Test: Dacia Duster dCi 110

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Ständig ein neues Auto vor der Tür – das kann bei Nachbarn schon einmal seltsame Ideen hervorrufen. Meine Nachbarn kommen zum Teil aus Rumänien, sind nett und wissen, dass ich nicht mit leichten Mädchen und/oder Drogen handle. Eigentlich hätte ich ja etwas Lokalpatriotismus von ihnen erwartet, aber Bewunderung war es eher nicht, was in ihren Kommentaren zu diesem Testwagen mitschwang. Dabei ist der neue Duster ein durch und durch ehrliches Auto.

Günstig, aber ...

Zunächst gilt es allerdings das vom Hersteller so gern gezeichnete Bild ein wenig zurechtzurücken. Beworben wird der Dacia Duster mit einem Basispreis von 11.490 Euro. Um das einmal grob einzuordnen: Dafür bekommen Sie weder VW Polo, Opel Corsa oder Renault Clio, von vergleichbar großen SUVs ganz zu schweigen. Allerdings muss zumindest der Basispreis ein wenig relativiert werden: Zwar mag der Anteil der Kunden, die keine Klimaanlage haben wollen, bei Dacia ein wenig größer sein als bei anderen Herstellern, wirklich mehrheitsfähig dürfte dieser Sparwillen aber auch hier nicht sein. Dem Basismodell bleibt die Klimaanlage ebenso verwehrt wie Metallic-Lack, Radkappen, ein höhenverstellbarer Fahrersitz, eine Beleuchtung fürs Handschuhfach, geteilt umlegbare Rücksitzbank, Sitzheizung oder Radio. Immerhin: Bordcomputer, elektrische Fensterheber und Zentralverriegelung sind immer mit dabei.

Der Verdacht, dass Dacia eine Version zur Schönung der Preisliste geschaffen hat, lässt sich nicht ganz ausräumen. Erst mit der nächsten Stufe in der Ausstattungshierarchie lässt sich eine Klimaanlage für 600 Euro dazubestellen. Ohne weitere Extras zahlt der Kunde dann 13.100 Euro, was immer noch ziemlich günstig erscheint, sich von den 11.490 Euro aber doch schon etwas entfernt. Ein vergleichbar großer Seat Ateca kostet mindestens 19.900 Euro, bringt dafür aber Klimaanlage und Radio mit.

Unnötig: "Prestige"

Der Testwagen war mit so ziemlich allem ausstaffiert, was die übersichtliche Preisliste hergibt. Zum Preis von 17.000 Euro für den 109-PS-Diesel-Duster in der teuersten Ausstattungslinie „Prestige“ kamen unter anderem noch das Doppelkupplungsgetriebe, Ledersitze, Klimaautomatik und noch ein paar Kleinigkeiten, sodass am Ende ein Listenpreis von 20.620 Euro zusammenkam. Viel teurer kann ein Duster nicht werden. Etwas günstiger allerdings schon: Die minimal sparsamer ausgestattete Version „Comfort“ kostet 1300 Euro weniger und bringt bereits alles wirklich Wichtige mit. Wir meinen, dass dies das „rundere“ Paket ist.

Vermisst hätten wir beispielsweise den schlüsselfreien Zugang nicht. Mit ihm hupt einem der Duster freundlich hinterher, wenn nicht abgeschlossen wurde. Kurios auch, dass trotz Zugangs-Chipkarte noch einen sichtbaren Schließzylinder in der Tür war. Am Tür-Schließgeräusch war garantiert kein Sounddesigner beteiligt, was den Eindruck verfestigt, dass der Duster nicht mehr sein will, als er eben ist.

Ehrlich

Dacia kleidet den Duster innen mit sehr einfachen Materialien aus, was angesichts des Preises niemand stören wird, zumal bis auf knarzige Türgriffe alles ordentlich und solide zusammengebaut erscheint. Dazu lackiert Dacia das Auto komplett: Die Mode, nur das mit Deck- und Klarlack zu versehen, was der durchschnittliche Kunde täglich zu sehen bekommt, macht Dacia nicht mit. Zudem verzichtet die Marke darauf, mit glänzendem Kunststoff eine Hochwertigkeit vorzutäuschen – was ich sehr sympathisch finde. Die Lederausstattung wirkt in dieser pragmatischen Umgebung wie eine Cocktailbar im Eingangsbereich der Agentur für Arbeit. Auch wenn es nur 500 Euro Aufpreis sind – Stoffsitze passen hier besser rein. Zumal die Sitze mit anderen Bezügen nicht bequemer werden.

Nicht so recht überzeugt hat uns auch das Multimediasystem, dass Dacia in der teuersten Ausstattungslinie kostenlos dazureicht. In der Comfort-Version muss es mit 500 Euro extra bezahlt werden, was wir nicht empfehlen würden: Das Display ist bei hellem Sonnenlicht nicht gut abzulesen und reagiert nur widerwillig auf Eingaben. Grafik der Navikarte, Funktionsumfang, allgemeines Tempo und Klang stellen allenfalls dann zufrieden, wenn man ähnlich teure Doppel-DIN-Geräte von namenhaften Marken wie Pioneer oder Kenwood nicht kennt. Das geht heute alles sehr viel besser, doch auch hier unterstellen wir dem typischen Dacia-Eigner einen gewissen Pragmatismus: Eine kostenlose App wie Here führt sicher zum Ziel und ist auch dieser Werkslösung überlegen – erst recht, wenn man ihr noch eine Onlineverbindung spendiert.

Funktionale Macken

Viel zu bedienen gibt es auch im vollausgestatteten Dacia nicht. Dennoch leistet sich das Auto ein paar funktionale Macken, die zumindest gewöhnungsbedürftig sind. Der Tempomat wird zwischen den Sitzen ein- und ausgeschaltet. Das wiegt allerdings nicht schwer, denn einmal eingeschaltet bleibt er stets empfangsbereit. Den Bordcomputer stellt man mit den Tasten zurück, mit denen man sich auch durch das Menü arbeitet. Darauf muss man erst einmal kommen.

Seine Anzeige für die restliche Reichweite signalisiert diese in Zehn-Kilometer-Schritten, was eigentlich zur Beruhigung ganz sinnvoll ist. Allerdings agiert sie trotzdem so hektisch wie die in der Mercedes C-Klasse. Wenn sich eine solche Anzeige auf einer gleichmäßigen Fahrt über die Landstraße innerhalb einer Distanz von 30 km um teilweise 40 km nach oben korrigieren muss, stellt sich hier wie dort die Frage, wie sinnvoll sie ist.

Die drei Klangregler sind nicht etwa unter dem Menüpunkt „Ton“, sondern unter „Bal/Fad“. Schnell gewöhnt man sich hingegen an die Fernbedienung hinter dem Lenkrad, die Renault in ganz ähnlicher Form schon seit Jahrzehnten verbaut.

Uncharmante Erinnerung

Eine Höhenverstellung für die Scheinwerfer ist Pflicht. Doch muss die Bedienung dafür wirklich auf Höhe des Schienbeins sein? Auch die Klimaautomatik agierte im Testwagen seltsam: Wird die Temperatur hochgedreht, wird das Gebläsestufe reduziert, die ausströmende Luft bleibt aber gefühlt kalt. Zudem macht sich der Eco-Modus stark bemerkbar: Das Gebläse bleibt dann viel zurückhaltender als im Normal-Modus. Die hinteren Kopfstützen liefern eine ganz uncharmante Erinnerung daran, sie korrekt einzustellen, denn andernfalls drücken sie ziemlich unangenehm zwischen den Schulterblättern.

Auslaufmodell

Der Duster wird aktuell mit zwei Benzinern und zwei Dieselmotoren angeboten. Den von uns gefahrenen Diesel mit 109 PS gibt es in drei Konfigurationen: Allrad mit Schaltgetriebe und Frontantrieb mit Schalt- oder Doppelkupplungsgetriebe. Letztere Version stand uns für diesen Test zur Verfügung. Die Maschine ist in dieser Form ein Auslaufmodell, allerdings ein sympathisches. Technisch ist sie vergleichsweise simpel aufgebaut: Grauguss-Block, eine Nockenwelle, acht Ventile.

Doch sie agiert kräftiger, als es die Werksangaben suggerieren und arbeitet harmonisch mit dem Doppelkupplungsgetriebe zusammen. Ganz ruckelfrei klappt das zwar nicht, aber der Zeitpunkt der Gangwechsel erscheint meistens passend gewählt. Mit 1500 Euro Aufpreis ist diese Option mit Abstand die teuerste in der gesamten Preisliste – wir würden sie vermutlich eher ordern als die Lederbezüge oder das Navi.

Sparsam

Erstaunt waren wir über den Verbrauch: Auf der Landstraße kamen wir mit etwas gutem Willen im Eco-Modus auf 4,4 Liter, im gesamten Testschnitt waren es 5,3 Liter. Mehr als 7 Liter bekam nicht einmal mein Kollege Christian hin, der in dieser Hinsicht das interne Ranking unangefochten anführt. Aktuell werden die Stickoxide nur mit einem Speicherkat reduziert. Spätestens mit der Euro 6d-TEMP dürfte dieses Feigenblatt fast überall Vergangenheit sein. Sie wird ab 1. September 2019 für alle erstmals in der EU zugelassenen Autos Pflicht. Kunden kann man auch in diesem Fall nur raten, dem Hersteller für die Politik, bis zum letztmöglichen Zeitpunkt mit der Umstellung zu warten, eine rote Karte zu zeigen – günstige Preise hin oder her. Als Alternative würde sich der Benziner mit 115 PS anbieten, der noch dazu 2000 Euro günstiger ist. Doch auch hier empfehlen wir, auf den Partikelfilter zu warten.

Laut

In einem weiteren Punkt muss der Dacia-Fahrer ein Zugeständnis an den Preis machen. Die Geräuschdämmung ist deutlich sparsamer als beispielsweise in einem Seat Ateca oder einem Nissan Qashqai. Das betrifft nicht nur den Lärmpegel aus dem Motorraum, sondern auch den von Fahrwerk und Reifen. Das aus dem Tank Schwappgeräusche zu vernehmen sind, kennen wir auch von weitaus teureren Fahrzeugen, wo sie allerdings weniger prägnant sind.

Die sparsame Dämmung ist auch deshalb so schade, weil das Fahrwerk recht komfortabel abgestimmt ist. Auch in dieser Hinsicht ist der Duster ein ehrliches Auto: Wo andere versuchen, über eine straffe Abstimmung ein Talent für flotte Kurvenfahrt vortäuschen, versucht er erst gar nicht, den Sportler zu mimen. Das ist erfreulich und passt auch gut zur Lenkung, die weder sonderlich direkt ist noch viel Rückmeldung gibt. Der Duster animiert zu einer gelassenen Fahrweise, was sicher auch daran liegt, dass Eile mit mehr an Geräusch und Arbeit am Lenkrad verbunden ist, was beides hier nicht gerade ein Lustgewinn verspricht.

Die Überführung wurde von Dacia übernommen, Kosten für Sprit vom Verlag.