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Mehrstufig

Test: Hyundai i20 1.0 T-GDI

Fahrberichte Florian Pillau
Hyundai i20 1.0 T-GDI

(Bild: Pillau)

Hyundai nimmt die Diesel-Motoren aus dem i20-Programm. Bleibt als verbrauchsgünstigste Alternative der aufgeladene Ein-Liter-Benziner, der nun immer mit Partikelfilter und wahlweise mit Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe erhältlich ist. Wir fuhren diese neue Kombination

Hyundai modernisiert den Kleinwagen i20 und nimmt die Diesel-Motorisierung aus dem Programm. Bei den marginalen Gewinnspannen kleiner Autos rentiert sich die immer teurer werdende Abgasnachbehandlung nun wahrscheinlich auch für Hyundai [1] nicht mehr. Bleibt als verbrauchsgünstigste Alternative der aufgeladene Ein-Liter-Ottomotor mit variablen Steuerzeiten. Mit der neuen Option auf das bereits in i30, i40 und Tucson bewährte, konzerneigene Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe könnte er seinen Kundenkreis erweitern. Die Modellpflege bringt dem Motor nun endlich auch den Ottopartikelfilter [2], ohne den er als Direkteinspritzer die gesetzlichen Partikelgrenzwerte der Abgasnorm Euro 6c [3] nicht mehr gepackt hätte.

Wir fuhren den Kleinwagen in dieser seit Juli 2018 erhältlichen Kombination mit dem um eine Notbremsfunktion für den Stadtverkehr (bis 75 km/h), einen vorderen Kollisionswarner und einer Spurhalteunterstützung (ab 60 km/h) erweiterten Assistenz-Angebot. Auf die derart verbesserten Modelle weisen nur kleine optische Veränderungen hin, was ganz im Stil des i20 ist, der sich noch nie in den Vordergrund gedrängelt hat. Damit passt er zu braven Wettbewerbsmodellen wie VW Polo (Test) [4], Ford Fiesta (Test) [5], Opel Corsa (Test) [6] oder Renault Clio. Immerhin gibt es nun auch eine für Hyundai-Verhältnisse geradezu extrovertierte Zweifarb-Lackierung.

Kunden mit gesteigertem Bedürfnis nach Außenwirkung interessieren vielleicht eher optisch ein bisschen aus der Reihe fallende Kleinwagen wie Citroën DS 3 (Test) [7], Nissan Juke oder Toyota Yaris [8]. Der Hyundai i20 ist trotz oder wegen seiner Zurückhaltung erfolgreich, Januar bis August 2018 legten die Verkäufe des jetzt nur mehr viertürig erhältlichen Kleinwagens um fast ein Fünftel zu.

Schlichtheit am Armaturenbrett

Noch vernunftbetonter als sein Äußeres wirkt im i20 das Armaturenbrett. Formen ordnen sich den Funktionen unter, einziger Schmuck sind dünne Chromränder um einige Knopfsammlungen und Belüftungsöffnungen. Auf weiteres Beiwerk, wie es etwa in einem vergleichbaren Skoda Fabia angeboten wird, muss der Hyundai-Interessent selbst in der teuersten Ausstattung verzichten. Die Gefahr von Blendung und Spiegelung [9] ist damit aber auch kein Thema.

Sehr schön und im Sinne der Ergonomie wie die sinnfällige und gewohnheitsbezogene Anordnung der Bedienelemente für alle wichtigen Grundfunktionen. Ärgerlich ist einzig der prominent von höchster Position am Armaturenbrett im Dunkeln impertinent blau leuchtende Türzentralentriegelungsknopf, dessen Position wir nicht vollständig begriffen haben.

Nachgiebige Polster

Ergonomisch nicht voll zufrieden stellten uns die Sitze. Zu knapp die Sitzfläche, zu wenig definiert in der Polsterhärte ließen sie mangels Stützwirkung die Fahrer früher als nötig ermüden. Immerhin ist der Fahrersitz auch in der Höhe einstellbar, nicht aber in der Sitzflächenneigung. Hinten sind die Polster ähnlich nachgiebig – immerhin aber mit ausreichend Beinfreiheit. Der Innenraum des vier Meter langen i20 gehört zu den Längeren unter Seinesgleichen.

Gefehlt hat uns am Testwagen nur das Panorama-Glasdach, das Hyundai gegen den Trend zu festen Dachverglasungen [10] dankenswerterweise mit Offenfahrfunktion anbietet. Die weit öffnenden Türen ermöglichen einen guten Zustieg, die hohe Ladekante zum 326 Liter großen Kofferraum allerdings erfordert bisweilen kräftige Arme. Aus- und Rundumblick gehen in Ordnung und werden ergänzt durch eine Rückfahrkamera, deren fixe Linse an der Heckklappe leicht verschmutzt. Volkswagen beispielsweise bietet daher selbst an Kleinwagen eine bei Bedarf ausfahrende Kamera [11].

Der Hyundai bleibt – solange man ihn nicht tritt – schön leise. Das typische, angenehme Dreizylindergeräusch beginnt erst oberhalb 4500/min, wird aber oberhalb 100 km/h von Windgeräusch maskiert.

Stämmige Beschleunigung

Immer noch können wir staunen über die stämmige Beschleunigung der aufgeladenen Ein-Liter-Dreier, völlig egal von welchem Hersteller. Im in beiden Leistungsvarianten 172 Nm ab 1500/min kräftigen Hyundai allerdings sind Turbo-Verzögerung im An- und Abfluten im Abgang etwas stärker spürbar als im vergleichbaren Volkswagen-Motor. Wir konnten das direkt vergleichen, weil wir parallel einen Skoda Fabia 1.0 (Test) [12] in der Redaktion hatten. Außer dem Partikelfilter hat Hyundai nichts Wesentliches geändert an dem Motor, der weiterhin mit 74 (100 PS) oder 88 kW (120 PS) angeboten wird.

Interessanter fanden wir sein Zusammenspiel mit dem Doppelkupplungsgetriebe, das zum ersten mal mit dem kleinen Motor erhältlich ist. Das 7DCT mit trockenen Kupplungen hat Hyundai selbst entwickelt. Im i20 überzeugt es mit einem umstandslosen, aber ruckfreien Anfahren und angenehm verschliffenen Schaltvorgängen. So soll es sein. Im normalen Modus werden die Stufen bereits bei rund 1500 Touren gewechselt und selbst bei heftigem Beschleunigungswunsch überraschend früh hoch- und recht spät heruntergeschaltet. Mit Hebel in der Gasse links, die manuelles Schalten ermöglicht, fühlt sich das ganze Auto wie befreit an, weil dann automatisch später geschaltet wird.

Bei händischer Gangwahl wirkt das Getriebe allerdings bisweilen etwas unbeholfen. Das liegt daran, dass bei niedrigen Touren – also geringem Drehzahlunterschied – der Motor mit zu hoher Anschlussdrehzahl eingekuppelt wird und bedeutet, dass man statt der erwarteten Motorbremswirkung erst noch eine kurze Beschleunigungsphase inklusive Lastwechsel erleben kann. Aber, wie gesagt, das Auto will bestimmt keinen Fahrdynamiker überzeugen und ganz sicher werden fast alle Kunden nicht manuell schalten wollen – außer vielleicht, es geht mal sehr steil bergab.

Erst kriecht er, dann riecht er

Apropos „steil“, – vielleicht ist es ja als eine Art Anfahrhilfe gedacht: In „D“ und angezogener Handbremse (nur dann, bei getretenem Bremspedal bleibt der Kraftschluss unterbrochen) beginnt der Wagen zu kriechen. Der Kraftschluss der Anfahrkupplung und der Krafteinsatz des Motors werden dann langsam aber stetig bis zur Überwindung der Handbremswirkung erhöht – und zwar selbst dann, wenn der Hebel der Feststellbremse bis zum Anschlag gezogen ist. Etwas später beginnt etwas zu stinken, entweder die trockenen (also offenen) Kupplungen oder die Handbremsbeläge.

Den Verdacht auf die Kupplungen lenkt eine anwählbare Getriebetemperaturanzeige im Bordcomputer. So etwas hat ein Hochleistungsauto wie der Mercedes A 45 AMG (Test) [13], der 381 PS auf sein (nasses) DKG loslässt, in einem i20 verwundert es doch einigermaßen. Wir wissen zwar nicht, ob dieses Verhalten den Komponenten schadet, gehen aber davon aus, dass sich dieses für uns unerklärliche Verhalten mit einigen Zeilen Programmcode auch anders gestalten ließe. Das Elektronenhirn für die Kupplungssteuerung bräuchte dazu nur eine Meldung über die angezogene Handbremse auszuwerten. Dass der dafür nötige Schalter bereits vorhanden ist, beweist das im Armaturenbrett aufleuchtende Handbremssymbol.

Charakterlich zum unkomplizierten Stadtwagen passt die Lenkung, sie agiert leicht synthetisch, ist aber nicht zu indifferent in Mittellage. Neu ist der Assistenz-Eingriff bei nichtblinkendem Verlassen der Spur. Im Stadtverkehr wünschten wir uns einen etwas handlicheren Wendekreis. Das Fahrwerk überzeugt bis zu einem gewissen Maße mit gutem Schluckvermögen, bei größeren Anregungen allerdings verstolpert es sich zunehmend, was allerdings eher zulasten des Komforts geht als die Straßenlage zu stören. Die kostensenkende Verbundlenkerhinterachse hat zwar ihren Anteil, aber vor allem dürfte es mit der Abstimmung der Dämpfer zu tun haben. An der Bereifung lag es eher nicht, denn die ist mit ihren 195/55R16 noch ganz zivil. Unsere Fahrwerksreferenz in dieser Größenklasse ist seit Langem der VW Polo (Test) [14], neuer Komfortfavorit ist der Citroën Cactus C4 (Test) [15].

Keine dramatische Reaktion

Übertreibt man es, erweist sich der kleine Hyundai als braver Untersteuerer mit frühem ESP-Eingriff, Gas wegnehmen an der Haftgrenze in der Kurve provoziert keine dramatische Reaktion an der Hinterachse. Die Bremsen sind gut dosierbar, der Bremsweg ist kurz. Bei den kräftiger motorisierten Versionen – also auch in unserem Exemplar – werden hinten Scheibenbremsen eingebaut.

Der Hyundai i20 ordnet sich in der Summe seiner Eigenschaften zielgenau in die Mitte unter Seinesgleichen ein. Die Ausstattung mit Partikelfilter macht den Kleinwagen nun zukunftssicher in Bezug auf mögliche kommende Fahrverbote für „Filterlose“, wie wir sie ja längst von den Umweltzonen kennen und aktuell in verschärfter Form aus der Diesel-Fahrverbotsdiskussion.

Nicht sparsam

Mit dem jetzt erhältlichen Doppelkupplungsgetriebe fährt der Wagen unkompliziert, solange man es nicht auf Selbstschalten anlegt und mit ähnlichen Verbräuchen wie mit dem bisher erhältlichen manuellen Schaltgetriebe. Diese sind allerdings relativ hoch, wir benötigten 5,8 Liter (minimal 5,1), was uns dennoch überraschte, weil der Bordcomputer unerwarteterweise zu viel angab: 5,5 Liter entsprachen tatsächlichen 5,1 l/100 km. Die Preisdifferenz auf einen teureren, sparsameren VW Polo oder Skoda Fabia wird allerdings wohl niemand herausfahren – der Hyundai i20 ist ein Kurzstrecken- und kein Vertreterauto.

Irritierend fanden wir den offenbar einprogrammierten, wachsenden Vorwärtsdrang des Getriebes bei angezogener Handbremse, aber damit kann man leben lernen. Dass Hyundai seinen i20 trotzdem eine hohe Lebensdauer zutraut, zeigt die traditionell lange Garantiefrist von fünf Jahren. Mit Preisen über 20.000 Euro kommt der Hyundai i20 einem ähnlich motorisierten VW Polo nah. Ob dessen spürbar akribischere Abstimmung von Motor, Getriebe, Fahrwerk und Sitzmöbeln den Mehrpreis wert ist, wird wohl nur eine persönliche Probefahrt klären können.

Unnötiger Aufschlag

Die gefahrene Version mit DCT und 88 kW in der fast kompletten Ausstattungslinie „Style” kostet mindestens 21.250 Euro. Etwas weniger teuer ist mit 20.650 Euro die gleich ausgestattete Version mit 74 kW, und vergleichsweise günstig in der gehobenen Ausstattung „Trend” mit 18.900 Euro. Gleich welche Ausstattung Sie wählen: Den Preisaufschlag für einen kaum spürbaren Unterschied in den Fahrleistungen würden wir jedenfalls nicht zahlen.

Hyundai hat die Überführungskosten übernommen, der Autor jene für Kraftstoff.


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[2] https://www.heise.de/autos/artikel/Partikelfilter-fuer-Ottomotoren-3658551.html
[3] https://www.heise.de/autos/artikel/Abgasnormen-im-Ueberblick-4060878.html
[4] https://www.heise.de/autos/artikel/Test-VW-Polo-TGI-3985611.html
[5] https://www.heise.de/autos/artikel/Im-Test-Ford-Fiesta-EcoBoost-1-0-Titanium-3890885.html
[6] https://www.heise.de/autos/artikel/Test-Opel-Corsa-mit-dem-90-PS-Dreizylinder-2865556.html
[7] https://www.heise.de/autos/artikel/Citroen-DS3-im-Fahrbericht-3135358.html
[8] https://www.heise.de/autos/artikel/Vorstellung-Toyota-Yaris-Facelift-3619382.html
[9] https://www.heise.de/autos/artikel/Test-Mitsubishi-Eclipse-Cross-1-5-T-MIVEC-4WD-4111213.html?bild=6&view=bildergalerie
[10] https://www.heise.de/autos/artikel/Intelligente-Loesungen-und-Ungereimtheiten-2762667.html?bild=13&view=bildergalerie
[11] https://www.heise.de/autos/artikel/Test-VW-Golf-1-5-TSI-ACT-3751530.html
[12] https://www.heise.de/autos/artikel/Im-Test-Skoda-Fabia-Combi-1-0-TSI-4170588.html
[13] https://www.heise.de/autos/artikel/Fahrbericht-Mercedes-A-45-AMG-3268821.html
[14] https://www.heise.de/autos/artikel/Fahrbericht-Unterwegs-im-VW-Polo-1-0-3867388.html
[15] https://www.heise.de/autos/artikel/Fahrbericht-Citroen-Cactus-C4-4069349.html