Esseesse-Kit. Dann wird zusätzlich die Maschine auf 180 PS bei 5750 Touren gebracht, das Drehmoment erreicht 270 Newtonmeter. 7,5 Sekunden auf Tempo 100 und eine Spitze von 215 km/h sind das Resultat des Umbaus, der bei einem offiziellen Abarth-Vertriebspartner vorgenommen wird und auch nachträglich noch möglich ist. Das Assetto-Kit kostet 2500 Euro, das Esseesse-Kit ist 4500 Euro teuer. Hinzu kommen aber noch die Einbaukosten.

Um die Kurven gescheucht: Grande Punto Abarth

Ab 18.100 Euro

Die grundsätzliche Voraussetzung dafür ist natürlich erstmal die Anschaffung des Grande Punto Abarth. Der ist ab 18.100 Euro zu haben. Der teuerste Posten in der recht kurzen Zubehörliste ist die Lederausstattung für 1100 Euro, gefolgt von einem Glasschiebedach für 870 Euro. Ein HiFi-System ist ebenso serienmäßig an Bord wie das Blue&Me-System. Dieses beinhaltet eine Bluetooth-Freispechanlage mit Spachsteuerung, einen SMS Reader, acht Multifunktionstasten fürs Lenkrad und einen USB-Port fürs Abspielen von MP3 und WMA-Dateien. Gegen 350 Euro Aufpreis gibt es "Blue&Me Nav", das ein Navigationssystem mit Piktogrammdarstellung beinhaltet.

Preisvorteil gegenüber der Konkurrenz

Bei der Konkurrenz bekommen wir nicht ganz so viel Auto für dieses Geld: Der Ford Fiesta ST kostet 18.600 Euro, der VW Polo GTI 19.800 Euro und der Opel Corsa GSI 19.950 Euro. Alle drei haben 150 PS. Der Grande Punto Esseesse spielt in einer höheren Leistungs-Liga und tritt gegen den 175 PS starken Mini Cooper S ab 22.100 Euro, den Opel Corsa OPC mit 192 PS ab 22.700 Euro und den Peugeot 207 RC mit 175 PS für 20.900 Euro an.


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