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Trendkost

Test: Hyundai Kona 1.6 T-GDI

Fahrberichte Martin Franz
Hyundai Kona

(Bild: Florian Pillau)

Der Hyundai Kona wird derzeit nur mit zwei Benzinern angeboten. Im Laufe des Jahres folgt noch ein Elektroantrieb und zwei Diesel. Für einen Test stand uns der 1.6 T-GDI mit 177 PS, Allradantrieb und Doppelkupplungsgetriebe zur Verfügung

Die Industrie bedient Bedürfnisse. Diese schlichte Erkenntnis wird oftmals übersehen, wenn es um SUVs geht. Nun sind die Hersteller Trends nicht etwa hilflos ausgeliefert, doch eine komplette Mode-Abstinenz kann sich kein Massenhersteller leisten. Gefragt sind nicht die besonders sperrigen SUV-Modelle, sondern die Klassen mit einer Länge rund um 4,4 Meter und die kompakten Ableger, die rund 4,2 Meter messen. Zu dieser gehört auch der Hyundai Kona, der seit dem vergangenen Jahr mit zwei Benzinern angeboten wird. Im Laufe des Jahres folgt noch ein Elektroantrieb und zwei Diesel. Für einen Test stand uns der 1.6 T-GDI mit 177 PS, Doppelkupplungsgetriebe und Allradantrieb zur Verfügung.

Bullige Gestaltung

Hyundai betritt mit dem Kona ein Segment, in dem es reichlich Konkurrenz gibt: Opel Crossland, VW T-Roc, Seat Arona [1], Renault Capture sind nur einige von zahlreichen Modellen, die in diesem Revier Kunden überzeugen wollen. Der Kona versucht erst gar nicht, sich optisch abzuheben. Auch er bringt die offenbar begehrte, bullige Gestaltung mit. Die Lampen vorn und hinten sind teilweise nur noch Schlitze, was dem Ganzen wohl eine gewisse Schärfe geben soll.

Im Testwagen wurde die grünliche Lackierung zum Teil innen wieder aufgegriffen. Im Falle der Gurte hatte ein Testfahrer die Assoziation, sich eine grüne Baumpython über die Schulter zu legen. Doch hier hat der Kunde die Wahl zwischen vier Farben – es muss also nicht die farbliche Version „Würgeschlange“ sein. Die Materialien sind ähnlich schlicht wie im VW T-Roc, die Verarbeitung kein Stückchen schlechter. Alles ist sauber zusammengesetzt und macht einen soliden Eindruck. Auch außen wirkt der Kona sorgsam zusammengesetzt. Selbst den Tankdeckel hat man gerade eingebaut – daran scheitern mit unter auch selbsternannte Premiumhersteller [2].

Anhänglich

Negativ ist gleich zwei Fahrern das Lenkrad aufgefallen: Obwohl der Testwagen erst etwas mehr als 10.000 Kilometer runter hatte, wirkte der Lederbezug schon etwas speckig und bei hohen Temperaturen auch ein wenig klebrig. Eine Form der Anhänglichkeit, die mir etwas unangenehm ist. Die Lenkradheizung erwärmt den unteren Teil erheblich stärker als den oberen. Auch das bekommen andere Hersteller besser hin.

Für die im Testwagen mit Leder bezogenen Sitze galt nicht. Bezug und Heizung waren einwandfrei. Allerdings war der Rücken von gleich zwei Kollegen mit der seltsam runden Ausformung der Lehne inkompatibel. Die Platzverhältnisse entsprechen dem in dieser Klasse erwartbarem: Zwei nicht zu lange Eltern mit zwei Kindern bis ins Grundschulalter kommen gut zurecht. Hier darf man sich nichts vormachen: Der Kona ist mit 4,16 m rund 10 cm kürzer als ein VW Golf [3], zwischen den Achsen ist der Golf rund vier cm länger. Raumwunder lassen sich auf diesen Verkehrsflächen nicht realisieren. Dafür wirkt der Kona im Alltag angenehm kompakt, was gerade in der Großstadt bei der Suche nach einem Parkplatz ganz angenehm ist.

Dabei wünscht man sich allerdings eine bessere Rundumsicht. Wie bei vielen Konkurrenten ist die auch im Kona eher mau. Die Rückfahrkamera im Testwagen entschärft das Problem ein wenig, hilft aber beim Abbiegen natürlich nicht.

Starker Benziner

Derzeit wird der Kona nur in zwei Konfigurationen angeboten: Einem Dreizylinder mit 120 PS, Frontantrieb, Schaltgetriebe und einem Vierzylinder mit 177 PS, Allradantrieb und Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe. Im Laufe des Jahres folgt noch der Kona EV mit Elektroantrieb [4] und zwei Dieselmotoren mit 115 und 136 PS. Damit deckt Hyundai eine größere Bandbreite ab als fast alle Konkurrenten. Im Testwagen war der starke Benziner eingebaut, der sicher mehr bietet, als die meisten Menschen im Alltag brauchen werden. Das Zusammenspiel mit dem Getriebe wirkt harmonisch, sofern man den Kona nicht zur Eile treibt. Erst dann wirkt manch ein Schaltvorgang ein wenig unkoordiniert. Das legt sich allerdings, wenn der Fahrer ins Programm „Sport“ wechselt.

Arbeiten könnte Hyundai noch an zwei Punkten: Zum einen wurde offenbar an der Geräuschdämmung gespart. Das betrifft sowohl Motoren-, Fahrwerks- wie auch Windgeräusche. Längere Etappen mit hohem Tempo erfordern eine gewisse Leidensfähigkeit. Das bekommen andere in dieser Klasse besser hin. Beim kräftigen Beschleunigen war ein Schnarren vom Motor zu hören. Je nach Geschmack tönt das lustig bis lästig. Auf Dauer finde ich weniger "Sound" immer besser.

Durstig

Der zweite Punkt betrifft den Verbrauch. Minimal waren es im Test bei uns 7,1 Liter, im Schnitt eher 8,5. Mehr als 11 Liter sind ohne Brutalität problemlos zu überschreiten. Ein Teil mag den winterlichen Temperaturen geschuldet sein, doch mir wäre das, auch im Hinblick auf das Gebotene, etwas zu viel. Natürlich ist die Kombination aus SUV und starkem Benziner keine, die in dieser Hinsicht Rekorde erwarten lässt. Sie fordert ihren Tribut, doch der Kona liegt damit auch oberhalb des VW T-Roc mit 190 PS [5].

Das Gefühl, im Vergleich mit dem VW keinen besonders guten Futterverwerter zu haben, liegt auch an den etwas schlechteren Fahrleistungen. Die Werksangaben liegen noch auf einem ähnlichen Niveau, doch subjektiv bleibt der Kona hinter dem T-Roc eine gutes, vor allem aber fühlbares Stück zurück. Für sich betrachtet ist der so motorisierte Kona selbstverständlich in dieser Hinsicht stets mehr als nur ausreichend ausgestattet.

Wer sich für einen der beiden Benziner interessiert, sollte allerdings mit dem Kauf noch etwas warten. Wie viele andere Hersteller auch nutzt Hyundai derzeit nämlich die Unwissenheit vieler Interessenten. Im Laufe des Sommers werden beide Kona-Benziner einen Partikelfilter [6] bekommen und damit auch die ab September 2018 für alle erstmals zugelassenen Autos vorgeschriebene Abgasnorm Euro 6c erfüllen. Derzeit ist es nur die Abgasnorm Euro 6b - wofür Hyundai, wie seine Konkurrenten, ein temporäres Boykott verdient hat. In einer aufgeheizten Debatte Neuwagen anzubieten, die absehbar in ein paar Monaten nicht mehr dem aktuellen Stand entsprechen, ist kein schöner Zug von den Herstellern.

Gebimmel

Das Angebot an Helfern ist im Kona recht übersichtlich. Vermisst haben wir nur einen Abstandstempomaten, den es im Kona auch gegen Aufpreis nicht gibt. Der Spurhalteassistent unterstützt wahlweise mit Eingriffen in die Lenkung – was sicher nicht jedermanns Sache ist – oder akustisch. Der gewählte Warnton veranlasste mich recht rasch, das ganze zu deaktivieren. Das Gebimmel ging mir schon nach ein paar Kilometern derart auf den Wecker, dass ich sorgsam darauf bedacht war, in der Spur zu bleiben. So gesehen ist dieser Assistent also durchaus erfolgreich.

Das Navigationssystem findet recht zügig den Weg. Über einen Hotspot, der sich mit jedem gängigen Handy einrichten lässt, kann man das Datenvolumen des eigenen Handytarifes anzapfen, um beispielsweise Verkehrsdaten oder eine Wettervorhersage auf den Bildschirm zu holen. Hyundai liefert außerdem kostenlos Kartenupdates über die gesamte Fahrzeuglebensdauer bis zu 10 Jahre nach Produktionsende der Modellreihe. Dies ist sehr löblich und zur Nachahmung vielen anderen Herstellern empfohlen, die dafür richtig zulangen. Murks ist dagegen die Verkehrszeichenanzeige auf Basis einer Datenbank im Auto. So etwas kann nie aktuell sein, was den Nutzen ziemlich reduziert.

Mit zwei Drehreglern kann man sehr schnell Lautstärke und Kartenzoom verändern oder sich flink und bequem durch die Musikauswahl arbeiten. Eine gute Idee ist auch, sich die zuletzt hinzugefügten Titel auf einem Stick anzeigen zu lassen. Das Navigationssystem wird im Kona nur in den drei teuren von fünf Ausstattungslinien verkauft. Es ist nur im Paket zu haben und kostet 850 Euro.

Spielfreude

Inklusive ist dann auch ein Soundsystem von Krell. Eine amerikanische Marke, die hierzulande vermutlich einen eher geringen Bekanntheitsgrad hat. Im Grundton ist es – typisch amerikanisch – eher füllig abgestimmt. Stellen Sie sich eine Band vor, die vielleicht nicht ultra-präzise, dafür aber mit großer Freude spielt. Mir gefällt diese Idee hinter der Soundanlage, zumal die Geräuschdämmung, wie beschrieben, ohnehin eher spärlich ist. Für mich klingt das angenehmer als das, was beispielsweise BMW für wenig und Renault für viel Geld einbauen.

Fair

Mit dem 177-PS-Benziner kostet der Kona mindestens 25.000 Euro. Das sind 4700 Euro mehr als für den Kona 1.0 [7] mit nahezu identischer Ausstattung. Den gibt es allerdings nur mit Frontantrieb und Schaltgetriebe, im 1.6 sind Allradantrieb und Doppelkupplungsgetriebe serienmäßig. Angesichts der umfangreichen Serienausstattung ist das insgesamt ein sehr faires Angebot. Zur groben Einordnung: Ein VW T-Roc ist mit 190 PS nicht unter 30.800 Euro zu haben, bei deutlich schlechterer Ausstattung.

So gehört bei Hyundai unter anderem eine Garantie über fünf Jahre ohne Aufpreis immer mit dazu. So etwas muss man nicht nur bei VW teuer extra bezahlen. An anderer Stelle hat Hyundai die Unsitte einige Hersteller leider übernommen. Der 177-PS-Motor ist erst ab der Ausstattungslinie "Trend" zu haben. Für die ist eine Reihe von Extra aber nicht zu haben: Schiebedach, Head-up-Display, Totwinkel-Warner, Einparkhilfe vorn, Regensensor, kabellose Handyladestation oder Zweifarbenlackierung - wer etwas aus dieser Liste haben möchte, muss eine teurere Version nehmen. Allerdings ist der monetäre Unterschied nicht allzu gewaltig: Als Style kostet der Kona nur 1400 Euro mehr.

Hyundai hat die Überführungskosten übernommen, der Autor jene für Kraftstoff.


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https://www.heise.de/-4002699

Links in diesem Artikel:
[1] https://www.heise.de/autos/artikel/Fahrbericht-Seat-Arona-1-0-EcoTSI-3986268.html
[2] https://www.heise.de/autos/artikel/Im-Test-BMW-520d-Touring-3765507.html?bild=27&view=bildergalerie
[3] https://www.heise.de/autos/artikel/Test-VW-Golf-1-5-TSI-ACT-3751530.html
[4] https://www.heise.de/autos/artikel/Der-neue-Hyundai-Kona-EV-3980156.html
[5] https://www.heise.de/autos/artikel/Fahrbericht-VW-T-Roc-2-0-TSI-4Motion-3963330.html
[6] https://www.heise.de/autos/artikel/Partikelfilter-fuer-Ottomotoren-3658551.html
[7] https://www.heise.de/autos/artikel/Fahrbericht-Hyundai-Kona-1-0-T-GDI-3863204.html