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Dritter Weg - auf dem Weg

Fahrbericht: Mazda 3 mit Homogen-Benziner

Mazda Stefan Grundhoff
Mazda

Alle reden von Elektrifizierung – manche von teilweiser, manche von vollständiger. Mazda hingegen will die Schadstoff- und Klimaziele mit dem Verbrennungsmotor erreichen und bringt daher kommendes Jahr eine Kombination aus Otto- und Dieselmotor auf den Markt

Volvo wirbt mit dem (vermeintlichen) selbstgesetzten Ende seiner Verbrennungsmotoren, fast alle andere Marken mit umfassender Hybridisierung. Mazda will die Schadstoff- und Klimaziele hingegen mit einem neuartigen Verbrennungsmotor [1] erreichen. Seit Jahren forscht Mazda daher an einem Viertaktmotor mit Kompressionszündung, bei dem sich ein vergleichsweise mageres Gemisch aus Kraftstoff und Luft auch ohne Zutun einer Zündkerze allein durch den Druck im Brennraum selbst entzündet.

Effizient wie ein Diesel, sauberer als ein Benziner

Damit soll erreicht werden, dass im angesaugten Gemisch jedes Kraftstoffmolekül einzeln [2] mit denen in der Luft reagieren kann. Der hohe thermische Wirkungsgrad dieser Verbrennung verbessert dadurch die Verbrauchswerte, aber nicht nur das: Die Verbrennung läuft wegen ihrer besseren Energieumsetzung kühler ab, dadurch enthalten die Abgase nur geringe Spuren von Stickoxid und so gut wie keinen Ruß. Die aufwendige und teure Abgasnachbehandlung kann weitgehend entfallen. GM mit Opel, Volkswagen und Daimler hatten die technische Symbiose aus Benziner und Diesel (bei Daimler „Diesotto“ aus „Diesel“ und „Otto“) vor Jahren auf der Zielgeraden vor der Serienreife, beließen es dann aber bei ihren Prototypen.

Wenn man sich Mazdas neu entwickelten Zwei-Liter-Vierzylinder anschaut, deutet wenig auf das neue Verbrennungsverfahren hin, an der sich viele Autohersteller in den vergangenen Jahrzehnten versucht haben. Unter der geöffneten Motorhaube wird er von einer großen, schwarzen Haube mit Mazda-Logo verdeckt, die wohl weniger einem drohenden Geheimnisverrat Rechnung trägt, als vielmehr eine noch nicht finale Konstruktion von Versorgungsleitungen vermuten lässt: Der Motor selbst wirkt auch „nackt“ auf dem Präsentationsstand optisch so zurückhaltend wie der mattgraue folierte Mazda 3 selbst.

Im neuen Mazda 3, getarnt als aktuelles Modell

Der Testwagen erscheint mit seinem matten Sonderlack und den farblich abgesetzten Außenspiegeln wie ein geschickt in Szene gesetztes Serienmodell. Unter der Karosserie befindet sich jedoch das neue Kompaktklassemodell der Japaner mit Serienanlauf im kommenden Herbst, das wieder den Namen Mazda 3 tragen wird. Wir fahren also ein so genanntes Mule-Car probe – perfekt getarnt als allseits bekanntes Serienmodell. Nur die Aufschrift „Skyactiv X“ weist auf die Besonderheit unter der Motorhaube hin.

Mit der für das Arbeitsprinzip fast unabdingbaren Kompressoraufladung [3] leistet der Motor laut Mazda rund 140 kW / 190 PS und bietet ein maximales Drehmoment von 230 Nm. Weil die homogene Verbrennung noch nicht in allen Betriebszuständen klappt, hat der Motor zusätzlich noch Kerzen. Mazda nennt diese Zwischenstufe daher „SPCCI“ für „Spark Controlled Compression Inginition“, die Benzinmotoren mit Kompressionszündung nennt Mazda „Skyactiv X“.

„Der neue SPCCI-Motor verbraucht im Vergleich zu unseren aktuellen Skyactiv-Motoren rund 20 bis 25 Prozent weniger Kraftstoff“, erklärt Motoren-Entwicklungschef Ichiro Hirose, „damit liegen wir in der Realität auf dem Niveau unserer Diesel.“ Das überrascht schon deshalb, da die Skyactiv-Motoren aus dem Hause Mazda aktuell sowohl als Benziner aus auch als Diesel bereits heute zu den sparsamsten gehören, wenn es um den Realverbrauch in Kundenhand geht. Eines der technischen Erfolgsrezepte ist die hohe Verdichtung, die für einen Ottomotor bei ungewöhnlichen hohen 14:1 liegt. Der eng verwandte Selbstzünder hat hingegen eine vergleichsweise geringe Verdichtung – ebenfalls von 14:1. Die neu entwickelten Skyactiv X-Motoren sollen eine Verdichtung von 16:1 haben.

Kompliment an den Motor

Der Fahrer merkt von dem neuen Brennverfahren nichts und ein größeres Kompliment kann es kaum geben. Der Mazda 3 fährt sich wie ein ganz normales Serienauto mit herkömmlichem Ottomotor. Der Motor läuft weder rauher noch sonst irgendwie auffällig, was sicher auch an der Akribie der Ingenieure bei Mazda [4] liegt. Allerdings hat man Mühe, ihm seine Leistung von knapp 200 PS abzunehmen. Besonders in der Kombination mit der hauseigenen Sechsgang-Automatik würde man vielleicht 150 PS vermuten, die handgeschaltete Variante fährt sich dagegen deutlich flotter. Was auffällt, ist die von Mazda versprochene, gleichmäßige Leistungsentfaltung, denn bereits aus niedrigen Drehzahlen macht der Vierzylinder einen agilen, drehfreudigen Eindruck und hängt gut am Gas. Der Normverbrauch eines Kompaktklassemodells wie dem Mazda 3 mit dem neuen Antriebskonzept und einem mageren Benzingemisch mit mehr Luft in der Brennkammer soll bei knapp über fünf Litern Superkraftstoff liegen – im Unterschied zur Konkurrenz auch im Alltag und nicht nur auf dem Rollenprüfstand.

Auch wenn die Verbrennung wie beim Dieselmotor durch den Verdichtungsdruck ausgelöst wird, müssen Zündkerzen insbesondere bei Kaltstart und sehr hohen Drehzahlen die Verbrennung einleiten helfen. Im Teillastbetrieb dagegen entzündet sich das Gemisch spontan. Für zusätzliche Effizienz soll eine Teilelektrifizierung mit 48-Volt-Bordnetz sorgen, die bereits bei einigen Serienmodellen wie der Mercedes S-Klasse [5], dem Audi A8 oder einem Bentley Bentayga verbaut ist.

Beabsichtigte Konkurrenz für die eigenen Diesel

Ende 2018 soll die Kombination aus Diesel- und Benzinmotor erstmals bei einem Serienmodell aufgelegt werden. Anzunehmen, dass dies ein Kompaktklassemodell wie der kommende Mazda 3 ist, der dann effizienter denn je gegen Konkurrenten wie VW Golf [6], Ford Focus, Seat Ibiza, Opel Astra [7] oder Renault Megane [8] antreten wird – ob mit Otto- oder Dieselmotor. Bedeckt hält sich Mazda, wie es zukünftig mit den hauseigenen Dieselmotoren aussehen soll. Wenn die Skyactiv-X-Benziner Einzug halten, dürften es besonders die kleinvolumigen Dieselmotoren schwer haben. Zumindest das sieht bei der Konkurrenz nicht anders aus.


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[1] https://www.heise.de/autos/artikel/Jenseits-von-Otto-und-Diesel-2152256.html
[2] https://www.heise.de/autos/artikel/Mazda-baut-ab-2019-Benziner-mit-Kompressionszuendung-3795319.html?bild=3&view=bildergalerie
[3] https://www.heise.de/autos/artikel/Mazda-baut-ab-2019-Benziner-mit-Kompressionszuendung-3795319.html
[4] https://www.heise.de/autos/artikel/Mazdas-Diesel-Schwingungstilger-3582089.html
[5] https://www.heise.de/autos/artikel/Mercedes-S-Klasse-Facelift-3687453.html
[6] https://www.heise.de/autos/artikel/Test-VW-Golf-1-5-TSI-ACT-3751530.html
[7] https://www.heise.de/autos/artikel/Opel-Astra-mit-kleinem-Dreizylinder-im-Test-3159396.html
[8] https://www.heise.de/autos/artikel/Test-Renault-Megane-Grandtour-TCe130-3698842.html