Fahrbericht: Ford Ka+

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Köln, 23. September 2016 – So richtig glücklich ist Ford mit der bisherigen Ka-Geschichte vermutlich nicht. Der erste Ka ist stets auf einer der vorderen Plätze – wenn es um Gebrauchtwagen geht, die man auf keinen Fall nehmen sollte. Der zweite Ka teilt sich die Plattform mit dem Fiat 500. Während dem die Herzen so massenhaft zuflogen, dass es erstmals nach vielen Jahren wieder längere Wartezeiten für einen Fiat gab, war der pummlige Ka nicht gerade ein Liebesmagnet. Mit der dritten Ausgabe soll nun alles anders werden. Beim Ka+ wurde auf jegliche optische Extravaganz verzichtet. Auch im unterwegs zeigt er sich schnörkellos.

Kürzer als der Sandero

Die neue Sachlichkeit führt zu einem Design abseits der Mode. Ein Herzensbrecher wird auch der dritte Ka so sicher nicht, andererseits gibt es auf unseren Straßen eigentlich auch ausreichend Autos, die überzeichnet sind. Der neue Ka ist grundsätzlich fünftürig, so wie die Konkurrenz es in Form von Opel Karl und Dacia Sandero vormacht. Der Opel ist mit 3,68 m dabei allerdings deutlich kürzer als der Ford mit 3,93 m, der Dacia mit 4,06 m länger. Auch beim Radstand liegt der Ka+ mit 2,49 m ziemlich genau zwischen den genannten Konkurrenten.

Die Platzverhältnisse entsprechen dann auch dem, was die Abmessungen schon andeuten: Er ist ein Kleinstwagen mit einem ausreichenden Angebot an Bewegungsfreiheit. Den Karl überbietet er dabei ebenso spürbar wie eben auch ein Unterschied zur Kompaktklasse bleibt. Für ein Auto, welches vermutlich oft auf Kurzstrecken eingesetzt wird, scheint der Ka+ das rechte Format zu haben. Allerdings sind die Sitze vorne etwas zu weich, die Beinauflage ist für große Menschen zu kurz und der Seitenhalt fast nicht vorhanden. Keine Frage, das geht besser, auch in dieser Klasse.

Der Kofferraum fasst 270 Liter und lässt sich mit einer schon in der Basisversion geteilten, umklappbaren Rückbank erweitern. Gut gefallen hätte uns eine verschiebbare Rückbank, doch die hätte Geld gekostet – in dieser Klasse wird um jeden Euro gerungen.

Das wird auch an anderer Stelle sehr deutlich. Ford bietet nur zwei Motoren an, an die dann jeweils eine Ausstattungslinie gebunden ist. Auch die Aufpreisliste ist kurz, Variantenreichtum verteuert die Produktion. Die Japaner machen das seit vielen Jahren so und nehmen in Kauf, bei exotischen Wünschen eben passen zu müssen. Für das Basismodell verlangt Ford 9990 Euro, Radio und Klimaanlage kosten im Paket 950 Euro extra. Ford hofft offenbar noch auf ein paar Radio-Abstinenzler, die nicht einmal ein entsprechendes Gerät im Auto sehen wollen. Für sie gibt es in der Basisversion die Klimaanlage auch einzeln – für 1000 Euro. Elektrische Fensterheber, Höhenverstellung für den Fahrersitz und Zentralverriegelung sind dagegen ohne Zuzahlung immer mit dabei. Für 10.940 Euro steht damit ein Ka+ mit 70 PS und den wichtigsten Ausstattungsmerkmalen unverhandelt beim Händler – kein schlechtes Angebot, doch Ford hat auf den ersten Blick noch ein besseres.

Schlappe Spitze

Für 460 Euro mehr gibt es ihn mit einem 85-PS-Benziner, einer besseren Radioanlage und einem programmierbaren Zweitschlüssel. Für eine erste Ausfahrt stand uns dieses „Topmodell“ zur Verfügung. Die guten Nachrichten vorweg: Das gut schaltbare Getriebe ist passend übersetzt, der selbst Motor bleibt bis zu einem Drehzahlniveau halbwegs kultiviert. Doch der Verbrauch im NEFZ deutet an, dass Einfachheit auch bei den Motoren zum Konzept gehört. Mit 5 Litern liegt er im Zyklus deutlich über den Werten des Karl und fast auf dem Niveau des Sandero mit dem aufgeladenen Dreizylinder. Was der Ka+ in der Praxis verbraucht, muss ein Test zeigen, diese Proberunde war für belastbare Aussagen zum Verbrauch zu kurz.

Der ist allerdings nicht nur in der Theorie erheblich agiler. Der 85-PS-Vierzylinder machte im Testwagen einen lustlosen Eindruck. Wer ihn unbedingt zu einer forschen Gangart bewegen will, muss ihm hohe Drehzahlen abverlangen, bei denen die Maschine dann schon recht deutlich dröhnt.

Es wird nicht mehr geben

Die Frage ist, wie wichtig der anvisierten Kundschaft flotte Fahrleistungen sind. Unser Tipp: Wer den Ka+ vorwiegend auf Kurzstrecken einsetzt, kann sich den Aufpreis sparen. Die 70-PS-Version bietet mit 105 nur sieben Nm weniger als das Topmodell – bei gleicher Drehzahl. Dass der Ka+ so nur 159 statt 169 km/h schafft, scheint uns verschmerzbar zu sein. Wer auf eine Alternative hofft, hofft vermutlich auf absehbare Zeit umsonst. Ein Ka mit den modernen Dreizylindern aus dem Fiesta, womöglich in aufgeladener Form, würde dem größeren Modell intern Konkurrenz machen.

Die Lustlosigkeit im Antriebsbereich ist auch deshalb schade, weil Fahrwerk und Lenkung durchaus höheren Ansprüchen genügen. Der Kleinwagen wird in Indien gebaut und teilt sich die Plattform mit dem Fiesta, von dem auch die Lenkung kommt. Für den europäischen Einsatz wurde die Karosserie des indischen Ka+ um einen Zentimeter abgesenkt, andere Federn und Dämpfer montiert und dem Fahrwerk ein steiferer Querstabilisator spendiert. Das Ergebnis überzeugt: Obwohl der Ka+ komfortabel abgestimmt ist, fährt er bei Bedarf dank der präzisen Lenkung flott und leicht beherrschbar um die Ecken.

Das beste Angebot?

Ob Ford mit dem dritten Ka glücklich wird, muss sich zeigen. Er bietet mehr Platz als die meisten ähnlich teuren Konkurrenten, doch der Dacia Sandero, obwohl schon längere Zeit auf dem Markt, scheint ein mindestens gleichwertiges Angebot zu sein. In Verbindung mit dem Dreizylinder hat er die angenehmere Antriebsquelle, der Ford jedoch das bessere Fahrwerk und die etwas feinere Verarbeitung. Vielleicht entscheiden bei manchen Interessenten ja die möglichen Garantien, welches Auto das bessere ist. Ford garantiert zwei Jahre kostenlos, Dacia drei Jahre oder 100.000 km. Gegen Aufpreis kann man sich bei Ford bis zu sieben Jahre und 140.000 km absichern, bei Dacia ist nach spätestens sechs Jahren oder 120.000 km das Ende der Absicherung erreicht.

Der Hersteller hat alle Kosten, die im Zusammenhang mit diesem Test entstanden sind, übernommen.